Deutschland

Sachsen: Angriffe auf Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer

Lesezeit: 2 min
02.11.2015 18:00
Am vergangenen Wochenende ist in Freital eine Sprengladung vor dem Fenster eines Asylbewerbers explodiert. In Dresden und Pirna wurden Ausländer verprügelt, in Meerane kam es zu fremdenfeindlichen Krawallen. Doch auch ehrenamtliche Helfer wie das THW werden vermehrt angegriffen.
Sachsen: Angriffe auf Flüchtlinge und ehrenamtliche Helfer

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In Sachsen reißt die Serie rassistischer Ausschreitungen und Angriffe nicht ab. In Meerane im Landkreis Zwickau kam es am Sonntagabend nach der Ankunft eines Zugs mit Flüchtlingen zu fremdenfeindlichen Krawallen. Nach Polizeiangaben versuchten etwa 80 Demonstranten, den Weitertransport der auf Busse verteilten knapp 700 Flüchtlinge zu blockieren. Als Polizisten die Blockade auflösen wollten, seien sie angegriffen und mit Böllern beworfen worden. Zwei Beamte wurden den Angaben zufolge verletzt, drei Randalierer vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Bei Angriffen auf Ausländer wurden am Wochenende in Dresden, Freital und Pirna in Sachsen insgesamt fünf Menschen verletzt. Auch in anderen deutschen Städten wurden Asylsuchende attackiert. In Magdeburg und Wismar griffen jeweils größere Gruppen von Unbekannten Asylbewerber aus Syrien an - zum Teil mit Baseballschlägern. Wegen eines Brandanschlags auf ein von Flüchtlingen bewohntes Haus im niedersächsischen Sehnde beantragte die Staatsanwaltschaft Hildesheim inzwischen Haftbefehl gegen einen 43-Jährigen. Der Mann soll in der Nacht zu Sonntag einen Molotowcocktail vor der Eingangstür des Fachwerkhauses entzündet haben. Passanten konnten die Flammen löschen. Der Mann habe in seiner Vernehmung eingeräumt, den Brand verursacht zu haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Nach einem Sprengstoffanschlag auf eine von Flüchtlingen bewohnte Wohnung, bei dem in der Nacht zum Sonntag im sächsischen Freital ein Syrer leicht verletzt wurde, gibt es hingegen noch keine heiße Spur auf die mutmaßlichen Täter. Nach Angaben des für extremistische Straftaten zuständigen Operativen Abwehrzentrums (OAZ) blieb ein Zeugenaufruf zunächst ohne Reaktion. Wie die Polizei erst am Montag mitteilte, wurden in Pirna bereits am Freitagabend ein 21 Jahre alter Marokkaner und ein 25 Jahre alter Libyer von etwa 25 teils vermummten Angreifern umstellt und bedrängt. Als die beiden in einen Hauseingang flohen, wurden sie von der Gruppe verfolgt, geschlagen und getreten.

Ebenfalls am Freitagabend wurde in Dresden in einer Straßenbahn ein 26 Jahre alter Syrer beschimpft und geschlagen. In Dresden-Gorbitz wurde am Samstagabend ein 20 Jahre alter Eritreer von drei bis vier Männern verprügelt. Alle Opfer mussten aufgrund ihrer Verletzungen ärztlich behandelt werden. Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Körperverletzung und in Pirna auch wegen Landfriedensbruchs.

Zugleich geraten auch ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und Kommunalpolitiker immer stärker ins Visier von Extremisten. Das Technische Hilfswerk (THW) berichtete am Montag von wiederholten Anfeindungen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verurteilte Drohungen gegen Kommunalpolitiker. Es sei eine Grenze erreicht, wenn „Kritik der Mitbürger unsachlich wird, wenn Bürgermeister, Landräte und ihre Mitarbeiter in Versammlungen niedergeschrien werden und sie Morddrohungen erhalten“, sagte er.

Politiker, Experten und Sicherheitsbehörden warnen angesichts der Entwicklung vor einem Erstarken rechter Gewalt. Politik und Polizei unterschätzten die Gefahr durch Rechtsextremisten vollkommen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Initiative „Gesicht zeigen!“, Uwe-Karsten Heye. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte auf Twitter, alle Bürger müssten Gewalt entschieden entgegentreten: „Jede Attacke auf Flüchtlinge ist ein Angriff auf unsere Demokratie.“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...