Finanzen

Krisen-Vorsorge: Sparer holen ihre Ersparnisse in die Schweiz zurück

Lesezeit: 2 min
10.12.2015 01:20
Schweizer Bürger und Unternehmen sind offenbar skeptisch, was die Zukunft anlangt: Weil sie Krisen befürchten, holen sie ihre Ersparnisse in die Schweiz zurück. Dadurch steigt der Druck auf den Franken.
Krisen-Vorsorge: Sparer holen ihre Ersparnisse in die Schweiz zurück

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die negativen Auswirkungen des starken Franken auf die Wirtschaft und die Lebenshaltungskosten der Bürger werden seit fast einem Jahr regelmäßig diskutiert und erläutert. Als Grund wird meistens der enorme Zufluss ausländischer Investorengelder in die Schweiz genannt, für die die Schweiz noch immer als einer der letzten sicheren Häfen gilt. Tatsächlich hat aber die Schweizer Bevölkerung selbst auch einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen.

Sowohl Schweizer Bürger als auch Firmen neigen in Krisenzeiten nämlich dazu, Teile ihres Vermögens, die im Ausland angelegt wurden, wieder in die Schweiz zurück zu holen. Die Auswirkungen dieser Aktionen sind nicht unerheblich für den Wert des Franken. Schließlich handelt es sich bei dem Auslandsvermögen um Mengen in Höhe von 3,7 Billionen Franken (Stand 2014), so der Schweizer Think Tank Avenir Suisse. Das entspricht in etwa dem 5,8-Fachen des nationalen BIPs.

Bereits 2012 machte Thomas Moser von der SNB auf dieses Phänomen aufmerksam. „Einen grossen Anteil machen aber Inländer aus, die ihre Fremdwährungseinnahmen nicht mehr im Ausland anlegen und darüber hinaus noch Auslandvermögen repatriieren. Dieser Aspekt ist bislang in der Diskussion noch kaum zu Ausdruck gekommen“, zitiert ihn Finanzen und Wirtschaft.

„Dieses Phänomen wird als ,home bias‘ bezeichnet und trat auch während der Finanzkrise auf. Es handelt sich dabei um beträchtliche Beträge“, schreibt Gerhard Schwarz, der Direktor des Think Tanks. So führten beispielsweise Schweizer Investoren 2008 Werte im Umfang von 49,5 Prozent des BIP in die Schweiz zurück. „Hätten nicht gleichzeitig private ausländische Geldgeber Investitionen im Umfang von 47,7% des BIP aus der Schweiz abgezogen, wäre der Kapitalzufluss enorm gewesen – und fast nur hausgemacht“. So aber sei netto ein privater Kapitalzufluss von lediglich 1,8% des BIP zu verzeichnen gewesen.

2015 zogen die Schweizer zwar nicht so viele Gelder aus dem Ausland ab wie 2008, aber es gab Rückholungen. Würden die Schweizer aber gerade in solchen Zeiten, in denen ausländische Investoren ihre Gelder in die Schweiz bringen, mehr ins Ausland investieren, „hätte die Schweizerische Nationalbank (SNB), welche sich über Fremdwährungsgeschäfte ebenfalls am Kapitalexport (und -import) beteiligt, vermutlich etwas weniger Mühe mit der Wechselkurspflege“, so Schwarz:

„Die Schweiz wies im Beobachtungszeitraum immer einen positiven Leistungsbilanzsaldo auf. Dadurch entstand eine permanent hohe Nachfrage nach Schweizerfranken. Wird diese Nachfrage aber, wie vor der Krise, durch Nettokapitalexporte aus der Schweiz befriedigt, bleibt der Wechselkurs von diesen Überschüssen relativ unberührt. Da dies aber nach 2008 nicht mehr der Fall war, ist die SNB eingesprungen und hat die Nachfrage nach Franken selbst befriedigt.“

2012 geschah dies im Umfang von Fremdwährungskäufen in Höhe von 28 Prozent des BIP. In den ersten drei Monaten dieses Jahres erreichten diese sogar einen Umfang von 37,1 Prozent. Sollte die Entkoppelung von Leistungsbilanzüberschuss (weiterhin positiv) und Nettokapitalexporten (sehr viel tiefer) aufgrund des «home bias» anhalten, dürfte der Schweizerfranken auch in Zukunft eine starke Währung bleiben, sagt Schwarz.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...