Politik

Frankreich: Staatsbahnen streiken aus Protest gegen Regierung

Lesezeit: 2 min
01.06.2016 00:18
Die französischen Staatsbahnen sind am Dienstag in den Streik getreten und schließen sich damit den landesweiten Protesten gegen die Regierung an. Diese ist mit in ihren eigenen Skandalen beschäftigt. Nach dem Sex-Skandal von Finanzminister Sapin ist nun Wirtschaftsminister Macron zu einer Steuernachzahlung verdonnert worden.
Frankreich: Staatsbahnen streiken aus Protest gegen Regierung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Eineinhalb Wochen vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich sieht sich das Land vor erheblichen Herausforderungen: Am Dienstagabend begann ein neuer Streik bei der französischen Staatsbahn SNCF, der zu erheblichen Behinderungen im Zugverkehr führen dürfte. Staatschef François Hollande benannte derweil den Terrorismus als größte Bedrohung für die EM, die am 10. Juni beginnt. Auch die USA warnten vor erhöhter Terrorgefahr in Frankreich.

Zu Beginn am Dienstagabend betraf der Bahn-Streik nur wenige Zugverbindungen, am Mittwoch sollten aber rund die Hälfte der nationalen und regionalen Verbindungen betroffen sein. Landesweit werden nach SNCF-Angaben vom Dienstag nur ein Drittel der Intercity-Züge, jeder zweite Regionalexpress und 60 Prozent der TGV-Schnellzüge fahren.

Die Schnellzugverbindungen nach Deutschland sind von dem Streik nicht betroffen, gleiches gilt für den Eurostar nach Großbritannien. Dagegen wird es bei den Verbindungen in die Schweiz, nach Belgien, Spanien und Italien zahlreiche Ausfälle geben.

Mit den Streiks wollen die Gewerkschaften Druck bei Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen im Bahnsektor allgemein und über Arbeitszeiten bei der SNCF ausüben. Hinzu kommt der Protest gegen eine von der französischen Regierung angestrebte Lockerung des Arbeitsrechts.

Der Bahn-Streik ist zunächst nicht befristet. Er folgt auf einen Streik in Belgien, der am Dienstag auch zur Streichung von Verbindungen nach Deutschland führte. Am Donnerstag wollen die Beschäftigten der Pariser Metro die Arbeit niederlegen, die Piloten der Fluggesellschaft Air France drohten mit einem längeren Streik in den kommenden Wochen.

Die Streik- und Protestwelle in Frankreich schürt die Sorge vor Behinderungen bei der am 10. Juni beginnenden Fußball-Europameisterschaft. Der Chef der einflussreichen Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, erklärte: „Wir werden die Menschen nicht daran hindern, Fußballspiele zu sehen, aber die Regierung muss bereit sein, zu diskutieren. Alles liegt nun in ihren Händen.“

Frankreichs Staatschef François Hollande sagte in einem Interview mit der Regionalzeitung „Sud Ouest“ vom Mittwoch, er werde die Maßnahmen zur Lockerung des Kündigungsschutzes nicht zurückziehen. Die wahre Bedrohung für die EM sei aber „der Terrorismus“ – ein Verweis auf die Sorge vor islamistischen Anschlägen während des Turniers.

Doch viel mehr als vom Terror dürften die französischen Arbeiter von den Skandalen der Regierung genervt sein: Der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron muss laut Medien-Berichten Reichen-Steuer nachzahlen. Wie die satirische Wochenzeitschrift „Le Canard Enchaîné“ und die Mediengruppe Mediapart am Dienstag übereinstimmend berichteten, wurde eine bislang auf 1,2 Millionen Euro geschätzte Immobilie von Macrons Frau inzwischen mit 1,4 Millionen Euro veranschlagt. Die Reichensteuer Impôt sur la fortune (ISF) greift ab 1,3 Millionen Euro.

Bei seinen Steuerzahlungen sei „alles in Ordnung“, sagte Macron bei einem Unternehmensbesuch in Nordfrankreich. Er sei für „Transparenz im öffentlichen Leben“, für eine „regelmäßige und unnachgiebige Kontrolle“ politischer Führungspersönlichkeiten, aber auch für das „Steuergeheimnis“ und gegen öffentliche „Zurschaustellung“.

Macron habe „schließlich eingestanden“, dass er die Reichen-Steuer nachzahlen müsse, und Neufassungen der Steuererklärungen für 2013 und 2014 eingereicht, berichtete Mediapart. Die Nachzahlung werde „bei weniger als 10.000 Euro liegen, Zinsen und Strafen eingeschlossen“.

Macron gehört seit 2014 der Regierung des sozialistischen Präsidenten François Hollande an. Anfang April gründete der als unternehmerfreundlich geltende Reformer mit En marche! (etwa: Vorwärts!) eine eigene politische Bewegung. Offen gelassen hat der frühere Bankier bislang, ob er bei den Präsidentschaftswahlen in einem Jahr selbst als Kandidat antreten will. Macron sagte am Dienstag, es gebe eine Kampagne mit dem Versuch, ihn zu „destabilisieren“.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes trotzt dem Trend: Jetzt soll sogar ein Maybach-Van die Besserverdiener locken
18.04.2024

Das Interesse an Elektro-Fahrzeugen in Deutschland ist verhalten. Während VW und Tesla das bei den Zulassungszahlen bemerken, nutzen die...

DWN
Politik
Politik Warum Kürzungen in der Flüchtlingspolitik nicht hilfreich sind
18.04.2024

Immer mehr Politiker und Wirtschaftsexperten fordern eine Neuanpassung der Asylpolitik. Aktuell finden kontroverse Maßnahmen wie...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Israel-Konflikt: Führt das Krisentreffen in Israel mit Baerbock und Cameron zur Deeskalation?
17.04.2024

Bei Gesprächen mit israelischen Politikern bemühen sich Annalena Baerbock und David Cameron, einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den...

DWN
Politik
Politik Günstlingswirtschaft und Gefälligkeiten: Stephan Weil in Niedersachsen am Pranger
17.04.2024

In Berlin steht Kai Wegner (CDU) unter Verdacht, seine Geliebte mit einem Senatorenposten bedacht zu haben. Ursula von der Leyen (CDU)...

DWN
Technologie
Technologie Fluch oder Segen? – Was man aus Müll alles machen kann
17.04.2024

Die Welt ist voller Müll. In den Ländern des globalen Südens gibt es teilweise so viel davon, dass Menschen auf Abfallbergen ihr Dasein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzrekorde im März: Nachwehen der Coronahilfen
17.04.2024

Deutsche Unternehmen klagen aktuell viel über die Umstände – und die Unternehmensinsolvenzen sind auch auf Rekordniveau. Ein Grund...

DWN
Politik
Politik Vor G7-Treffen: Baerbock warnt vor Eskalationsspirale im Nahen Osten
17.04.2024

Die Grünen-Politikerin hat vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen in...

DWN
Politik
Politik Die Zukunft der EU als Wirtschaftsstandort: DIHK-Befragung zeigt Stimmungstief
17.04.2024

Wie beurteilen Unternehmen die Lage der Europäischen Union? Eine Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gibt...