Politik

Hans Dieter Pötsch gerät in Volkswagen-Abgas-Strudel

Lesezeit: 2 min
07.11.2016 14:15
Hans Dieter Pötsch gerät in den Volkswagen-Abgas-Strudel.
Hans Dieter Pötsch gerät in Volkswagen-Abgas-Strudel

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Hans Dieter Pötsch muss sich mit den Ermittlern im Abgas-Skandal auseinandersetzen. Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen zieht immer weitere Kreise. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig dehnte ihre Ermittlungen wegen Marktmanipulation auf Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch aus. Die Behörde geht dem Verdacht nach, dass Volkswagen möglicherweise bewusst verspätet über die finanziellen Folgen der millionenfachen Abgasmanipulation informierte. Zudem droht dem Konzern neuer Ärger aus den USA. Nach einem Bericht der Bild am Sonntag hat die kalifornische Umweltbehörde Carb im Sommer dieses Jahres eine weitere Schummel-Software bei Audi entdeckt, die auch bei Fahrzeugen in Europa eingesetzt werde und CO2-Werte manipuliere.

Pötsch steht schon seit längerem in der Kritik von Investoren, weil er Finanzvorstand war, als der Dieselskandal im September 2015 bekanntwurde, so Reuters. Im Oktober 2015 wechselte er dann an die Spitze des Aufsichtsrats. Das Verfahren beziehe sich auf die Zeit, als Pötsch Finanzvorstand war, erklärte Volkswagen.

Die Großaktionäre Porsche und Niedersachsen halten Pötsch trotz der Ermittlungen die Treue. "Die Familien Porsche und Piëch stehen uneingeschränkt hinter Herrn Pötsch", sagte Wolfgang Porsche, Aufsichtsratschef der Porsche SE, am Sonntag. "Auch für Herrn Pötsch gilt die Unschuldsvermutung", sagte eine Sprecherin der niedersächsischen Landesregierung. "Der endgültige Abschluss der Ermittlungen bleibt abzuwarten, vorschnelle Schlussfolgerungen verbieten sich."

Nach einer Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin ermitteln die Braunschweiger Strafverfolger bereits seit dem Sommer gegen VW-Markenchef Herbert Diess und den früheren VW-Chef Martin Winterkorn. Damals hatte die Behörde noch ausdrücklich betont, dass Pötsch nicht im Visier sei. Was die Staatsanwaltschaft zum Umdenken brachte, war zunächst nicht zu erfahren. Von der Behörde war am Sonntag keine Stellungnahme zu erhalten.

Volkswagen hat die Anwaltskanzlei Jones Day mit der Aufklärung des Dieselskandals beauftragt. Die Mitglieder des Aufsichtsrats seien am Freitag über den aktuellen Stand der Untersuchungen informiert worden, erklärte Niedersachsen. Danach habe sich kein Anlass für weitere Maßnahmen ergeben. "Es liegen keine neuen Erkenntnisse vor", sagte auch eine IG-Metall-Sprecherin. "Es gilt daher weiter die Unschuldsvermutung."

Die Ausweitung der Ermittlungen ist Wasser auf die Mühlen von Investoren, die Volkswagen eine verspätete Information über den Dieselskandal vorwerfen. Sie fordern Milliardensummen, weil der Aktienkurs nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen im September 2015 abgestürzt war. Volkswagen erklärte, man sei weiterhin der Auffassung, dass der Vorstand die Anleger ordnungsgemäß informiert habe.

Auch an einer zweiten Front droht dem Konzern neuer Ärger. Die "Bild am Sonntag" berichtete, die kalifornische Umweltbehörde Carb habe eine weitere illegale Softwarefunktion bei einem Audi mit V6-Motor entdeckt. Der Autobauer habe die Schummel-Software auch für die Manipulation von CO2-Werten für Diesel- und Benzinmotoren in Europa verwendet. Dem Bericht zufolge können Audi-Modelle mit einem bestimmten Automatik-Getriebe erkennen, ob sie auf einem Rollenprüfstand sind oder auf der Straße fahren. Werde das Lenkrad nach dem Start nicht bewegt, aktiviere sich ein Schaltprogramm für das Getriebe, das besonders wenig CO2 produziere. Andernfalls laufe das Fahrzeug mit einem anderen Programm, das mehr Kraftstoff verbrauche und mehr klimaschädliches CO2 austoße.

Das betroffene Getriebe verwende Audi bei Autos mit leistungstarken Motoren und sei in mehreren 100.000 Fahrzeuge eingebaut worden, berichte das Blatt weiter. Audi habe den Einsatz der Software in den Getrieben im Mai 2016 gestoppt, kurz bevor Carb die Manipulation in einem älteren Modell entdeckte. Die VW-Tochter habe in dem Fall bereits mehrere verantwortliche Techniker suspendiert.

Audi und Carb wollten sich zu dem Bericht nicht äußern.

Audi hatte vergangenes Jahr zugegeben, eine nach US-Recht als illegal geltende Software bei Sechszylinder-Diesel-Motoren mit drei Litern Hubraum eingebaut zu haben. Noch vor wenigen Tagen hatte Bezirksrichter Charles Breyer erklärt, Audi habe bei den Verhandlungen mit den US-Behörden über eine Lösung für die 85.000 betroffenen Fahrzeuge wesentliche Fortschritte gemacht. Er sei optimistisch, dass bis Anfang Dezember eine Einigung erzielt werden könne.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  
Auto >

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...