Finanzen

Großbritannien will sich Zugang zum EU-Binnenmarkt erkaufen

Lesezeit: 2 min
01.12.2016 15:34
Der britische Brexit-Minister will den Zugang zum Binnenmarkt der EU nach dem Austritt des Landes notfalls erkaufen. Der Kurs des Pfundes stieg umgehend.
Großbritannien will sich Zugang zum EU-Binnenmarkt erkaufen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die britische Regierung kann sich vorstellen, nach dem geplanten EU-Austritt für einen anhaltenden Zugang zum gemeinsamen Binnenmarkt zu zahlen, berichtet Reuters. „Das entscheidende Kriterium ist, dass wir den bestmöglichen Zugang für Güter und Dienstleistungen zum europäischen Markt bekommen“, sagte Brexit-Minister David Davis am Donnerstag. Sollte dies zutreffen, werde die Regierung in London Überweisungen an die EU in Erwägung ziehen. Die Unternehmen der Insel üben Druck aus, in dieser Frage Klarheit zu schaffen. Sie brauchen Planbarkeit, um sich auf den Brexit vorbereiten zu können.

Das britische Pfund, das nach dem Anti-EU-Referendum Ende Juni abgestürzt ist, legte am Donnerstag nach den Davis-Äußerungen zu. Die Währung kostete so viel wie seit fast drei Monaten nicht mehr. Die Regierung in London stimmt ihre Strategie derzeit noch ab. Premierministerin Theresa May will bis Ende März 2017 den offiziellen Antrag für den EU-Austritt stellen. Dann beginnen zweijährige Scheidungsverhandlungen. Viele Politiker und Experten rechnen aber damit, dass die Zeit nicht ausreichen wird. Auch eine Übergangsphase nach dem Brexit könnte eine Option werden.

Die europäischen Partner hatten eigentlich erwartet, dass London den Antrag viel schneller einreicht. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault und sein irischer Kollege Charles Flanagan mahnten zur Eile. „Klarheit ist wichtig. Man kann nicht nur auswählen, was man selbst will“, sagte Ayrault. Ähnlich äußerte sich Flanagan. Großbritannien ist für Frankreich, Irland und auch Deutschland einer der wichtigsten Handelspartner.

Großbritannien will nach Aussagen vieler Politiker Zugang zum EU-Binnenmarkt behalten, gleichzeitig aber die Freizügigkeit von Arbeitnehmern aus anderen europäischen Ländern einschränken, was eigentlich nicht möglich ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht darauf, die Freizügigkeit von Arbeitnehmern, Waren, Dienstleistungen und Kapital müsse weiter gelten. Nur wer dies akzeptiere, könne Zugang zum Binnenmarkt erhalten.

In den zwölf Monaten vor dem Brexit-Referendum sind unter dem Strich so viele Menschen aus EU-Ländern nach Großbritannien gezogen wie noch nie, wie aus Daten der Statistikbehörde hervorgeht. Die meisten Einwanderer lebten demnach zuvor in Rumänien, sie machten zehn Prozent aller Neuzuwanderer aus. Die Hauptmotivation sei die Suche nach Arbeit gewesen.

Die britische Industrie spürt unterdessen zunehmend Nachteile des Brexit-Votums. Die Betriebe haben wegen der Pfund-Schwäche verstärkt mit steigenden Kosten zu kämpfen, wie eine Umfrage des IHS-Markit-Instituts belegt. Demnach zogen die Preise für Materialien und Energie im Oktober so stark an wie seit sechs Jahren nicht und im November fast genauso so kräftig. Die meisten befragten Manager erklärten dies mit dem Währungsverfall. So sackte das Pfund zum Dollar nach der Volksabstimmung um rund 19 Prozent ab. Dies macht zwar britische Exportgüter im Ausland billiger, umgekehrt aber auch Importe teurer.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...