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Peter Maushagen von Reuters analysiert die Folgen der Alitalia-Pleite für die angeschlagene Air Berlin:
Das sich abzeichnende Ende der Alitalia hat weitreichende Folgen für die Branche in Deutschland und Europa. Verlierer ist neben den 12.000 Mitarbeitern der italienischen Fluglinie, die mit ihrem Votum gegen harte Einschnitte die Sanierung zu Fall gebracht haben, vor allem die ebenfalls schwer angeschlagene Air Berlin. Die zweitgrößte deutsche Linie knüpfte mit den Italienern ein dichtes Netz an gemeinsamen Verbindungen. Die Zukunft dieser Zusammenarbeit, mit der Air Berlin ihre Maschinen besser auslasten und mehr Ziele anbieten konnte, ist nun völlig offen. Am Donnerstag dürften die Berliner erneut tiefrote Zahlen vorlegen.
Verlierer ist auch die an beiden Airlines beteiligte Etihad. Die Europa-Strategie der ehrgeizigen Gesellschaft aus dem Golf-Emirat Abu Dhabi ist mit der Schieflage von Alitalia endgültig gescheitert - sichtbar für alle. Frisches Geld wollen die Araber eigentlich nicht mehr in Europa versenken, sagen Eingeweihte im Umfeld von Etihad. Doch bei Air Berlin könnte sie eine letzte Ausnahme machen. Denn die Berliner sind wichtig als Tauschpfand bei künftigen Verhandlungen mit der Lufthansa. Letztere würde Air Berlin gerne unter ihre Fittiche nehmen. "Niemand anders als Etihad kann der Lufthansa Air Berlin geben", sagt ein mit den Planungen vertrauter Manager. Ein Hindernis ist aber der Schuldenberg bei Air Berlin von gut einer Milliarde Euro.
Und die Probleme werden nach Aussagen von mit den Finanzen der Fluglinie vertrauten Personen noch größer: Am Donnerstag will Air Berlin ihren Geschäftsbericht für 2016 veröffentlichen. Der neue Chef im Konzern-Cockpit Thomas Winkelmann werde die Gelegenheit nutzen und Altlasten seiner Vorgänger entsorgen, sagt ein Insider. Unter anderem werde der Wert von An- und -Abflugrechten gemindert. Zudem schlage der verschobene Start eines Ferienflug-Joint-Ventures mit TUI und die Neuausrichtung auf das Langstreckengeschäft zu Buche. Voriges Jahr summierte sich der Fehlbetrag auf 450 Millionen Euro. Sprecher von Air Berlin und der Lufthansa wollten sich dazu nicht äußern. Bei Etihad war zunächst niemand für eine Stellungnahme verfügbar.
"Vorrang hat die Stabilisierung der Firma", sagte eine andere mit den Überlegungen vertraute Person. Danach gebe es verschiedene Optionen. Neben dem Weiterbetrieb wäre ein Verkauf an ausländische Airlines denkbar oder an die Lufthansa. Der sei aber problematisch, da die Kranich-Airline in Deutschland bereits mit Abstand Marktführer ist. "Käme noch Air Berlin dazu, wäre das kartellrechtlich sehr gefährlich." Aus diesem Grund griff die Lufthansa bei den ersten knapp 40 Flugzeugen, die sie von Air Berlin übernimmt, zu einem Kniff. Die Maschinen samt Crews wurden in einem komplizierten Deal im Endeffekt gemietet. Dagegen konnten die Wettbewerbshüter nichts einwenden.
Sollte die Lufthansa auch nach dem Rest des Rivalen greifen, müsste man sich mit Air-Berlin-Geldgeber Etihad einigen. Denn den enormen Schuldenberg der Berliner wollen die Frankfurter auf keinen Fall schultern. Sollte Etihad einspringen und die Rechnung begleichen, müsste die Lufthansa im Gegenzug auch etwas bieten. Den Arabern schwebt eine langfristige Partnerschaft vor. "Dann könnte Etihad seinen staatlichen Besitzern zeigen, dass das Europa-Abenteuer nicht ein vollkommener Fehlschlag war", sagt eine Person aus dem Umfeld von Air Berlin.
Sollte nichts von dem gelingen, ist die Lufthansa auch für eine Pleite von Air Berlin vorbereitet. Die Kranich-Linie könnte dann als Retter fungieren und die Geschäfte teilweise übernehmen. "Die haben Bankgarantien und die Zustimmung der Politik eingeholt", sagt ein Lufthansa-Insider. "Wenn es passiert, wird es sehr schnell gehen."
Alitalia hatte sich am Dienstag wegen ausufernder Verluste unter Spezialverwaltung gestellt. Die Airline fliegt derzeit eine halbe Million Euro Verlust am Tag ein. Zuvor hatten die Mitarbeiter einen mit den Gewerkschaften ausgehandelten Rettungsplan des Managements abgelehnt. Etihad-Chef James Hogan, der den Kauf eines Minderheitspakets von 49 Prozent eingefädelt hatte, nannte das Votum "sehr enttäuschend". Die italienische Regierung will nun einen Brückenkredit von 300 bis 400 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Der Alitalia-Flugbetrieb soll zunächst uneingeschränkt weitergehen. Auch die Gemeinschaftsflüge mit Air Berlin auf knapp 70 Strecken heben weiter ab.