Spekulationen auf weiterhin niedrige Leitzinsen in der Euro-Zone haben die europäische Gemeinschaftswährung am Donnerstag belastet. Der Euro fiel während einer Pressekonferenz mit EZB-Präsident Mario Draghi um 0,4 Prozent auf ein Tagestief von 1,0865 Dollar. "Die zinstechnische Attraktivität des Euro wird sich auf absehbare Zeit nicht verbessern", fasst Devisenexperte Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank zusammen. Auch Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank erwartet nach Draghis Aussagen keine rasche Kursänderung der Währungshüter. "Draghi schlug zwar einen leicht optimistischeren Ton hinsichtlich des Wirtschaftsausblickes an, doch dies sollte nicht gleichgesetzt werden mit einer baldigen Normalisierung der Geldpolitik."
Der Aufschwung hat sich aus Sicht von EZB-Präsident Mario Draghi zuletzt gefestigt. Die jüngsten Daten signalisierten, dass die konjunkturelle Erholung zusehends solider werde, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. "Die Abwärtsrisiken sind gesunken." Dennoch sei weiterhin "ein sehr substanzieller Grad" an Konjunkturunterstützung nötig. Insbesondere bedürfe es sehr günstiger Finanzierungsbedingungen, um die Inflation in Richtung des Ziels der EZB von knapp zwei Prozent zu treiben.
Die Europäische Zentralbank (EZB) werde weiterhin über "vorübergehende Ausschläge" bei der Teuerung hinwegsehen. Die Preissteigerungsraten dürften sich bis zum Jahresende um das derzeitige Niveau herum einpendeln. Die bisherigen Hinweise genügten nicht, um den Ausblick für die Inflation zu ändern.
In Deutschland legte die Teuerungsrate im April auf 2,0 Prozent zu. Für die am Freitag anstehenden Inflationsdaten für den gesamten Währungsraum rechnen Experten mit einem Anstieg auf 1,8 von 1,5 Prozent im März. Die Hüter des Euro pumpen Monat für Monat Milliarden in das Finanzsystem, um Banken dazu zu bewegen, statt in Anleihen stärker in Kredite an Firmen und Haushalte zu investieren und so die Inflation und auch die Konjunktur anzuheizen.
EZB-Präsident Mario Draghi hat die Rufe aus Deutschland nach einer geldpolitischen Wende zurückgewiesen. Es entbehre nicht einer gewissen Ironie, dass sich "Verfechter der Unabhängigkeit der Notenbank" so äußerten, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Weiter kommentieren wolle er das aber nicht.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte vergangene Woche von der EZB einen Kurswechsel gefordert. Die ultra-lockere Geldpolitik schüre Risiken wie Preisblasen, wodurch es zu einer neuen Krise kommen könne, so der CDU-Politiker. Banken in Deutschland klagen seit längerem über die ultra-niedrigen Zinsen im Währungsraum, durch die sie im angestammten Kreditgeschäft kaum noch auskömmliche Gewinne erzielen.