Politik

Bundesverfassungsgericht kippt Mantelkauf-Regelung

Lesezeit: 1 min
12.05.2017 14:31
Das Bundesverfassungsgericht hat die frühere Mantelkauf-Regelung für Verlustvorträge gekippt.
Bundesverfassungsgericht kippt Mantelkauf-Regelung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Bundesregierung muss bei der Schließung eines früher bei Unternehmen beliebten Steuerschlupflochs nachbessern. Das Bundesverfassungsgericht kippte am Freitag die bis Ende 2015 geltende Regelung gegen sogenannte Mantelkäufe. Dabei handelt es sich um den Erwerb einer Pleitefirma allein um sich deren steuerlichen Verlustvortrag für das eigene Unternehmen zu sichern. Das Bundesfinanzministerium zeigte sich überrascht. Es bekam bis Ende 2018 Zeit für eine verfassungsgemäße Neufassung.(AZ: 2 BvL 6/11)

Grundsätzlich können Unternehmen ihren Gewinn mit früheren Verlusten verrechnen und so ihre Steuerlast verringern. Heikel wird es aus Sicht des Gesetzgebers, wenn sie allein zu diesem Zweck andere Firmen kaufen, die nur noch auf dem Papier existieren, aber über hohe Verlustvorträge verfügen. Die Regelung gegen den Kauf solcher leerer Unternehmensmäntel sieht vor, dass der Verlustvortrag verfällt, wenn mehr als die Hälfte der Anteile wechselt. Bei einer Anteilsübertragung zwischen 25 Prozent und 50 Prozent entfällt der Verlustvortrag anteilig. Nur bei einer Anteilsübernahme von unter 25 Prozent bleibt der Verlustvortrag erhalten. Im konkreten Fall sollte eine Gesellschaft trotz hoher Verluste nach einem Teilverkauf noch 43.000 Euro Steuern zahlen.

Das Gericht befand nun, dass die Regelung zum anteiligen Verfall des Verlustvortrags verfassungswidrig sei. "Es fehlt ein sachlich einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung von Kapitalgesellschaften bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte", hieß es zur Begründung. Der Zweite Senat verlangt eine Neuregelung bis 31. Dezember 2018 rückwirkend vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2015.

In der Regelung bis Ende 2015 sah das Gericht eine Ungleichbehandlung. Das Prinzip, Unternehmen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern, sei durchbrochen: "Zwar ist das Ziel der Bekämpfung von legalen, jedoch unerwünschten Steuergestaltungen, insbesondere des Handels mit vortragsfähigen Verlusten (sogenannter Mantelkauf), ein legitimer Zweck." Jedoch sei es nicht gerechtfertigt, wenn allein an die Übertragung eines Anteils von über 25 Prozent angeknüpft werde. Denn für die Übertragung eines solchen Anteils könne es vielfältige Gründe geben, nicht nur steuerliche.

Das Bundesfinanzministerium will das Urteil prüfen. Die Entscheidung des Gerichts betrifft nicht eine Anfang 2016 im Körperschaftsteuergesetz verankerte Ergänzung, die eine weitere Nutzung des Verlustvortrags für den Käufer erleichtert, wenn er das erworbene Unternehmen fortführt und eine andersweitige Nutzung der Verluste ausgeschlossen ist. Dies soll vor allem jungen Start-ups helfen, die häufig den Eigentümer wechseln. Fraglich ist nun, ob diese Ergänzung schon ausgereicht hat, um die Bedenken des Verfassungsgerichts auszuräumen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...