Politik

Bürgerkriegs-Gefahr: Machtkampf in Saudi-Arabien

Lesezeit: 3 min
30.06.2017 02:53
Der Machtkampf in Saudi-Arabien spitzt sich zu.
Bürgerkriegs-Gefahr: Machtkampf in Saudi-Arabien

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Es gibt eine Reihe von Hinweisen darauf, dass die Spannungen zwischen verschiedenen Fraktionen innerhalb des saudischen Königshauses wachsen. König Salman hatte erhebliche Umwälzungen im Reich verursacht, als er seinen Sohn Mohammed Bin Salman zum Kronprinzen und damit zu seinem Nachfolger ernannte. Er riskiert damit die Spaltung seiner Königsfamilie, was militärischen Folgen nach sich ziehen könnte. Nach Angaben des Council on Foreign Relations stehen die saudischen Sicherheitskräfte nicht unter einer vereinten Befehlsführung. Es gibt keine Einheit der Führung. Dies bedeutet, dass das Militär im Falle eines internen Konflikts in verschiedene Teile zerfallen könnte, die sich anschließend gegenseitig bekämpfen.

Der deutsche Nahost-Experte Andreas Krieg vom King’s College London, der an der Ausbildung von britischen Offizieren an der UK Defence Academy mitwirkt, sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Es gibt momentan auf jeden Fall Spannungen zwischen Anhängern des entmachteten Mohammad bin Nayef und Anhängern von Mohammad bin Salam. Es ist auch richtig, dass Bin Salman einen sehr guten Draht zu den Sicherheitskräften hat. Die Anerkennung und Prestige, die Bin Nayef dort genießt hat sich Bin Salman noch nicht verdient. Die prekäre militärische Situation im Jemen hat Bin Salman dort nicht geholfen – ganz im Gegenteil: er wird als unfähig betrachtet. Die erste Runde dieses Machtkampfes hat Bin Salman für sich entschieden, auch weil sein Vater ein Machtwort gesprochen hat. Trotzdem ist seine Situation nicht unangefochten. Es gibt einige in der Generation Bin Nayef, die die Situation argwöhnisch betrachten und vielleicht auf den Moment warten, um Bin Salman zu entmachten. Ich glaube aber, dass im Endeffekt der Wille siegen wird, das Land nicht in den Abgrund zu reißen. So lange  alle Parteien genug Geld verdienen können, wird sich keiner trauen, einen Bürgerkrieg zu riskieren. Aber die innere Situation in der Königsfamilie ist instabil und sollte der König kurzfristig sterben, so wäre die Nachfolgerfrage wieder offen. Dann würden andere in der Familie versuchen nach der Macht zu greifen.“

Kürzlich enthüllte NBC News, dass die Ernennung von Mohammed Bin Salman zum Kronprinzen Mohammed Bin Nayef, der als Kronprinz abgesetzt wurde, verärgert habe. Am 28. Juni 2017 berichtete die New York Times, dass Bin Nayef nicht nur abgesetzt, sondern auch unter Hausarrest gestellt wurde. Er darf das Land nicht verlassen. Er muss in seinem Palast in Dschidda verweilen. Seine Wachen wurden durch Wachen ersetzt, die Mohammed Bin Salman loyal gegenüberstehen.

Im Jahr 2015 sprach The Independent mit einem saudischen Prinzen. Der Prinz sagte dem Blatt, dass acht von elf Brüdern von König Salman unzufrieden seien mit seiner Herrschaft. Sie würden planen, ihn abzusetzen, um Ahmed bin Abdulaziz – den ehemaligen Innenminister – zum König zu machen.

Unklar bleibt allerdings, ob Bin Nayef und seine Unterstützer in Saudi-Arabien seine Isolation wehrlos hinnehmen werden. Ein interner Konflikt in Saudi-Arabien würde relativ schnell internationalisiert werden. Saudi-Arabien setzt im Nahen Osten vor allem auf internationale Söldner-Firmen wie Academi (ehemals Blackwater). Academi-Söldner sind nachweislich im Jemen-Konflikt aktiv. Es ist nicht auszuschließen, dass bei einem internen bewaffneten Konflikt in Saudi-Arabien auch Söldner gegeneinander kämpfen würden.

Saudi-Arabien hat im Verlauf des vergangenen Jahres eine Reihe von Entwicklungen erlebt, die zu seiner internen Destabilisierung beigetragen haben.

Dazu gehört eine Verschärfung der finanziellen Situation des Königreichs. Im April 2017 berichtete Bloomberg, dass König Salman gezwungen war, Prämien und Zulagen für Staatsangestellte wiedereinzuführen und sein geplantes Sparprogramm weitgehend einzustellen. Zudem sind die Fremdwährungsreserven Saudi-Arabiens im April 2017 für die meisten Beobachter überraschend deutlich zurückgegangen, so Bloomberg. Im Vergleich zum Vormonat März kam es zu einem Rückgang von 8,5 Milliarden US-Dollar auf insgesamt 493 Milliarden US-Dollar. Damit wurde zum ersten Mal seit dem Jahr 2011 die Marke von 500 Milliarden Dollar nach unten durchbrochen.

Die zunehmenden finanziellen Probleme des Königreichs sind zum Teil auf den sinkenden Ölpreis zurückzuführen. Das Journal of Petroleum Science and Engineering schätzt, dass Saudi-Arabien bis 2028 einen Höhepunkt in seiner Ölproduktion erleben wird. Doch diese Einschätzung könnte falsch sein. Denn die City Group schätzt, dass der Öl-Export in Saudi-Arabien bis zum Jahr 2030 vollständig eingestellt werden könnte, berichtet The Telegraph. Ein wichtiger gesellschaftlicher Brennpunkt ist die Jugendarbeitslosigkeit, welche im vergangenen Jahr in Saudi-Arabien bei rund 31,2 Prozent lag, berichtet The Global Economy.

Sinkende Währungsreserven, eine schwindende Ölversorgung, Konflikte innerhalb der königlichen Familie und die allgegenwärtige Bedrohung, dass Terror-Gruppen am Ende ihre Sponsoren attackieren könnten, sind Anzeichen dafür, dass Saudi-Arabien in eine politische Krise schlittern könnte.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Reiseziele: So manch Überraschung im Sommerflugplan
29.03.2024

Ab Ostern tritt an den deutschen Flughäfen der neue Sommerflugplan in Kraft. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben für Sie als Leser...

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...