Politik

Erdogan will in Syrien „keinen Schritt zurückweichen“

Lesezeit: 3 min
23.01.2018 01:14
Die Türkei hat am Montagnachmittag eine zweite Front auf die syrische Stadt Afrin eröffnet.
Erdogan will in Syrien „keinen Schritt zurückweichen“

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Die Türkei hat ihre Offensive gegen Kurdenstellungen in Nordsyrien am Montag weiter intensiviert. Am dritten Tag ihres Angriffs in der syrischen Region Afrin lieferte sich die Armee heftige Kämpfe mit den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich zugleich entschlossen, die Offensive zum Abschluss zu führen. Vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats riefen die USA zur "Zurückhaltung" auf.

"Wir werden keinen Schritt zurückweichen", sagte Erdogan in Ankara. Der Einsatz werde beendet, sobald "das Ziel erreicht ist". Obwohl sich Russland und der Iran, die beide militärisch in Syrien vertreten sind, besorgt über das Vorgehen der Türkei zeigten, versicherte Erdogan, der Einsatz sei mit den "russischen Freunden" abgesprochen. Auch mit den USA habe Ankara gesprochen, sie aber "bei einigen Fragen nicht überzeugen" können.

Die PKK-nahe Nachrichtenagentur Ajansa Nûçeyan a Firatê (ANF) meldet auf ihrem Live-Blog, dass in den vergangenen Tagen 40 türkische Soldaten sowie Verbündete getötet und 300 weitere verletzt wurden. Sie stützt ihre Informationen auf Sprecher der Kurden-Miliz der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die von den USA unterstützt werden. Eine unabhängige Stelle konnte die Zahlen noch nicht verifizieren. Im Gegenzug sollen drei SDF-Kämpfer ums Leben gekommen sein. Weiterhin sollen die SDF-Kämpfer zwei türkische Panzer zerstört haben.

Zu Gefechten soll es in Al-Malikiya und Ras al-Ayn gekommen sein, die sich beide im Gouvernement al-Hasaka befinden. Die intensivsten Gefechte finden nach Angaben von ANF im Westen von Afrin statt.

In der irakischen Stadt Dohuk, Autonome Region Kurdistans, sollen Menschen auf die Straße gegangen sein, um gegen die türkische Operation in Afrin zu demonstrieren. Die Sicherheitskräfte der Kurdisch-Demokratischen Partei (KDP), die ein Verbündeter der Türkei in der Region ist, sollen zahlreiche Demonstranten festgenommen haben. In der irakischen Stadt Machmur sollen die kurdischen Sicherheitskräfte eine Solidaritätskundgebung für die SDF in Syrien verhindert haben.

Die türkische Zeitung Haber 7 berichtete am Montagnachmittag, dass direkte Gefechte mit den Kurden-Milizen stattfinden würden. Währenddessen sei die türkische Armee und ihre Verbündeten der Freien Syrischen Armee (FSA) nicht nur aus dem Westen, sondern auch aus dem Osten von der Stadt Azaz auf Afrin vorgestoßen. Damit hat die Türkei eine zweite Front auf Afrin eröffnet. Wie ein AFP-Korrespondent in der Region berichtete, überquerten zehn Panzer und bis zu 500 Soldaten und FSA-Mitglieder die Grenze. ANF und Haber 7 melden übereinstimmend, dass 72 türkische Jets an der Operation teilnehmen.

Die türkische Armee soll bisher sieben Kilometer nach Afrin einmarschiert sein. Zum Montagnachmittag sollen neun Dörfer von den Kurden-Milizen eingenommen worden sein. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, dass auch das Barsaya-Gebirge zwischen Azaz und Afrin eingenommen wurde.

Die Zeitung Sözcü berichtet, dass die Kurden-Milizen von Syrien aus die türkische Stadt Kırıkhan mit Raketenwerfern angegriffen haben. Dabei seien zwei Mitglieder der FSA getötet und weitere zwölf Personen verletzt worden sein.

ANF zitiert den Sprecher der Kurden-Milizen, Sipan Hemo: „Wir werden auf jeden Fall einen Sieg erringen. Allerdings möchte ich eine Sache unterstreichen. Die YPG und die SDF schreiben gemeinsam mit unserem Volk Geschichte. Es wird der Tag kommen, an dem Russland sich bei den Kurden für seine Prinzipienlosigkeit entschuldigen wird”.

US-Außenminister Rex Tillerson mahnte in London alle Konfliktparteien in Afrin zur „Zurückhaltung”. Zugleich erkannte er „das legitime Recht der Türkei, seine Bürger vor Terror-Elementen zu schützen ”, an.

Erdogan sagte weiter, dass „einige Verbündete” der Türkei den Kurden-Milizen 2.000 Flugzeugladungen und 5.000 LKW-Ladungen an Waffen geliefert hätten. „Entlang unserer gesamten Grenze wurden 5.000 LKW-Ladungen und 2.000 Flugzeugladungen an Waffen für die Schaffung einer Terrorkorridors geliefert. Wie kann es unter diesen Umständen sein, dass wir strategische Partner sind? Das ist mir unverständlich”, zitiert die Zeitung Sözcü Erdogan.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte am Sonntag nach Angaben von Reuters: „Jeder, der gegen die türkische Operation in Afrin ist, ergreift Partei für die Terroristen und wird entsprechend behandelt. Wir hoffen, dass Frankreich die Operation der Türkei in Syrien unterstützen wird”.

Mit der am Samstag gestarteten Operation „Olivenzweig” in Afrin will die Türkei eine 30 Kilometer tiefe Pufferzone entlang ihrer Grenze schaffen.

Die SDF, die vorwiegend aus YPG-Kämpfern bestehen, riefen die US-geführte Anti-IS-Koalition am Montag auf, sie in Afrin nicht im Stich zu lassen. Nach Angaben des türkischen Außenministeriums werden am Syrischen Kongress des Dialogs, der am 30. Januar in Sotschi stattfinden wird, Vertreter der YPG oder der SDF nicht teilnehmen. Ankara habe sich mit Moskau darauf geeinigt, die Kurden-Milizen von der Gästeliste zu streichen. Das sagte ein Vertreter des türkischen Außenministeriums der englischsprachigen Ausgabe der Zeitung Hürriyet. Am Kongress werden 1.600 Personen aus diversen syrischen, politischen Lagern teilnehmen.

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