Finanzen

Zinsen: Selbst China behandelt seine Sparer besser als Deutschland

Lesezeit: 2 min
22.03.2018 12:39
China und die USA erhöhen die Zinsen. Die EZB lässt die Sparer in Europa weiter darben.
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Alle Welt erhöht die Zinsen - nur die deutschen Sparer müssen weiter auf Erträge auf ihren Ersparnissen verzichten. Davon profitiert die Bundesregierung, die sich so weiter ´billig verschulden kann.

Nach der Zinserhöhung in den USA erhöht auch China die geldpolitischen Zügel etwas an. Die Notenbank PBOC erhöhte den Schlüsselsatz für sogenannte Reverse-Repo-Geschäfte am Donnerstag auf 2,55 Prozent von bislang 2,50 Prozent. Diese dienen dazu, die Liquidität im Bankensystem zu kontrollieren. Der Devisenexperte Ken Cheung von der Mizuho Bank in Hongkong sagte, es handele sich wohl um einen eher symbolischen Schritt. Damit solle verhindert werden, dass die Zinskluft zwischen den USA und der Volksrepublik zu groß werde. Bereits nach geldpolitischen Straffungen in Washington im März und Dezember 2017 hatte die PBOC die Zügel etwas angezogen.

Laut Insidern verteuerte die People's Bank of China nun auch eine spezielle Kreditlinie für die Geldinstitute - im Fachjargon SLF genannt. Für über Nacht benötigte Liquiditätsspritzen müssen diese künftig 3,40 Prozent Zinsen statt bisher 3,35 Prozent berappen. Die US-Notenbank Fed hatte auf der ersten Sitzung unter Regie ihres neuen Präsidenten Jerome Powell den Schlüsselsatz um einen Viertelpunkt hochgesetzt. Er liegt nun in einer Spanne von 1,5 Prozent bis 1,75 Prozent. Die Währungshüter signalisierten zugleich laut Reuters, den Leitzins in diesem Jahr noch zweimal anheben zu wollen.

Mit der Zinserhöhung in den USA wird es für Anleger zusehends attraktiver, ihr Geld in der größten Volkswirtschaft der Welt anzulegen. Zugleich müssen Schwellenländer wie China damit rechnen, dass Kapital abgezogen wird. Das Finanzhaus Capital Economics geht davon aus, dass die Notenbank in Peking mit ihren Beschlüssen dieser Tendenzen entgegenwirken möchte. Doch könnten die Währungshüter im weiteren Jahresverlauf auch wieder zu einer lockeren Linie überwechseln, wenn sich die Konjunktur stärker abkühlen sollte.

"Doch die Luft für besonders stark extern sowie in Dollar verschuldete Länder und Unternehmen wird dünner", sagte KfW-Chefökonom Jörg Zeuner. Die Dollarverschuldung der Schwellen- und Entwicklungsländer sei in Summe aber tragfähiger als in früheren Phasen steigender US-Zinsen.

In Deutschland müssen die Sparer wegen der EZB-Politik dagegen weiter entweder auf Erträge ihrer Sparguthaben verzichten oder in riskante Anlagen gehen. Von der Politik Mario Draghis profitieren die öffentlichen Haushalte, die es sich wegen der niedrigen Zinsen sogar leisten können, neues Investoren-Geld zu bremsen. Durch Versteigerungen am Kapitalmarkt sollen nur noch 181 Milliarden Euro eingesammelt werden und damit zwei Milliarden weniger als bislang geplant, wie die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur am Donnerstag mitteilte. "Der Finanzierungsbedarf des Bundes und seiner Sondervermögen hat sich seit Jahresbeginn 2018 reduziert", wird der Schritt begründet. Wie bislang geplant sollen weitere sechs bis zehn Milliarden Euro durch Auktionen von inflationsgekoppelten Anleihen erlöst werden.

Wegen der verbesserten Effizienz der Finanzbehörden durch die Datenkontrolle und der Verpflichtung der Banken zum automatischen Datenabgleich mit den Behörden profitiert die Bundesregierung außerdem von einem hohen Steueraufkommen. Im Februar lagen die Bundessteuern um 9,4 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie aus dem Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervorgeht. Trotz Risiken wie einem drohenden Handelskrieg mit den USA schauen die fünf Wirtschaftsweisen optimistischer auf die deutsche Konjunktur. Dank florierender Exporte hoben sie ihre Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr auf 2,3 von zuvor 2,2 Prozent an. Es wäre das größte Plus seit 2011.

Auch die deutsche Wirtschaft muss die Folgen der Geldpolitik tragen. Der DIHK fordert die Europäische Zentralbank folgerichtig zum Ausstieg aus ihrer Politik des ultrabilligen Geldes auf. "Konjunkturell ist dieser Schritt überfällig", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Donnerstag laut Reuters. "Die Stimmung der deutschen und europäischen Wirtschaft ist derzeit noch so gut wie nie. Ein Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik würde dem auch keinen Abbruch tun."

Mittelfristig komme die größte Gefahr für die Konjunktur aus den USA. "Die Lunte für einen flächendeckenden Handelskonflikt haben die USA mit den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium gelegt", sagte Treier mit Blick auf die Ankündigung aus Washington zum Schutz der heimischen Industrie. "Mit dem jetzigen US-Zinsschritt dürfte sich jedenfalls das US-Handelsdefizit verschärfen und damit die Begründung der USA für ihre protektionistische Zollpolitik erhärten." Höhere Zinsen machen eine Währung attraktiver für Anleger, was zu einer Aufwertung führen kann. Dadurch werden Importe billiger, Exporte aber teurer.


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