Die Deutsche Börse hat strengere Richtlinien für den Handel mit Mittelstands-Anleihen (SME-Anleihen) erlassen, berichtet das Wall Street Journal. Die neuen Regularien beinhalten strengere Zulassungskriterien für Anbieter als auch umfassendere Pflichten, die sie nach Ausgabe ihrer Anleihe erfüllen müssen. Unter anderem muss jeder Anbieter einen positiven Jahresüberschuss sowie eine positive Eigenkapitalquote aufweisen und Insiderinformationen so schnell wie möglich veröffentlichen, um dem Insiderhandel vorzubeugen (Ad-hoc-Publizität). Außerdem muss jede Anleihe über ein Gesamtvolumen von mindestens 20 Millionen Euro verfügen.
Die Börse hat die neuen Regularien erlassen, um das SME-Anleihegeschäft wiederzubeleben. Es hatte nachgelassen, nachdem eine ganze Reihe von Anbietern ihren Rückzahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen war. 2016 betrug die Gesamtsumme nicht zurückgezahlter Anleihen plus Zinskupons (Rendite) laut der Stuttgarter Beratungsfirma Capmarcon 889,6 Millionen. Das hatte potentielle Anleger abgeschreckt.
Experten begrüßen die neuen Regularien. Das Gleiche gilt für die Verantwortlichen von potentiellen Emittenten, vor allem solche, die in der Vergangenheit ihren Rückzahlungsverpflichtungen nachkamen. Die würden gerne weiterhin Anleihen begeben, tun das jedoch häufig nicht, weil das Misstrauen der Anleger so groß geworden ist, dass sie nur noch Anleihen mit äußerst hohen Zinskupons akzeptieren und kaufen.
Die Emission von SME-Anleihen hatte nach der Finanzkrise der Jahre 2007/2008 zugenommen, weil es für viele Mittelständler schwierig geworden war, sich auf dem regulären Finanzmarkt Geld zu besorgen. Anleihen haben für ihren Ausgeber außerdem den Vorteil, dass er keine Sicherheiten zu hinterlegen braucht und dem Käufer keine Rechenschaft über die Verwendung des geliehenen Geldes ablegen muss.
Für die Ausgabe von SME-Anleihen gebe es „keine einheitlichen Standards“, zitiert das Wall Street Journal Capmarcon-Geschäftsführer Hans-Werner Grunow. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) prüft Anleihen „in Hinblick auf die Verständlichkeit der Angaben, ihrer Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit“, so eine BaFin-Sprecher gegenüber den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Lägen diese Voraussetzungen vor, habe die BaFin die Anleihe zu billigen: „Eine inhaltliche Prüfung, beispielsweise im Hinblick auf die Seriosität des Anbieters, findet dagegen nicht statt.“