Politik

EZB-Chef Draghi will Euro-Länder stärker verzahnen

Lesezeit: 2 min
12.05.2018 12:39
EZB-Chef Mario Draghi kommt der möglichen euroskeptischen Regierung in Italien mit einem Vorschlag entgegen, der auf eine Vergemeinschaftung der Staatsschulden hinauslaufen könnte.
EZB-Chef Draghi will Euro-Länder stärker verzahnen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

EZB-Präsident Mario Draghi will die Euro-Staaten stärker verzahnen und nennt das neue Vehikel laut Reuters "Kriseninstrument". Mit diesem solle verhindert werden, dass die Länder im Fall schwerer wirtschaftlicher Schocks auseinanderdrifteten, sagte der Italiener am Freitag bei einer Veranstaltung in Florenz. So werde "eine Extraschicht an Stabilisierung" geschaffen. Die rechtliche Ausgestaltung sei aber schwierig. Geltende Verträge müssten beachtet werden. Auch die politische Umsetzung sei nicht leicht. Dies gelte für die verschiedensten Formen von Maßnahmen bis hin zu einem vollwertigen Haushalt.

Das neue Instrument zielt auf eine Vergemeinschaftung der Schulden ab, weil sich die Finanzmärkte vor allem im Hinblick auf Italien unwohl fühlen. Renditen für Italo-Bonds stiegen in dieser Woche deutlich an, weil sich eine Koalition aus den Fünf Sternen und der Lega abzeichnet. Beide Parteien lehnen die EU-Defzitit-Grenzen ab. Lega-Chef Salvini hatte ausdrücklich erklärt, eine Regierung mit Lega-Beteiligung werde sich nicht an die EU-Regeln halten.

"Unsere Arbeit an der Gestaltung und an dem passenden Zeitplan für solch ein Instrument sollten weitergehen", sagte Draghi, ohne jedoch konkreter zu werden. Finanzmärkte seien in der Lage, Länder stark unter Druck zu setzen. Dies könne dazu führen, dass das Wirtschaftswachstum gebremst werde und sich die Haushaltssituation verschlechtere. Für derartige Situationen sei eine solche Eingriffsmöglichkeit erforderlich.

Mit seinen Überlegungen springt Draghi Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Seite, der zur Weiterentwicklung der Währungsunion ein eigenes Euro-Zonen-Budget vorgeschlagen hat. Damit stößt Macron allerdings in der großen Koalition in Berlin auf Skepsis. Insbesondere in Teilen der Unionsfraktion wird bezweifelt, ob es notwendig sei, durch eine Art gemeinsamen Haushalt für den Währungsraum Schocks in einzelnen Ländern abzufedern.

Ähnliche Ideen waren bereits während der Euro-Schuldenkrise vorgebracht worden. In Deutschland stießen sie schon damals auf Widerstand. Denn es wurde befürchtet, dass Deutschland womöglich für die Verbindlichkeiten hoch verschuldeter Länder wie Italien einstehen muss. Solche Sorgen dürften angesichts der jetzt anbahnenden Regierungskoalition in Rom aus populistischer 5-Sterne-Bewegung und der rechtsextremen Lega erneut aufkommen. Denn die 5-Sterne-Bewegung will großzügige Sozialleistungen einführen und die Lega Steuern senken. Italiens Schulden liegen bereits bei 130 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung. Eigentlich gilt hier in der EU eine Obergrenze von 60 Prozent.

Die Menschen in Europa vertrauten dem Euro, sagte der EZB-Chef. "Aber sie erwarten auch, dass der Euro wie versprochen Stabilität und Wohlstand bringt." Daher sei es eine Pflicht der Entscheidungsträger dort anzusetzen, wo die Union noch unvollendet sei. So fehle etwa weiter eine Letztabsicherung für den Bankenabwicklungsfonds. Die Währungshüter hatten unlängst den Vorschlag unterstützt, den Euro-Rettungsschirm ESM künftig die Aufgabe zu übertragen, als Auffangnetz für den Banken-Abwicklungsfonds SRF zu dienen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft EU-Mercosur-Abkommen: Kontrast zwischen Handels- und Umweltpolitik
29.03.2024

Ein spannendes Ringen um Handel und Umweltschutz: Während Emmanuel Macron ein neues EU-Mercosur-Abkommen fordert, suchen Deutschland und...

DWN
Finanzen
Finanzen Smallcap-Aktien: Lohnt sich ein Investment?
29.03.2024

Nebenwerte sind derzeit relativ gering bewertet und könnten von Zinssenkungen profitieren. Macht ein Einstieg Sinn für risikobereite...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Erholung der deutschen Wirtschaft verzögert sich
29.03.2024

Europas größte Volkswirtschaft kommt nicht richtig in Fahrt. Die Aussichten für die nächsten Monate sind nach Experteneinschätzung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Reiseziele: So manche Überraschung im Sommerflugplan
29.03.2024

Ab Ostern tritt an den deutschen Flughäfen der neue Sommerflugplan in Kraft. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben für Sie als Leser...

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...