Politik

USA warnen vor iranischen Mord-Anschlägen in Europa

Lesezeit: 3 min
26.05.2018 00:15
US-Außenminister Mike Pompeo sagt, dass die iranischen Quds-Truppen Mordanschläge in Europa planen. Daher müsse auch den Europäern klar sein, dass der Iran eine Bedrohung darstelle.
USA warnen vor iranischen Mord-Anschlägen in Europa

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Am vergangenen Montag hat US-Außenminister Mike Pompeo vor möglichen Attentaten in Europa durch die Iranische Revolutionsgarde (IRGC) gewarnt. Pompeos Aussage vor Journalisten in Washington (Video ab Minute 9:00), dass die IRGC „Mordaktionen im Herzen Europas” verüben will, haben Sicherheitsexperten und iranische Exilanten mit Interesse zur Kenntnis genommen. Experten meinen, dass ihnen keine Beweise für die Anschuldigung bekannt seien, berichtet der Guardian. Pompeo sagte: „Heute führt die iranische Quds-Truppe verdeckte Mordanschläge im Herzen Europas durch”.

Die Sprecherin des US-Außenministerium, Heather Nauert, sagte dazu: „Der Außenminister hat Informationen und Zugang zu Informationen, die ich nicht habe. Ich kann dazu nichts sagen, aber ich kann sagen, der Außenminister hat mir versichert, dass es in seiner Rede eine Grundlage für diesen Punkt gibt – und er steht fest dahinter.” Auf die Nachfrage eines Journalisten, ob sich Pompeo auf nicht öffentliche Geheimdienstinformationen beziehe, ging Nauert nicht ein.

Pompeo führte die angeblichen Mordanschläge des Iran an, um den Europäern klarzumachen, dass der Iran eine Bedrohung sei, die auch in Europa akut werden könnte. Vor dem Syrien-Krieg war quasi aus dem Nichts der "Islamische Staat" aufgetaucht, dessen "Bekämpfung" zum offiziellen Grund für eine multilateralen Kriegseinsatz in Syrien angeführt wurde. Wer wirklich hinter dem IS steckt ist bis heute unbekannt.

Die USA wollen die EU-Staaten hinter ihre Initiative gegen den Iran bringen und in diesem Zusammenhang alle wirtschaftlichen Aktivitäten der Europäer im Iran stoppen. Sie drohen unter anderem Bank-Managern, die im Swift-System nicht gegen den Iran auftreten, mit Sanktionen.

Bisher hat es Europa keine Morde gegeben, die offiziell dem iranischen islamischen Staat zugeschrieben wurden. Irans letzter Premierminister unter dem Schah, Shapour Bakhtiar, wurde 1991 in Frankreich ermordet. Vier iranisch-kurdische Dissidenten wurden im folgenden Jahr in einem griechischen Restaurant namens Mykonos in Berlin erschossen.

Das Gericht im Fall Mykonos erließ 1997 einen internationalen Haftbefehl gegen den iranischen Geheimdienstminister Hojjat al-Islam Ali Fallahian. Teheran bestritt die Beteiligung.

Für die Bombardierung eines Busses, der israelische Touristen in Burgas (Bulgarien) beförderte, wurde von der bulgarischen Regierung die libanesische Miliz Hisbollah verantwortlich gemacht.

Die jüngste Tötung eines iranischen Dissidenten fand im November 2017 in Den Haag statt, als ein Schütze Ahmad Mola Nissi, den Anführer einer iranisch-arabischen Separatistengruppe in der ölreichen Provinz Khuzistan, erschoss.

Der bewaffnete Flügel von Nissis Bewegung hatte die Verantwortung für mehrere Angriffe im Iran übernommen, darunter den Tod von zwei IRGC-Gardisten im Januar 2017.

Nissis Tochter sagte im vergangenen Jahr in einem Interview, dass der Tod ihres Vaters an die iranischen Staatstötungen in den 1990er Jahren erinnert. „Europa scheint sicher zu sein, aber seid vorsichtig. Der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran ist nicht auf den Nahen Osten beschränkt. Er breitet sich in Europa aus”, sagte Hawra Nissi der Nachrichtenagentur Reuters. Die Niederlande haben bisher nicht die IRGC für den Mord an Nissi verantwortlich gemacht. „Der Iran ist ein Hauptverdächtiger, aber nicht der einzige Verdächtige”, meint seine Tochter.

Iraj Mesdaghi, ein in Schweden lebender iranischer Regime-Gegner, der von 1981 bis 1991 in iranischer Haft war, stellt Pompeos Behauptung in Frage.

„Es ist unwahrscheinlich, dass es wahr ist. Es gibt keine Beweise für die Behauptung, dass sie solche Operationen derzeit in Europa durchführen”, sagte Mesdaghi, der die IRGC-Aktivitäten in Europa genau beobachtet. Mesdaghi sagte, dass die IRGC oder Quds Force seit dem Mykonos-Prozess nicht offiziell für irgendwelche Attentate in Europa verantwortlich gemacht wurden. Zudem habe Europa nach dem Mykonos-Anschlag klargestellt, dass solche Morde eine rote Linie für den Kontinent darstellen.

Mesdaghi glaubt auch nicht, dass der Iran für den Mord an Nissi verantwortlich sein kann. „Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn der Iran seine Tötung ausgeführt hätte, da der Iran jetzt Beziehungen zu Europa unterhält und Nissi weder einflussreich noch wichtig genug gewesen ist”, so der Iraner.

Shashank Joshi vom Royal United Services Institut in London sagt: „Der Iran hat in den 1990er Jahren eine Welle von Attentaten in ganz Europa verübt. Die von Iran unterstützte militante Gruppe Hisbollah ist weithin für den Burgas-Anschlag 2012 verantwortlich. Dieser gilt als Vergeltung dafür, dass es die Israelis auf iranische Atomwissenschaftler abgesehen haben”. Allerdings gebe es keine Beweise, dass der Iran in den Mord an Nissi verwickelt ist.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Goldrausch: Warum der Goldpreis immer weiter steigt und deutsche Anleger ausgerechnet jetzt verkaufen
19.03.2024

Der Goldpreis eilt von einem Rekordhoch zum nächsten – und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo die Zinsen besonders hoch sind....

DWN
Immobilien
Immobilien Immoscout: Vorsichtige positive Signale auf dem Immobilienmarkt
19.03.2024

Stark ansteigende Kreditzinsen und Baukosten haben den Kauf eines Eigenheims für viele in den vergangenen Jahren unerschwinglich gemacht....

DWN
Finanzen
Finanzen Fundamentale Aktienanalyse - so bewertet man Wertpapiere richtig
18.03.2024

Die fundamentale Aktienanalyse ist ein unverzichtbares Instrument für jeden Investor, der Wertpapiere nicht nur verstehen, sondern auch...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Umfrage: Sehr viele Deutsche sorgen sich vor weiteren Energiepreissprüngen
18.03.2024

Die Menschen in Deutschland haben einer Umfrage zufolge Sorgen vor weiteren Energiesprüngen und allgemeinen Preissteigerungen - trotz der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Airbus-Jubiläum: 50 Jahre Linienflüge im Airbus - Boeing hat Wettkampf quasi verloren
18.03.2024

Kein Hersteller baut so gute und so viele Flugzeuge wie Airbus. Eine Erfolgsgeschichte, an die sich Frankreich und Deutschland gerade in...

DWN
Finanzen
Finanzen Bankenaufsicht: Mehrzahl der Geldinstitute kann kräftigen Gegenwind überstehen
18.03.2024

In Deutschland und Europa ist das Gros der Geldhäuser gut kapitalisiert. Die Krise an den Märkten für Büro- und Handelsimmobilien...

DWN
Technologie
Technologie Verhandelt Apple mit Google über KI-Technologie?
18.03.2024

Gibt es bald Googles KI auf Apples iPhones? Laut gut informierten Kreisen verhandelt Apple angeblich mit Google über die Integration von...

DWN
Panorama
Panorama ifo-Institut und EconPol Europe: Wirtschaftsforscher fordern mehr Energie-Zusammenarbeit in Europa
18.03.2024

Wirtschaftswissenschaftler appellieren an die EU, im Zusammenhang mit ihrer Energiepolitik aus der aktuellen Energiekrise zu lernen und mit...