Politik

Italien will deutsche Flüchtlings-Schiffe abweisen

Lesezeit: 2 min
16.06.2018 16:01
Die italienische Regierung verschärft ihren Kurs gegen die Bootsflüchtlinge aus Afrika.
Italien will deutsche Flüchtlings-Schiffe abweisen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Flüchtlingsretter sind nach den Worten des italienischen Innenministers Matteo Salvini nicht mehr willkommen im Land. «Wir sind die Herren in unserem eigenen Haus», schrieb Salvini am Samstag auf Twitter. Die guten Zeiten für die Flüchtlingsorganisationen seien nun wirklich vorbei, twitterte der Chef der Lega.

Zuvor hatte der stellvertretende Ministerpräsident angekündigt, zwei Rettungsschiffen deutscher Helfer die Einfahrt in italienische Häfen zu verweigern. Das Verbot gelte für zwei unter niederländischer Flagge operierende Schiffe, schrieb Salvini auf Facebook. Die Schiffe «Seefuchs» und «Lifeline» werden von den deutschen Nichtregierungsorganisationen Sea-Eye und Mission Lifeline genutzt.

«Diese Leute sollten wissen, dass Italien nicht länger diesem illegalen Einwanderungsgeschäft Beihilfe leisten will, also werden sie sich andere (nicht-Italienische) Häfen zum Ansteuern suchen müssen.» Die beiden NGO hätten ihre Schiffe in der Nähe der libyschen Küste stationiert, um viele Menschen aufzunehmen, die auf See von Menschenschmugglern ausgesetzt worden seien, schrieb Salvini weiter.

Die Seenotretter von Mission Lifeline bezeichneten Salvini daraufhin laut dpa als «Faschisten». Dies sei «verrücktes Zeug», antwortete Salvini auf Twitter und warnte die Helfer, dass Italien selbst entscheide. Durch Beleidigungen und Drohungen lasse man sich nicht aufhalten. Der Tweet der Helfer war später nicht mehr im Kurznachrichtendienst zu sehen. Salvini sei «natürlich kein Faschist», hieß es von Mission Lifeline auf Twitter.

Sea-Eye warnte, dass Retter und Migranten in große Gefahr geraten könnten, sollte Salvini bei seiner Linie bleiben. Kein europäischer Innenminister stehe über dem Gesetz, hieß es in einer per E-Mail verbreiteten Mitteilung der Organisation. Sea-Eye gehe davon aus, dass Italien weiterhin seinen humanitären und internationalen Verpflichtungen nachkommen werde.

Salvini will vor allem gegen private Seenotretter vorgehen. Die neue italienische Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und Lega hatte dem Rettungsschiff «Aquarius» von der Hilfsorganisation SOS Méditerranée keine Erlaubnis gegeben, mit mehr als 600 Migranten in einen italienischen Hafen einzufahren. Das Schiff ist nun unterwegs ins 1500 Kilometer entfernte Spanien und soll am Sonntag im Hafen von Valencia eintreffen.

Migranten, die von der italienischen Küstenwache oder der Marine aus dem Mittelmeer gerettet wurden, durften in den vergangenen Tagen weiterhin in italienischen Häfen an Land gehen. Salvinis Politik findet indes Zustimmung bei den Wählern: Einer von der Zeitung «Corriere della Sera» veröffentlichten Umfrage zufolge unterstützen 59 Prozent seinen Kurs.

Ob die Bundesregierung mit diesem Kurs einverstanden ist ist unklar. In der TV-Sendung von Anne Will hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Schließung der Grenzen durch Ungarns Präsident Viktor Orban ausdrücklich gelobt und gesagt, Orban habe der EU damit einen wertvollen Dienst erwiesen. Noch auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hatte Merkel Orban dagegen für seine harte Haltung scharf kritisiert.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...