Ein Anziehen der Preise stellt Beobachtern zufolge das größte Risiko für stark verschuldete Unternehmen weltweit dar. Zuletzt hatte es Hinweise dafür gegeben, dass die Inflation in wichtigen Ländern künftig deutlich steigen könnte.
In der OECD – welche aus hochentwickelten Industriestaaten zusammengesetzt wird – erreichte die Verbraucherpreisinflation im Mai einen Durchschnitt von 2,6 Prozent. In der Eurozone stieg die Inflation im Juni auf rund 2 Prozent und damit auf jenen Wert, den die EZB als Zielwert ihrer geldpolitischen Interventionen in den vergangenen Jahren ausgegeben hatte. In den für das Weltfinanzsystem zentralen USA stiegen die Preise im Juni um 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf den höchsten Stand seit 2012. Mit einem Anstieg von 3,4 Prozent waren die Erzeugerpreise besonders stark gestiegen.
Ein wichtiger Grund für den Anstieg stellen höhere Preise für Rohöl dar. Öl der Sorte Brent beispielsweise verteuerte sich in den vergangenen 12 Monaten von etwa 45 Dollar pro Barrel (159 Liter) auf aktuell rund 73 Dollar. Der Anstieg bei der US-Sorte WTI war im selben Zeitraum ebenfalls vergleichbar stark.
Eine drohende Arbeitskräfteknappheit in den USA und damit verbundene höhere Lohnforderungen der Angestellten könnte sich zusätzlich als Motor der Inflation erweisen. Wie Bloomberg berichtet, kommen aktuell nur noch 0,9 Bewerber auf jede freie Stelle – im Jahr 2016 waren es noch 1,3.
Ein sprunghafter Anstieg der Löhne wäre „gut für die Gehaltsschecks auf der Main Street aber schlecht für die Gewinnmargen an der Wall Street“, wird David Rosenberg von Gluskin Sheff von Money Week zitiert. Er könnte das Gewinnwachstum belasten, welches ohnehin Anzeichen einer Abschwächung zeigt.
Kommt es zu einer stärkeren Inflation, müssten die großen Zentralbanken reagieren und die Leitzinsen anheben beziehungsweise ihre Bilanz weiter zurückfahren. Die daraus resultierende Verschärfung der Finanzierungbedingungen würden insbesondere die hochverschuldeten Unternehmen, aber auch alle anderen mit Schulden operierenden Finanzmarktteilnehmer spüren.
In den USA und anderen Teilen der Welt hatten Unternehmen die expansive Geldpolitik der Zentralbanken in den vergangenen zehn Jahren dazu genutzt, in massivem Umfang neue Schulden aufzunehmen. Einige Beobachter sprechen mit Blick auf die Finanzlage vieler Betriebe inzwischen von „Zombie-Unternehmen“, weil diese nur dank neuer verhältnismäßig günstiger Schulden den Betrieb aufrechterhalten können.
Steigt das allgemeine Zinsniveau weiter an, drohen umfangreiche Pleitewellen in den USA aber auch in Europa und insbesondere in sogenannten Schwellenländern wie der Türkei, Argentinien oder Indonesien.
Auch der Anleihemarkt wäre betroffen und die resultierenden höheren Renditen würden auch die Staatsfinanzen belasten. „Inflation ist immer schlecht für Anleihen, weil sie den realen Wert der Zinszahlungen schmälern. Studien weisen darauf hin, dass auch die Aktienmärkte ab einem Inflationsniveau von etwa 4 Prozent zu straucheln beginnen, weil nicht alle Firmen ihre höheren Kosten an die Kunden weitergeben können. Aber eine höhere Inflation in Zeiten schwächeren Wachstums – die höheren Leitzinsen in den USA haben den ohnehin schon lange anhaltenden Geschäftszyklus belastet – impliziert Stagflation. Wir könnten schon bald wieder auf dem Weg in die 1970er Jahre sein“, schreibt Money Week.