Politik

Türkische Lira stürzt ab, Regierung erklärt Banken für sicher

Lesezeit: 2 min
09.08.2018 14:10
Das türkische Finanzministerium versucht, die Finanzmärkte im Zuge des Lira-Verfalls zu beruhigen.
Türkische Lira stürzt ab, Regierung erklärt Banken für sicher

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Die USA und die Türkei haben trotz eines neuen Gesprächsanlaufs keine Annäherung erzielt. Die türkische Lira sackte daraufhin am Donnerstag auf ein Rekordtief ab. Seit Jahresbeginn hat die Währung knapp ein Drittel ihres Wertes gegenüber dem Dollar verloren. Auslöser sind Sorgen wegen der Geldpolitik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und das Zerwürfnis mit den USA. Kapitalmarktexperten befürchten, dass der Lira-Verfall türkischen Banken die Luft abschnüren könnte.

Das türkische Finanzministerium versucht die Börsen angesichts des anhaltenden Verfalls der Landeswährung zu beruhigen. Türkischen Banken und anderen Unternehmen drohten keine Liquiditätsengpässe, teilte es am Donnerstag mit. Die Wirtschaft werde 2019 voraussichtlich um drei bis vier Prozent wachsen.

Das Finanzministerium schreibt: "Das türkische Bankensystem ist in der Lage, mit seiner robusten Kapitalstruktur und seinen Bilanzen wie in der Vergangenheit die finanzielle Volatilität effektiv zu managen. Im Gegensatz zu den spekulativen Statements, die im Markt über unsere Banken und unsere Unternehmen gemacht werden, sehen unsere Aufsichtsbehörden kein Problem mit Wechselkurs- oder Liquiditätsrisiken. Wir empfehlen, dass Investoren und unsere Mitarbeiter diese Berichte, die die tatsächliche Situation widerspiegeln, eher zu berücksichtigen als solche Kommentare."

Tatsächlich dürfte es sich bei den Angriffen gegen die Lira und die Banken um spekulative Attacken handeln, da das türkischen Banken-System auch von internationalen Experten als eher sicher eingestuft wird. Der unabhängige Ökonom Achim Dübel sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Die FX-Exposures sind jedenfalls innerhalb der Banken gehedgt, es geht nur um den Abwertungseffekt auf die Eigenkapitalbasis. Aber da das Eigenkapital in Lira aufgebracht wird, dürfte das kein Problem sein. Schwieriger ist sicher die Kreditrisikoseite der FX-Kreditnehmer. Die türkische Banken gelten dahingehend allerdings als sehr konservativ, z.B. was Beleihungswerte angeht. Im Immobiliensektor, der vielleicht preislich nicht mit der Abwertung anzieht, dürfen nur Lira-Kredite vergeben werden."

Im vergangenen Jahr waren es aber noch 7,4 Prozent - so viel wie seit 2013 nicht mehr. Das Haushaltsdefizit werde bei rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt. Finanzminister Berat Albayrak werde die neuen Pläne für die Wirtschaft am Freitag vorstellen.

Nach den Gesprächen hochrangiger Regierungsvertreter der USA und der Türkei am Mittwoch in Washington machte eine Sprecherin des US-Außenministeriums deutlich, dass es keinen Durchbruch gibt. Mit Blick auf die Kern-Forderung der US-Regierung nach einer Freilassung des in der Türkei festgehaltenen amerikanischen Geistlichen Andrew Brunson sagte sie: "Soweit sind wir noch nicht." Zu weiteren Streitthemen etwa in der Frage der Iran-Sanktionen bemerkte sie lediglich, die Gespräche würden fortgesetzt. Die vom erst kürzlich ernannten Außen-Staatssekretär Sedat Önal angeführte türkische Delegation äußerte sich nicht. Auch aus weiteren Gesprächen beider Seiten im US-Handelsministerium wurden keine Fortschritte gemeldet.

Der evangelikale Pastor Brunson lebt seit mehr als 20 Jahren in der Türkei. Die dortige Justiz wirft ihm vor, Kontakte zu dem Prediger Fetullah Gülen unterhalten zu haben, den die Regierung für den Putschversuch in der Türkei vor zwei Jahren verantwortlich macht. Brunson weist dies zurück. Die USA und die Türkei haben inzwischen Sanktionen gegen Minister des jeweils anderen Landes verhängt. Die Regierung in Washington überprüft zudem den teilweise zollfreien Zugang der Türkei zum amerikanischen Markt.

US-Diplomaten nannten es unwahrscheinlich, dass es eine umfassende Einigung in zentralen Streitpunkten geben werde, bevor die türkische Seite nicht der Freilassung Brunsons zustimme. Die Türkei fordert unter anderem die Auslieferung Gülens. Zudem will sie eine milde Strafe der US-Finanzbehörden für die türkische Halkbank sowie die Freilassung eines der Bank-Manager erreichen. Die US-Behörden werfen dem Institut illegale Praktiken vor. Die Halkbank weist die Vorwürfe zurück.


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