Die italienische Regierung erwägt einem Pressebericht zufolge, die Europäische Zentralbank (EZB) um eine Fortführung ihrer milliardenschweren Anleihekäufe zu bitten. Dies berichtete die Tageszeitung La Stampa am Mittwoch unter Berufung auf namentlich nicht genannte italienische Offizielle, wie die dpa berichtet. Die italienische Regierung stellt sich demnach ein neues EZB-Kaufprogramm vor - möglicherweise unter anderem Namen als das aktuelle Programm PSPP. Dieses will die EZB nach derzeitigen Planungen zum Jahresende auslaufen lassen.
Vize-Regierungschef Luigi Di Maio dementierte die Spekulationen. Die Europäische Zentralbank sei nicht ersucht worden, im Falle eines Vertrauensverlustes von Investoren, Anleihen zu kaufen, sagte di Maio am Mittwoch in Kairo. „Wir fragen bei niemandem um Hilfe nach, denn es gibt keinen spekulativen Angriff.“
Seit März 2015 erwirbt die EZB mit ihrem Kaufprogramm Staatsanleihen aus allen Euroländern, darunter Italien. Offizielles Ziel der Käufe ist es, die Inflation zu erhöhen und das Wirtschaftswachstum anzuschieben. Zugleich führten die insbesondere in Deutschland umstrittenen Käufe zu höheren Kursen der Staatspapiere und im Gegenzug zu sinkenden Renditen. Das hat die Refinanzierungskosten der Eurostaaten deutlich ermäßigt – was wahrscheinlich das Hauptziel der Maßnahmen darstellt.
Anleger haben am Mittwoch bei italienischen Anleihen zugegriffen. Im Gegenzug sank die Rendite der zehnjährigen Titel um drei Basispunkte auf 3,15 Prozent.
Die italienische Regierung plant eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben zur Finanzierung ihrer umfangreichen Wahlversprechen. An den Märkten haben diese Pläne zu einer spürbaren Erhöhung der Refinanzierungskosten des italienischen Staats geführt, weil Zweifel an der fiskalischen Stabilität des Landes geweckt wurden. Italien ist bereits jetzt mit mehr als 130 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet.
Wie die Financial Times berichtet, hatten italienische Banken in den vergangenen Monaten in großem Umfang Anleihen des Staates gekauft, weil sich ausländische Investoren in großem Stil zurückgezogen hatten.
Im Mai erwarben italienische Banken Staatsanleihen im Umfang von 28 Milliarden Euro, im Juni waren es 14 Milliarden Euro und im Juli schließlich nur noch 4 Milliarden Euro. Insgesamt stockten die heimischen Banken ihre Bestände an italienischen Staatsanleihen im zweiten Quartal um mehr als 40 Milliarden Euro auf, was den höchsten Zuwachs seit dem Jahr 2012 darstellt.