Politik

Syrien: Armee befreit Süden des Landes vom IS

Lesezeit: 4 min
21.11.2018 01:29
Die syrische Armee hat den Süden Syriens komplett vom IS befreit. Eine Offensive gegen al-Nusra im Südosten von Idlib soll folgen.
Syrien: Armee befreit Süden des Landes vom IS

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Das Generalkommando der syrischen Streitkräfte gab am Montagabend bekannt, dass die gesamte südliche Region Syriens vom Terrorismus befreit wurde, nachdem die letzten Einheiten der Terror-Miliz IS in der Region Tuloul al-Safa tief in die östliche Badiya (Wüste) von Suweida verdrängt wurden. „Nach einer Reihe präziser und fokussierter Militäreinsätze haben unsere tapferen Streitkräfte die gesamte Region Tuloul al-Safa, die eine komplexe vulkanische Natur besitzt, vollständig unter Kontrolle gebracht. Es wurden IS-Terroristen beseitigt und große Mengen leichter und mittlerer Waffen beschlagnahmt“, zitiert die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA das Oberkommando aus einer Mitteilung. Das letzte Gebiet, das der IS noch kontrollierte, hatte eine Fläche von 380 Quadratkilometern.

Die syrischen Streitkräfte planen eine Offensive in der Provinz Idlib. In den vergangenen Wochen waren durchgehend Söldner-Verbände der al-Nusra-Front (heute Hayat Tahrir al-Scham - HTS), der Al-Izza-Brigaden und der Islamischen Partei Turkestan (TIP) aus Idlib in die Nachbarprovinz Hama eingedrungen, um syrische Stellungen und Städte anzugreifen. Der Hauptschwerpunkt der Offensive wird die Landschaft von Abu Zuhur umfassen. Sie könne sich jedoch weiter nach Norden in Richtung der Schlüsselstadt Maarat al-Numan im Zentrum von Idlib ausdehnen, so ein syrischer Armeesprecher. Die Offensive wird von den Tiger Forces unter Generalmajor Suheil al-Hassan durchgeführt werden. Pro-syrische muslimische und christliche Milizen, die an der Hama-Idlib-Achse stark vertreten sind, sollen sich der Offensive anschließen.

Die pro-syrische Milizen in Syrien spielen eine wichtige Rolle im Kampf gegen die al-Nusra-Front und den IS, da zahlreiche junge männliche Syrer im Verlauf des Konflikts ins Ausland geflohen sind. Nach Angaben des Institute for the Study of War wurde die syrische Armee (SAA) von etwa 300.000 Mann vor 2011 auf etwa zwischen 150.000 und 175.000 im Jahr 2014 reduziert, da die Soldaten entweder ins Ausland geflüchtet sind, oder sich der Freien Syrischen Armee (FSA) angeschlossen haben, berichtet das Norwegian Country of Origin Information Centre (Landinfo). In den Folgejahren wurde die Armee weiter geschwächt. Schätzungen vom Oktober 2015 zufolge ging die Anzahl des SAA-Personals auf 80.000 bis 100.000 zurück.

Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland

Die syrische Regierung hatte im September 2018 erstmals alle syrischen Flüchtlinge zur Rückkehr in ihr Heimatland aufgefordert. Syriens Präsident Baschar al-Assad hat bereits auch eine Amnestie für Deserteure erlassen.

Doch Rückkehrer nach Syrien müssen nach einem neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes Repressalien befürchten. Abgeschobenen Flüchtlingen drohe Gewalt, heißt es in dem Bericht, über den die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR sowie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag) berichten. „In keinem Teil Syriens besteht ein umfassender, langfristiger und verlässlicher Schutz für verfolgte Personen“, heißt es in dem Dokument vom 13. November.

Das Auswärtige Amt hatte bereits vergangene Woche mitgeteilt, dass der Bericht fertig sei, so die dpa. Er solle Innenbehörden und Gerichten als eine von mehreren Entscheidungsgrundlagen in Asylverfahren dienen. Da der Bericht als Verschlusssache eingestuft ist, machte das Außenamt keine Aussagen zum Inhalt. Vom 28. bis 30. November kommen die Landesinnenminister zu ihrer Konferenz in Magdeburg zusammen. Ende Dezember läuft der derzeitige Abschiebestopp nach Syrien aus.

Männliche Rückkehrer im wehrpflichtigen Alter (18 bis 42 Jahre) würden nach ihrer Rückkehr in der Regel zum Militär eingezogen, vorher jedoch oft noch für mehrere Monate wegen Desertion inhaftiert, heißt es den Medien zufolge in dem Bericht. „Innerhalb der besonders regimenahen Sicherheitsbehörden, aber auch in Teilen der vom Konflikt und der extremen Polarisierung geprägten Bevölkerung gelten Rückkehrer als Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter beziehungsweise Anhänger von Terroristen.“

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, lehnt nach Bekanntwerden des neuen Lageberichts zu Syrien Abschiebungen in das Land kategorisch ab. „Angesichts der anhaltenden Kampfhandlungen und terroristischen Bedrohungen, der in großen Teilen katastrophalen Versorgungslage sowie der weitgehenden Rechtlosigkeit in Syrien kann nicht ernsthaft und verantwortbar über Abschiebungen nach Syrien gesprochen werden“, sagte Mützenich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag).

Deutschland muss Anti-Folterkonvention umsetzen

Die Argumentation des Auswärtigen Amts führt zwangsläufig dazu, dass auch syrische Staatsbürger, die in Deutschland als Straftäter aufgefallen sind, nicht abgeschoben werden können. Der Artikel 3 der Anti-Folterkonvention der UN (CAT) verbietet es seinen Vertragsstaaten, jemanden im Wege der Abschiebung, Zurückweisung oder Auslieferung In einen anderen Staat zu überstellen, wenn „stichhaltige Gründe” für die Annahme bestehen, dass er dort Gefahr läuft, gefoltert zu werden.

Damit verweist das Auswärtige Amt direkt auf die bindende Wirkung der Anti-Folterkonvention der UN (CAT).

Hinzu kommt, dass gemäß des Aufenthaltsgesetzes Personen, denen Folter droht ohnehin nicht abgeschoben werden dürfen. Der Paragraph 60, Absatz 1 besagt: „In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind.“

Es ist völlig unerheblich, ob der Flüchtling kriminell oder nicht kriminell ist. Abschiebungen in ein Land, wo Menschen Folter oder politische Verfolgung droht, sind nicht zulässig.

In der vergangenen Woche hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer gesagt, dass sein Ministerium die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern nach Syrien prüfe. Doch der aktuelle Bericht des Auswärtigen Amts macht deutlich, dass dies nicht möglich sein wird.

Die dpa führt aus: „Der Generalbundesanwalt hat bisher gegen 52 Islamisten aus Deutschland Verfahren geführt, die sich Terrorgruppen in Syrien oder im Irak angeschlossen hatten. Wie aus einer am Montag veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervorgeht, halten sich 28 dieser Islamisten aktuell in Deutschland auf. Die meisten von ihnen wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Zahl der sogenannten Gefährder steigt den Angaben zufolge weiter an, allerdings nicht mehr im gleichen Tempo wie in den vergangenen Jahren. Aktuell stufen die Sicherheitsbehörden 767 Menschen als Gefährder ein - darunter 33 Frauen und Mädchen. Als islamistische Gefährder gelten Menschen, denen die Sicherheitsbehörden einen Terroranschlag grundsätzlich zutrauen. Vor einem Jahr beobachteten die Ermittler bundesweit 705 Gefährder. Im vergangenen April hatten sie 760 Menschen im Blick.“

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