Finanzen

Modehändler Gerry Weber meldet Insolvenz an

Lesezeit: 2 min
25.01.2019 17:30
Die Insolvenz des Unternehmens ist auch Folge des massiven Wachstums des Onlinehandels.
Modehändler Gerry Weber meldet Insolvenz an

Die Filialen des Modeherstellers Gerry Weber und seiner Tochterfirmen wie Hallhuber oder Samoon gehören zum festen Inventar in deutschen Innenstädten. Doch jetzt scheint die Zukunft des Modeimperiums aus der westfälischen Provinz in ernster Gefahr. Am Freitag stellte die Muttergesellschaft Gerry WeberInternational mit rund 580 Mitarbeitern beim Amtsgericht Bielefeld Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Ziel sei es, das Unternehmen zu sanieren.

Die Aktie von Gerry Weber ist am Freitag auf die Nachricht in um 75 Prozent eingebrochen.

Betroffen von dem Insolvenzantrag ist zunächst nur die Muttergesellschaft. Für Tochtergesellschaften wie Hallhuber seien keine Anträge gestellt worden, betonte das Unternehmen. Der Geschäftsbetrieb soll in vollem Umfang weitergeführt werden. Die Finanzierung des Modeanbieters sei nach derzeitigem Stand bis ins Jahr 2020 gesichert, hieß es.

Notwendig wurde der Schritt durch das Scheitern der Gespräche des Modeherstellers mit Banken und Gläubigern über die weitere Finanzierung des Konzerns. Der Modekonzern schuldet nach Informationen des Branchenfachblatts "Textilwirtschaft" Schuldschein-Gläubigern rund 218 Millionen Euro. Bereits im November hatten die Gläubiger dem Unternehmen eine Stundung für eigentlich anstehende Zahlungen gewährt.

Gerry Weber mit den Kernmarken Gerry Weber, Hallhuber, Samoon und Taifun kämpft seit längerem mit Umsatzrückgängen und roten Zahlen. In den vergangenen Monaten hatten sich die schlechten Nachrichten jedoch gehäuft. Zuletzt hatte das Unternehmen Mitte Januar seine Gewinnprognose nach unten korrigieren müssen. Dadurch stieg der erwartete Vorsteuerverlust für das Geschäftsjahr 2017/18 auf über 192 Millionen Euro. Grund waren unter anderem Probleme bei der bislang als Hoffnungsträger geltenden Tochter Hallhuber.

Der Modehändler kämpft dabei an vielen Fronten. Unter anderem leidet er am Siegeszug des Onlinehandels im Modemarkt. Im E-Commerce ist das Unternehmen bislang nur schwach positioniert. Außerdem haben die Marken des Konzerns an Attraktivität verloren. Gleichzeitig ist der Wettbewerb durch Konkurrenten wie H&M oder die Inditex-Tochter Zara härter geworden.

Managementfehler verschärften die Situation. So übernahm sich Gerry Weber mit der Eröffnung zu vieler eigener Läden. Versuche, mit Personalabbau, Ladenschließungen und Umstrukturierungen gegenzusteuern, kamen erst spät. Das für den gesamten deutschen Textilhandel schwierige Jahr 2018 mit seinem nicht enden wollenden heißen Sommer, der die Kunden aus den Fußgängerzonen vertrieb, verschärfte die Situation für Gerry Weber dann noch einmal.

Alleine ist Gerry Weber auf dem deutschen Modemarkt mit seinen Problemen nicht. Auch andere bekannte Namen wie Esprit oder Tom Tailor kämpfen mit roten Zahlen. Einer der Gründe: Die Ausgaben der deutschen Verbraucher für Bekleidung sind in den letzten 25 Jahren kaum noch gewachsen. Gleichzeitig nimmt der Online-Handel den Geschäften in den Einkaufsstraßen einen immer größeren Teil der Umsätze weg. "Es ist ein gnadenloser Ausleseprozess", urteilte kürzlich Peter Frank von der Münchner Handelsberatung BBE.

Doch das ist nicht alles. "Dem Modemarkt fehlt es an tiefgreifenden Innovationen", klagte kürzlich das Fachblatt "Textilwirtschaft". Mode an sich und auch der stationäre Modekauf hätten an Strahlkraft verloren. Stattdessen gäben die Verbraucher ihr Geld lieber für neue Smartphones, gutes Essen oder einen Kurztrip nach Paris aus.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla-Turbo: Elon Musk beschleunigt Pläne für günstige Modelle - doch ein Produkt wird viel wichtiger
24.04.2024

Tesla macht Tempo: Elon Musk verspricht, die günstigeren Modelle schneller als erwartet zu realisieren. Damit reagiert der Tesla-Chef auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Die Vor- und Nachteile von Krediten: Was Anleger wissen müssen
24.04.2024

Kredite können eine wertvolle finanzielle Unterstützung bieten, bringen jedoch auch Risiken mit sich. Was sind die Vor- und Nachteile und...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...