Finanzen

Kindergeld: Über 370 Millionen Euro fließen ins Ausland

Lesezeit: 2 min
14.01.2020 19:56
Im Jahr 2018 sind über 370 Millionen Euro an Kindergeld ins EU-Ausland geflossen. Die Kommunen beklagen zahlreiche Betrugsfälle.
Kindergeld: Über 370 Millionen Euro fließen ins Ausland
Die Euros rollen uns davon. (Foto: dpa)
Foto: Monika Skolimowska

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Insgesamt stieg die bis November 2018 ausgezahlte Kindergeldsumme auf 33,8 Milliarden Euro an, davon entfielen 6,9 Milliarden Euro auf ausländische Empfänger. Über 370,5 Millionen Euro wurden 2018 auf Konten im EU-Ausland überwiesen.

Die Zahl der Kindergeldempfänger im EU-Ausland war im September 2018 auf 266.196 leicht gesunken. Wie aus einer Statistik der zuständigen Familienkasse hervorgeht, wurden im September insgesamt 287 Millionen Euro auf Konten von EU-Bürgern im Ausland überwiesen, zudem 18 Millionen auf Konten deutscher Staatsangehöriger, die mit ihren Kindern im Ausland leben. Zum Vergleich: Ende Juni lag die Zahl der Kindergeldempfänger im EU-Ausland noch bei 268.336 Kindern, meldet die dpa.

Kommunen protestieren gegen Kindergeldmissbrauch

Die hohe Empfänger-Zahl sorgt seit langem für Debatten - so sind zum Beispiel viele osteuropäische Pflegekräfte in Deutschland tätig, die ihre Kinder in der Heimat lassen. Unabhängig davon prangerten im August mehrere Oberbürgermeister an, dass Schlepper Familien aus Osteuropa nach Deutschland bringen, damit sie hier Kindergeld kassieren - auch für Kinder, die nur auf dem Papier existieren.

Das das OnlineMagazin für Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Verwaltung, KOMMUNAL., berichtet: “Lag die Zahl der Kindergeldempfänger aus dem EU-Ausland im Jahr 2016 bei 230.000, sind es aktuell fast 280.000. Geburtenboom oder Auswanderungsboom? Beides, so vermuten einige Großstadtbürgermeister, ist nur ein kleiner Teil der Antwort. Bürgermeister, wie etwa Sören Link aus Dortmund und Thomas Jung aus Führt, fordern die Bundesregierung daher zum Handeln auf. Zwar gibt es keine Bundesstatistik über Missbrauchsfälle. Auffällig ist aber, dass die Zahl der Bezieher mit Wohnsitz in Rumänien innerhalb von fünft Jahren von quasi Null auf rund 20.000 gestiegen ist. Ähnliche Zahlen liegen aus Bulgarien vor. Ein weiteres Phänomen: Ausgerechnet diese Gruppe von EU-Bürgern nutze in ihren Städten auffallend häufig eigentlich unvermietbare Schrottimmobilien. Der Verdacht: Es könnte sich um organisierte Kriminalität handeln. Immobilien werden an Personen vermietet, die sich hier maximal aufhalten, um einer Nebenbeschäftigung nachzugehen, es eigentlich aber auf Sozialleistungen abgesehen haben. Zum Vergleich: Das Kindergeld in Bulgarien etwa beträgt sieben Euro im Monat - in Deutschland sind es für das erste Kind knapp 200,- Euro. Bei vier bis fünf Kinder summiert sich das.”

Insgesamt bekommen derzeit rund 15 Millionen Kinder Kindergeld vom deutschen Staat, davon haben 2,9 Millionen Kinder eine ausländische Staatsangehörigkeit.

“Mehrere Hundert Millionen Euro Kindergeld zahlt der deutsche Staat inzwischen an Empfänger aus dem EU-Ausland, Tendenz stark steigend. Kommunen schlagen Alarm, mehrere wittern Betrug im großen Stil”, meldet die FDP-Bundestagsfraktion in einer Mitteilung.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion führt in einer Mitteilung aus: “Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion verweist auf einen weiteren wichtigen Aspekt bei der aktuellen Diskussion: Kindergeldzahlungen sollten an die Lebenshaltungskosten des EU-Wohnorts angepasst werden. Für ein Kind, das beispielsweise in Polen oder Rumänien lebt, müsse sich die Höhe des Kindergeldes an den dortigen Lebenshaltungskosten orientieren.”

Doch genau gegen diesen Vorschlag hatte der Bundestag am 18. Oktober 2018 gestimmt. Die Pressestelle des Bundestags wörtlich: “Der Bundestag hat am Donnerstag, 18. Oktober 2018, den Antrag der AfD-Fraktion, das Kindergeld für im EU-Ausland lebende Kinder zu indexieren, also an die dortigen Lebenshaltungskosten anzupassen, abgelehnt. In namentlicher Abstimmung stimmten 78 Abgeordnete für den Antrag, 548 lehnten ihn ab, es gab zwei Enthaltungen.”

Kindergeld wird erhöht

Eltern bekommen seit dem 1. Juli 2019 für jedes Kind zehn Euro mehr im Monat. Für das erste und zweite Kind gibt es dann jeweils 204 Euro, für das dritte Kind 210 Euro, so die verbraucherzentrale.de.

Für Eltern, die anstelle des Kindergelds einen Kinderfreibetrag erhalten, stieg der Freibetrag bereits ab Januar 2019 von bisher 4.788 Euro auf 4.980 Euro pro Kind.

Die Bundesregierung lieferte auf ihrer Webseite eine Beispielrechnung: “Eine Familie mit einem Bruttojahresgehalt von 60.000 Euro wird ab 2019 um 9,36 Prozent entlastet, das bedeutet für sie 251 Euro mehr im Jahr. Bei einem Familieneinkommen von 120.000 Euro brutto soll die Entlastung 380 Euro im Jahr betragen.”


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...