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Designer Karl Lagerfeld ist tot

Lesezeit: 3 min
19.02.2019 20:48
Karl Lagerfeld war stilprägend für eine ganze Branche.
Designer Karl Lagerfeld ist tot

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Er war ein Genie, mit ihm stirbt einmal mehr ein Stück Haute Couture, er war Paris: Mit Reaktionen wie diesen trauert nicht nur die internationale Modewelt um Karl Lagerfeld. Er hat königliche Körper in Traumkreationen gehüllt und Outfits für Pop-Stars wie Madonna und Kylie Minogue entworfen. Nun ist der Modezar gestorben, wie der Konzern Chanel am Dienstag in Paris mitteilte. Nach eigenen Angaben kam Lagerfeld 1935 in Hamburg zur Welt - demnach wäre er 83 Jahre alt geworden. Als Geburtsjahre kursieren aber auch 1933 und 1938.

Der Besitzer von Chanel, Alain Wertheimer, sagte, er habe nicht nur einen Freund verloren, sondern auch einen außergewöhnlich kreativen Kopf, dem er Anfang der 80er Jahre eine Carte blanche gegeben habe, um die Marke neu zu erfinden. Der Chef des französischen Luxuskonzerns LVMH, Bernard Arnault, bezeichnete Lagerfeld als «kreatives Genie» und lobte dessen Arbeit für das italienische Modehaus Fendi. Die Marke Fendi gehört zu Arnaults Konzern.

Lagerfeld hat mehr als ein halbes Jahrhundert die Mode mitbestimmt. Mitte der 50er Jahre begann er in Paris große Couture-Häuser wie Balmain, Patou, Chloé oder Fendi zum Erfolg zu führen. Er habe sich schon immer für Kleider interessiert, ohne zu wissen, dass man das Mode nenne, sagte Lagerfeld einmal in einem seiner zahlreichen Interviews. Als Kreativdirektor übernahm er 1983 Chanel. Ein Wechsel, der für das französische Modehaus wegweisend war.

Der deutsche Modeschöpfer rüttelte die traditionsreiche Luxusmarke aus ihrem Dornröschenschlaf. Die typischen Tweedstoff-Jacken poppte er mit Bändern und Fransen neu auf, Haute-Couture-Kleider kombinierte er mit Sportschuhen. Treu blieb er dem klassischen Cocktailkleid und dem rosa Kostüm. Kollektionen unter seinem eigenen Namen entwarf er ab Mitte der 70er Jahre. Der Wahlpariser hinterlässt ein milliardenschweres Modeerbe. So sorgte er bei Chanel bis zuletzt für traumhafte Umsatzzahlen.

Seine Mode war elegant, minimalistisch und innovativ. Unvergesslich sind das kleine Chanel-Jäckchen, die tiefen Rücken-Dekolletés, seine Wollmäntel mit Gürtelschließe am Kragen. Lagerfeld hat klassische Formen erneuert und «Looks» geschaffen. Er schickte die schönsten Models über die Laufstege, darunter Claudia Schiffer und Inès de la Fressange.

Zuletzt fehlte er genau da, wo er jedes Mal frenetisch gefeiert wurde - auf dem Laufsteg zum Finale einer Chanel-Show im Januar. Die offizielle Begründung: Lagerfeld habe sich müde gefühlt. In Paris, wo er nach dem Tod von Modeschöpfer Yves Saint-Laurent der letzte noch verbliebene Modezar war, war die Sorge groß. Wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte, wird Virginie Viard, bisher «rechte Hand» von Karl Lagerfeld bei Chanel, dem Modeschöpfer bei dem Pariser Modehaus nachfolgen.

Legendär waren Lagerfelds Aussprüche. Über seine Haut sagte er: «Ich gehe nicht mehr in die Sonne. Schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich will nicht aussehen wie eine alte Schildkröte.» Über seine Ausbildung sagte der Besitzer von 300 000 Büchern: «Ich habe ja im Grunde nie etwas gelernt. Ich habe nicht einmal Abitur gemacht und nix.»

Lagerfelds unermüdlicher Gestaltungswille beschränkte sich nicht nur auf die Haute-Couture. Für Aufsehen sorgte 2004 seine Ankündigung, kostengünstige Mode für den schwedischen Discount-Modefilialisten H&M zu entwerfen. Lagerfeld war der erste Design-Kooperationspartner. Ihm folgten unter anderem Lanvin und Versace.

Frankreichs Presse nannte den Sohn des Hamburger «Glücksklee»-Kondensmilch-Fabrikanten Otto Lagerfeld wegen seiner rastlosen Kreativität auch «König der Maßlosigkeit» oder «Karl den Großen» - eine Anspielung an den gleichnamigen Herrscher, der bis 814 König des Frankenreichs war, das unter ihm zu seiner größten Ausdehnung und Machtentfaltung fand. Für die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo war Lagerfeld Paris. Für den deutschen Modeschöpfer Harald Glööckler ist mit Lagerfeld einmal mehr ein Stück Haute Couture gestorben.

Schwarze Sonnenbrille, weißer Mozartzopf, steifer Vatermörderkragen und Ringe an jedem Finger: So kannte die ganze Welt Lagerfeld. Seinen fast schon maskenhaften Stil hat er zu seinem Markenzeichen gemacht.

Im Jahr 2008 entwarf er für den Spielzeughersteller Steiff sogar einen Lagerfeld-Teddybären - mit Sonnenbrille, schwarzer Seidenkrawatte und weißem Hemd mit Stehkragen. Ein Lagerfeld zum Kuscheln? «Ich interessiere mich nur für mich selbst und mein Spiegelbild», lautete seine Begründung.

An Büchern über ihn und seine Schneiderkunst mangelt es nicht. Denn Lagerfeld hat gern Interviews gegeben und Anekdoten über sich enthüllt. So erzählte er, dass er kein Portemonnaie besitze, weil seine Mitarbeiter sich um alles kümmerten, dass er seine Wäsche nach einmaligem Gebrauch wegwerfe und seine Katze Choupette bei ihm im Bett schlafen dürfe - aber nur am Fußende.

Seine Kreativität kannte keine Grenzen. Als Fotograf, Designer, Filmemacher und Verleger schlug er immer wieder neue Wege ein. «Man muss sich für alles interessieren - aber man darf nie nur in eine Richtung gehen, man muss sich alle Türen offen halten. Man darf seine Neugierde nicht verlieren, sonst geht die Energie weg», sagte das Kreativgenie einst.

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