Deutschland

Tagebau Hambach soll eine gigantische Wasser-Batterie werden

Lesezeit: 2 min
21.08.2019 17:16
Im Tagebau Hambach soll eine gigantische Wasserbatterie entstehen, um überschüssige Wind- und Sonnenenergie zu speichern.
Tagebau Hambach soll eine gigantische Wasser-Batterie werden
Am Tagebau Hambach in Nordrhein-Westfalen soll eine riesige Wasserbatterie gebaut werden. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Tagebau Hambach, wo man seit dem Jahr 1978 jährlich rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut hat, stand immer wieder in der Kritik. Umweltschützer kritisierten unter anderem die Rodung des Hambacher Forsts. Heimatschützer kritisierten die Zerstörung von 1.000 Jahre alten Ortschaften wie Manheim. Und Klima-Aktivisten kritisieren den CO2-Ausstoß durch die Verbrennung der hier geförderten Kohle.

Doch nun soll das durch den Kohleabbau entstandene sogenannte "Hambacher Loch" zu einer Art gigantischer Wasserbatterie werden, wie die FAZ berichtet. Ziel ist es, überschüssigen Wind- und Solarstrom zu speichern, da diese erneuerbaren Energiequellen nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen.

Auf diese Weise könnte der Betreiber des größten deutschen Tagebaus, die RWE Power AG, der Energiewende in Deutschland zum Durchbruch verhelfen, sagen die beiden pensionierten Physikprofessoren Horst Schmidt-Böcking aus Frankfurt und Gerhard Luther aus Saarbrücken, die das Projekt vorantreiben.

So funktioniert die Wasserbatterie

Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) in Kassel haben bereits im November 2016 erfolgreiche Tests mit einer Wasserbatterie durchgeführt. Sie ließen eine Beton-Hohlkugel von fast drei Meter Durchmesser auf den Grund des Bodensees in rund 100 Meter Tiefe hinab.

Die Wasserbatterie auf dem Grund des Bodensees funktioniert, indem eine in die Außenhülle eingebaute Turbine den überschüssigen Strom einsetzt, um die Kugel leer zu pumpen. Wenn man zu einem späteren Zeitpunkt Energie benötigt, so öffnet man ein Ventil. Das Wasser strömt dann auch aufgrund der Wassertiefe mit hohem Druck zurück in die Betonkugel und treibt auf diese Weise eine Turbine an, sodass Strom erzeugt werden kann.

Bei den Versuchen mit der Kugel konnten die Kasseler Forscher die hohe Effizienz ihres Konzepts belegen. Es gelang ihnen, fast 90 Prozent der in der Wasserbatterie gespeicherten Energie anschließend wieder nutzen zu können. Zum Vergleich: Beim Power-to-Gas-Verfahren liegt dieser Wert nur bei 30 Prozent. Hier erzeugt man mit dem zu speichernden Strom Wasserstoff, beziehungsweise das in einem weiteren Arbeitsschritt hergestellte Methan, und speist dies ins Gasnetz oder in große Erdkavernen ein.

Riesiger Energiespeicher im Tagebau Hambach

Beim "Hambacher Loch" will man in 450 Meter Tiefe eine Betonkonstruktion aufstellen und den Hohlraum anschließend mit Wasser füllen. Damit der riesige Betonkörper mit einer Grundfläche von einem mal vier Kilometer und einer Höhe von 100 Metern dem darauf lastenden Wasserdruck standhält, will man ihn aus mehreren Zellen zusammensetzen.

Durch ein Rohrsystem soll das Wasser zu den Turbinen strömen, die am tiefsten Punkt des Betonbauwerks installiert werden. Die Turbinen pumpen das Wasser aus dem Hohlkörper in den umgebenden See, und durch sie kann das Wasser später zur Stromgewinnung wieder zurückströmen.

Die Professoren Horst Schmidt-Böcking und Gerhard Luther haben das mögliche Speicherpotential einer solchen Wasserbatterie überschlägig berechnet. Demnach könnte man bei einem Zyklus mehr als 270 Gigawattstunden elektrische Energie speichern. Dies entspricht etwa dem Achtfachen dessen, was derzeit alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen speichern können.

Bei einer Höhe des Betonhohlkastens von 200 Metern würde die Speicherkapazität rund 480 Gigawattstunden betragen. Und wenn man das Loch auf 1.000 Meter vertieft und die Breite der Sohle verdoppelt, so ergäbe sich mit einem 300 Meter hohen Hohlkasten sogar eine Speicherkapazität von 4.000 Gigawattstunden.

Die Kosten lägen nach Angaben der Professoren je nach Größe der Anlage zwischen einem und zwei Cent je Kilowattstunde, was bei Strompreisen beim Endverbraucher von aktuell um die 30 Cent je Kilowattstunde vertretbar erscheint. Die Betonbauer von Hochtief, die auch schon für die Bodensee-Kugel zuständig waren, sollen bereits Interesse an der Entwicklung des Großprojekts gezeigt haben. Doch es seien noch zahlreiche Detailfragen zu klären, etwa, woher das Speicherwasser kommen soll.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...