Mit seiner Äußerung, „es ist in Ordnung, wenn bei uns die Löhne aktuell stärker steigen als in allen anderen EU-Ländern“, hat Finanzminister Wolfgang Schäuble sich direkt in die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie eingemischt und den Gewerkschaften den Rücken gestärkt. „Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht übertreiben. Das rechte Maß müssen wir wahren", fügte er hinzu. Auf der Arbeitgeberseite trifft Wolfgang Schäubles Aussage jedoch nicht volle Zustimmung. Im Gegenteil, sie wird teilweise auch kritisiert.
„Dass es Lohnerhöhungen geben wird, steht außer Frage“, sagt der Arbeitgeberverband Gesamtmetall den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. „Wir haben gerade ein Angebot vorgelegt, dass den von den Gewerkschaften definierten Verteilungsspielraum ausschöpft.“ Zwar habe der Bundesfinanzminister zu Recht darauf hingewiesen, dass das rechte Maß gewahrt bleiben muss, aber „die Tarifparteien brauchen keine Belehrung aus der Politik, egal von welcher Seite“, so der Arbeitgeberverband Gesamtmetall. „Der sensible Prozess des Aushandelns der Löhne durch die Tarifparteien kann durch Einmischung von außen nur beschädigt und gestört werden."
Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist für eine Beteiligung der Beschäftigten am Gewinn, wenn ein Unternehmen erfolgreich ist. Dennoch plädieren sie für „eine Fortsetzung der differenzierten und flexiblen Tarifpolitik, die sich am Maßstab der Produktivitätsentwicklung orientiert“, sagte ein Sprecher der BDA den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Man dürfe zudem auch nicht vergessen, dass sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland deutlich verlangsame und der Produktionsfortschritt erheblich zurückgehe. „Auch von der Staatsschuldenkrise in Europa gehen weitere erhebliche Risiken aus“, fügte der BDA-Sprecher hinzu.
Bei den derzeit laufenden Tarifrunden fordert beispielweise die IG Metall für die bundesweit ca. 3,6 Millionen Beschäftigten in der Elektro- und Metallindustrie 6,5 Prozent mehr Lohn. Die Chemie-Gewerkschaft IG BCE verlangt bundesweit 6,0 Prozent mehr Geld.