US-Präsident Donald Trump hat ein Programm zum Schutz von Kindern illegaler Einwanderer gekippt. Das von Trumps Vorgänger Barack Obama eingeführte Verfahren bewahrt knapp 800.000 junge Erwachsene, die als Kinder illegal in die USA gekommen sind, vor der Ausweisung. Trump ordnete am Dienstag die schrittweise Abschaffung dieser Regelung an und gab dem von seinen Republikanern dominierten Kongress sechs Monate Zeit, um über das Schicksal der Betroffenen zu entscheiden. Demokraten, Bürgerrechtler, Unternehmen wie JPMorgan Chase und Facebook sowie Mexikos Regierung kritisierten Trumps Vorgehen. Von dem Programm "Deferred Action for Childhood Arrivals" ("DACA") profitieren vor allem Mexikaner.
Die DACA-Schützlinge werden in den USA auch "Dreamer" genannt. Sie machen nur einen kleinen Teil der rund elf Millionen illegalen Migranten in den USA aus, waren aber besonders ins Visier von radikalen Einwanderungsgegnern im konservativen Lager geraten. Obama hatte DACA, durch das "Dreamer" eine Arbeitserlaubnis bekommen, per Dekret und ohne Beteiligung des Kongresses durchgesetzt. Diese Verordnung wird von den meisten US-Rechtsexperten als nicht legal angesehen, weil der Kongress laut Verfassung für die Regelung der Einwanderung zuständig ist. Der Präsident kann die Kompetenz des Kongresses nicht mit einer Verordnung umgehen.
Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte die Verordnung erlassen, weil er, ähnlich wie Trump, nicht in der Lage gewesen war, den Kongress zu einer überparteilichen Zusammenarbeit zu bewegen.
Justizminister Jeff Sessions sagte am Dienstag, Obama habe damit seine Befugnisse überschritten. "Dreamer" seien keine "schlechten Leute", betonte er. Im Sinne eines rechtmäßigen Einwanderungssystems, das den nationalen Interesse diene, könnten die USA aber nicht alle ins Land lassen. "Das wäre eine Politik der offenen Grenzen, die das amerikanische Volk zu Recht abgelehnt hat."
Trump überließ die Erläuterungen zum DACA-Ende zwar Sessions, legte aber kurz darauf nach: "Ich möchte nicht Kinder, von denen die meisten inzwischen erwachsen sind, für die Taten ihrer Eltern bestrafen", erklärte der Präsident. Aber es müsse auch anerkannt werden, dass die USA nur als ein Land mit Gesetzen ein Land der Chancen seien. Trump hatte sich schon zuvor grundsätzlich positiv über die Dreamer geäußert, die nach allgemeiner Einschätzung einen wichtigen Beitrag zum Funktionieren der amerikanischen Gesellschaft leisten.
Trump sagte am Dienstag zu der Entscheidung: "Ich habe ein großes Herz für die Leute, von denen wir reden – eine große Liebe für sie. Und die Leute denken in Bezug auf Kinder, aber sie sind wirklich junge Erwachsene. Ich habe eine Liebe für diese Leute, und hoffentlich wird der Kongress in der Lage sein, ihnen zu helfen und es richtig zu machen. Und ich kann Ihnen nach Gesprächen mit Mitgliedern des Kongresses sagen, sie wollen in der Lage sein, etwas zu tun und es richtig zu machen. Und wirklich, wir haben keine Wahl. Wir müssen in der Lage sein, etwas zu tun, und ich denke, es wird sehr gut funktionieren. Und langfristig wird es die richtige Lösung sein."
Barack Obama schrieb auf Facebook, es gebe keine rechtliche Notwendigkeit für Trumps Vorgehen. "Es handelt sich um eine politische Entscheidung und eine moralische Frage." Gleich, welche Probleme Amerikaner auch mit Einwanderung haben könnten, sollte man nicht diese Gruppe ins Visier nehmen. Schließlich seien die jungen Leute ohne eigenes Zutun in den USA, stellten keine Bedrohung dar und nähmen niemandem etwas weg.
Trumps Entscheidung könnte laut Reuters durch republikanische Justizminister von neun Bundesstaaten beeinflusst worden sein. Sie hatten unter der Führung des Ressortchefs aus Texas, Ken Paxton, mit einer Klage gegen DACA gedroht, sollte Trump nicht gegen das Programm vorgehen.
Vor dem Weißen Haus demonstrierten Dutzende Menschen gegen das Ende von DACA. Trumps Schritt dürfte vor allem die US-Bevölkerung mit lateinamerikanischen Wurzeln noch stärker gegen Trump aufbringen. Mexiko kritisierte die Abschaffung von DACA scharf und versprach, betroffenen Bürgern verstärkt zu helfen.
Die demokratische Oppositionsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, sprach von einem "beschämenden Akt politischer Feigheit". Der republikanische Präsident der Kongresskammer, Paul Ryan, forderte die Abgeordneten auf, sich um eine langfristige Lösung für die betroffenen Menschen zu bemühen. Die Republikaner haben zwar beide Kammern unter Kontrolle, sind sich aber gerade in Einwanderungsfragen uneins.
Kritik an der DACA-Abschaffung kam auch von Gewerkschaften sowie von führenden US-Unternehmen: JPMorgan-Chef Jamie Dimon sagte, wer zum Lernen in die USA komme, hart arbeite und der Gemeinschaft etwas zurückgebe, müsse bleiben dürfen.