Der Chef der EU-Grenzschutzbehörde Frontex, Fabrice Leggeri, hat vor steigenden Flüchtlingszahlen auf der westlichen Mittelmeer-Route von Marokko nach Spanien gewarnt. "Wenn Sie mich fragen, was meine größte Sorge derzeit ist: Dann sage ich Spanien", sagte Leggeri der "Welt am Sonntag".
Allein im Juni seien in Spanien etwa 6000 irreguläre Grenzübertritte gezählt worden. "Wenn die Zahlen dort so steigen wie zuletzt, wird sich dieser Weg zum wichtigsten entwickeln", sagte Leggeri.
Bislang war Spanien nach Italien und Griechenland der drittwichtigste Ankunftsort für Menschen, die über das Mittelmeer versuchen nach Europa zu gelangen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren 2017 mehr als 22.400 Flüchtlinge an den spanischen Küsten gelandet - fast drei Mal so viele wie 2016.
Bei etwa der Hälfte der in Spanien ankommenden Flüchtlinge handele es sich um Marokkaner, die anderen stammten aus westafrikanischen Ländern, sagte Leggeri. Weil die gefährliche Route über Libyen immer "schwieriger zu benutzen" sei, werde den Menschen im Transitland Niger von den Schleusern seit einigen Monaten "ein alternatives Angebot zu Libyen gemacht: der Weg über Marokko nach Europa", sagte Leggeri.
Der Frontex-Chef begrüßte den Beschluss des EU-Gipfels Ende Juni, Migranten in neu zu errichtenden Aufnahmelagern außerhalb der EU unterzubringen. Bislang könnten die Schleuser davon ausgehen, dass die Migranten nach ihrer Rettung nach Europa gebracht zu werden. "Wenn es diesen Automatismus nicht mehr gibt, können wir das kriminelle Geschäftsmodell erfolgreich bekämpfen", sagte Leggeri.
Dass die Route über Libyen schwieriger zu benutzen sei, habe sich auch bei Migranten und Schleusern herumgesprochen, sagte Leggeri. Im Transitland Niger werde den Menschen daher seit einigen Monaten angeboten, statt über Libyen via Marokko den Weg nach Europa zu suchen. Auf der Route zwischen Marokko und Spanien schleusten kriminellen Netzwerke dort nicht nur Migranten, sondern versuchten, mit deren Hilfe im großen Stile Drogen zu schmuggeln. Fast die Hälfe aller Rauschgiftfunde von Frontex an den EU-Außengrenzen seien in Marokko und Spanien gemacht worden - rund 65 Tonnen.