Südkoreas Wirtschaft ist im ersten Quartal wegen der schwächeren Nachfrage aus China und sinkenden Investitionen so stark geschrumpft wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt sank von Januar bis März um 0,3 Prozent zum Vorquartal, wie die Notenbank am Donnerstag in Seoul mitteilte. Das kommt überraschend: Von Reuters befragte Ökonomen waren von einem Wachstum von 0,3 Prozent ausgegangen – was einmal mehr zeigt, wie irrelevant solche Prognosen sind.
"Die Wirtschaft befindet sich in einer schwierigen Lage", sagte Finanzminister Hong Nam Ki. "Aber das zweite Quartal wird besser ausfallen als das erste, und die zweite Jahreshälfte besser laufen als die erste“, behauptete Hong.
Die viertgrößte Volkswirtschaft Asiens leidet unter der schwächeren Nachfrage nach ihren Produkten aus dem Ausland. Die Exporte fielen im ersten Quartal um 2,6 Prozent, nicht zuletzt wegen der schlechter laufenden Geschäfte mit Asiens Nummer Eins China. Auch bekommt Südkorea den Abschwung in der wichtigen Speicherchip-Branche zu spüren. Dies ist auch für die Weltwirtschaft signifikant, weil Südkorea zu den führenden Herstellern von Halbleiterprodukten gehört.
Unternehmen wandern zudem in billigere Länder ab. LG Electronics kündigte an, seine Smartphone-Produktion in Südkorea aufzugeben und diese stattdessen von Vietnam aus zu betreiben. Die Investitionen der Unternehmen brachen in den ersten drei Monaten um fast elf Prozent ein.
An den Finanzmärkten wird damit gerechnet, dass die Zentralbank mit einer Lockerung der Geldpolitik auf die Konjunkturschwäche reagieren wird. Billigeres Geld kann Investitionen und Konsum anregen. Die Landeswährung Won wertete auf den schwächsten Wert seit gut zwei Jahren ab. Der Aktienmarkt beendete den Handel mit einem Kursverlust von rund 0,5 Prozent.
Südkoreas Präsident Moon Jae In steht seit Monaten aufgrund seiner umstrittenen Wirtschaftspolitik in der Kritik. Dieses Jahr hat Moons Regierung den Mindestlohn um elf Prozent erhöht, nachdem er bereits 2018 mit 16 Prozent drastisch angehoben worden war. Gleichzeitig befindet sich die Arbeitslosenrate auf dem höchsten Stand seit neun Jahren.
Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Realmeter von Anfang April sind die Beliebtheitswerte des linksgerichteten Präsidenten auf 47,5 Prozent gesunken. Vor einem Jahr erhielt hatte er noch über 77 Prozent an Unterstützung innerhalb der Bevölkerung.