Finanzen

Die fieberhafte Jagd nach dem ewigen Gold-Mythos

Lesezeit: 4 min
07.09.2019 17:31  Aktualisiert: 07.09.2019 17:37
Ein polnischer Hobby-Forscher hat in den vergangenen Jahren mit seiner fieberhaften Jagd nach dem sagenumwobenen Goldzug der Nazis die internationalen Schlagzeilen bestimmt. Auch wenn er nichts fand, bleibt das Thema für alle faszinierend.
Die fieberhafte Jagd nach dem ewigen Gold-Mythos
Illustration: Timo Würz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

„In der Nähe der niederschlesischen Stadt Walbrzych steht ein Mausoleum, das die Nazis zwischen 1936 und 1938 erbaut haben,“ weist Piotr Koper auf seiner Facebook-Seite auf einen aktuellen Artikel vom lokalen Stadtportal hin. „Es war Bestandteil eines Programms, das die Errichtung von spektakulären Ehrenmälern für Tote in ganz Deutschland vorgesehen hatte“, so der polnische Hobby-Historiker.

„Die lokalen Behörden in Polen wissen jetzt allerdings nicht, was sie nun damit machen sollen“, schrieb Koper auf seiner Fan-Seite, von denen er reichlich hat: So kommunizieren auf diesem Sozialem Medium weit mehr als 2.100 Freunde mit dem polnischen Hobby-Historiker.

Koper ist immer noch fasziniert von Relikten aus der Nazi-Zeit, von denen es in der polnischen Wojewodschaft Dolnośląsk (dem ehemaligen Niederschlesien) sehr viele gibt. Der Freizeit-Forscher gehört wohl zu den bekanntesten Polen. Denn Koper hat gemeinsam mit seinem deutschen Kompagnon Andreas Richter (auch ein Geschichtsenthusiast) hier in der Gegend mehrere Jahre lang fieberhaft den sagenhaften Gold-Zug der Nazis gesucht.

Damit hat er nicht nur zuhause bei den hiesigen Medien, sondern sogar bei der internationalen Presse eine vielachtete Karriere gemacht. Der einheimische Nachrichtensender TVN24 richtete sogar eine eigene Rubrik über ihn ein. Darüber hinaus füllte Koper die Bericht-Spalten der wichtigsten westlichen Zeitungen wie dem deutschen „Spiegel“, dem französischen „Le Figaro“, aber auch der „New Yorker Times“. Sie alle wollten unbedingt wissen, wo das Nazi-Gold versteckt ist. Der Medienhype, den Koper losgetreten hatte, elektrisierte letztlich alle. So kamen viele Touristen in die Gegend, um zu sehen, wie weit die Grabungen sind.

Hintergrund: Der Legende nach sollen die deutschen Machthaber gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vom damaligen Breslau aus (heute: Wroclaw) einen Sonderzug nach Südwesten geschickt haben, der aber nie sein Ziel erreicht hat. Die Fracht: 300 Tonnen Gold, das aus Raub und Industriegütern stammte.

Eine erstaunliche Zahl, wenn man bedenkt, dass die aktuellen Goldreserven Polens gerade einmal bei 228 Tonnen liegen. Wenn die Polen den Zug tatsächlich einmal entdecken und den Schatz ihrer Nationalbank zur Verfügung stellen, dann würden sich ihre Reserven weit mehr als verdoppeln. Auf der internationalen Weltrangliste würde das Land auf den neunten Platz vorspringen. Derzeit befindet es sich auf dem 20. Rang – also ein gewaltiger Satz. Der Schatz hätte demnach eine erhebliche politische Bedeutung – auch für das heutige Polen noch.

Doch das ist nicht der einzige Fakt, der zur Goldsuche reizt. Der Zug soll dann in einem versteckten Tunnelsystem namens „Riese“ verschwunden sein, das sich über mehrere Kilometer im Erdreich erstreckte. Es war ein Mega-Projekt, das die Nazis nie fertig gestellt hatten. Und was sie damit genau vorhatten, weiß man bis heute nicht– ähnlich wie beim Ehrenmal in Walbrzych. Einer Theorie zufolge sollte die Anlage ein riesiges Bunkersystem werden, das bis zu 20.000 Personen Platz bietet – überwiegend wichtigen Vertretern des Nazisystems.

So ist es auch kein Wunder, dass Koper und sein deutscher Partner von dieser Legende so fasziniert waren, dass sie den sagenumwobenen Zug unbedingt finden wollten. Wie sehr sie davon überzeugt waren, wird auch daran deutlich, dass sie zehn Prozent des Fundes für sich beanspruchten – und zwar offiziell per Anwalt.

Die Suche erwies sich dann mühseliger als erwartet, weil die beiden doch tiefer bohren mussten. Darüber hinaus schossen die Kosten in Höhe. Auch bezweifelten aktuellen Gutachten von polnischen Wissenschaftlern, dass der Zug existiert.

Sein deutscher Partner Schmidt verließ schließlich 2018 das Grabungsteam, Koper machte zwar noch weiter – alles aber ohne Erfolg. Die Legende vom sagenhaften Nazi-Gold bleibt aber in den Köpfen, weil sie nach wie vor nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat. Möglicherweise fängt irgendwann einmal wieder jemand an, danach zu suchen. Es muss nur etwas Zeit vergehen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...