Technologie

Millionen sensibler Daten und Bilder von Patienten im Internet aufgetaucht

Lesezeit: 2 min
17.09.2019 15:01  Aktualisiert: 17.09.2019 15:05
Berichten zufolge sollen Millionen sensibler Patientendaten im Internet auf ungesicherten Servern aufgetaucht sein. Etwa 13.000 Datensätze deutscher Patienten und Patientinnen sollen darunter sein.
Millionen sensibler Daten und Bilder von Patienten im Internet aufgetaucht
Foto: Matthias Balk

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mammografien, Wirbelsäulenbilder oder Herzschrittmacher: Hochsensible medizinische Daten, unter anderem von Patienten aus Deutschland und den USA, sind auf ungesicherten Servern gelandet. Es gehe um die Daten mehrerer Millionen Patienten weltweit, wie der Bayerische Rundfunk (BR) am Dienstag berichtete. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erklärte, die Patientendaten seien zugänglich, weil "einfachste IT-Sicherheitsmaßnahmen" nicht umgesetzt worden seien.

In Deutschland sind mehr als 13.000 Datensätze von Patienten betroffen, gut die Hälfte davon mit Bildern, wie Recherchen des BR mit der US-Investigativplattform ProPublica ergaben. Die Unterlagen waren demnach noch bis vergangene Woche zugänglich; die deutschen Datensätze stammen von mindestens fünf verschiedenen Standorten, zum größten Teil aus dem Raum Ingolstadt und aus Kempen in Nordrhein-Westfalen.

Die Bilder seien mit vielen personenbezogen Informationen versehen: Geburtsdatum, Vor- und Nachname, Termin der Untersuchung und Informationen über den behandelnden Arzt oder die Behandlung selbst.

Weltweit ist die Dimension den Recherchen zufolge deutlich größer, in rund 50 Ländern von Brasilien über die Türkei bis Indien sollen 16 Millionen Datensätze offen im Netz sein. Besonders betroffen seien Patienten aus den USA.

Wenn Patienten in einer MRT-Röhre untersucht werden, entstehen zwei- und dreidimensionale Bilder vom Körperinneren. Diese werden auf einen speziellen Server geschickt, der für die Bildarchivierung verwendet wird, ein so genanntes "Picture Archiving and Communication System" (PACS). Auch Röntgenaufnahmen und Bilder aus der Computertomographie landen auf diesen Servern, wie der BR berichtete.

Sind die Server nicht ausreichend gesichert, sei es trivial, an die Daten heranzukommen, sagte der Experte für Informationssicherheit, Dirk Schrader, dem Sender. Er habe die Investigativ- und Datenjournalisten des Bayerischen Rundfunks kontaktiert, nachdem er weltweit mehr als 2300 Rechner mit Datensätzen gefunden habe.

Schrader spricht von einem Zugriff nahezu in Echtzeit: "Bei den Systemen, die ich überprüft habe, hatte ich den Eindruck, dass ich im Zweifelsfall sogar in der Lage wäre, früher als der Arzt auf das Bild zuzugreifen."

Das BSI erklärte, es sei informiert worden und habe die betroffenen medizinischen Einrichtungen anhand der vorliegenden IP-Adressen in Kenntnis gesetzt. Dem Amt lägen keine Informationen vor, dass die Patientendaten in krimineller Absicht abgeflossen sind.

BSI-Präsident Arne Schönbohm erklärte: "Wenn selbst bei so sensiblen Daten wie Röntgenaufnahmen, Mammografien oder MRT-Bildern grundlegende IT-Sicherheitsmaßnahmen missachtet werden, zeigt das, dass IT-Sicherheit noch immer nicht den Stellenwert einnimmt, den sie verdient."

Der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, warnte vor möglichen Folgen: "Sie möchten nicht, dass ein Arbeitgeber, ein Versicherungskonzern, eine Bank diese Daten kennt und ihnen keinen Vertrag oder keinen Kredit gibt." Diese Daten gehörten "nicht in die Hände Dritter".

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach forderte im SWR hohe Strafen bei Datenlecks in Krankenhäusern. Die Kliniken müssten ein zertifiziertes Datenschutzkonzept vorlegen. Der Linken-Gesundheitspolitiker Achim Kessler forderte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, das Recht der Patienten "auf Schutz ihrer Daten ins Zentrum stellen, statt die Interessen der Digitalkonzerne durchzusetzen". Die Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink forderte: "Datenschutz und Datensicherheit müssen in unserem Gesundheitswesen so selbstverständlich werden wie Händewaschen."

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach von einem "Warnsignal", das Spahn nicht ignorieren dürfe. Sie warnte ihn davor, Versichertendaten "nach Jahrmarktprinzip zu verteilen und der Digitalwirtschaft einen Milliardenmarkt" zu sichern.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Panorama
Panorama Länder drängen Bund zur Handlung bezüglich des Deutschlandtickets
18.04.2024

Verkehrsminister erhöhen den Druck auf Bund und Länder in Finanzierungsstreit um Deutschlandticket.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldvermögen privater Haushalte hat einen neuen Höchststand erreicht
18.04.2024

Die gestiegenen Kurse an den Aktienmärkten und die erhöhten Sparzinsen haben zusammen dazu geführt, dass das Geldvermögen der deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Tarifverhandlungen 2024 könnten Preisanstieg befeuern - es droht Inflationsspirale
18.04.2024

Die anstehenden Tarifverhandlungen in den großen Industrien bedrohen die Preisstabilität in Deutschland: Eine IW-Studie sieht das...

DWN
Politik
Politik Festnahmen in Bayern: mutmaßliche Agenten mit Russlandverbindungen
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel bedroht Mittelstand mehr als teure Energie
18.04.2024

Ein Mangel an geeignetem Personal ist für viele Firmen in Deutschland Alltag. Im Mittelstand ist der Fachkräftemangel laut einer neuen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes trotzt dem Trend: Jetzt soll sogar ein Maybach-Van die Besserverdiener locken
18.04.2024

Das Interesse an Elektro-Fahrzeugen in Deutschland ist verhalten. Während VW und Tesla das bei den Zulassungszahlen bemerken, nutzen die...

DWN
Politik
Politik Warum Kürzungen in der Flüchtlingspolitik nicht hilfreich sind
18.04.2024

Immer mehr Politiker und Wirtschaftsexperten fordern eine Neuanpassung der Asylpolitik. Aktuell finden kontroverse Maßnahmen wie...