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Das Wichtigste für den Mittelstand ist eine stabile Eigenkapitalquote

Lesezeit: 4 min
14.09.2020 12:06  Aktualisiert: 14.09.2020 12:06
Einer der Hauptgründe für die Stabilität des deutschen Mittelstands ist die hohe Eigenkapitalquote. Auch die Tatsache, dass viele Unternehmen in Familienbesitz sind, ist offenbar ein Plus. Doch im Bereich der Digitalisierung weist der Mittelstand Defizite auf.
Das Wichtigste für den Mittelstand ist eine stabile Eigenkapitalquote
08.07.2020, Berlin: Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, hält nach der Pressekonferenz zum Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ein Plakat mit der Aufschrift "Überbrückungshilfen für den Mittelstand" in den Händen. (Foto: dpa)
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Einer Studie des BDI zufolge sind 95 Prozent der Unternehmen des Deutschen Mittelstands Familienunternehmen. Diese Unternehmen zeichnen sich besonders durch eine stabile Eigenkapitalquote aus, was ein wichtiger Faktor für die Stabilität eines Unternehmens ist. 2013 betrug die Eigenkapitalquote der industriellen Familienunternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Jahresumsatz durchschnittlich etwa 40 Prozent. “Unser Wirtschaftsmodell basiert auf den mittelständischen familiengeführten Unternehmen. Völlig zu Recht werden sie als ,Motor’ unserer Volkswirtschaft bezeichnet”, so das Wirtschaftsministerium in einer Mitteilung.

Christoph Müller von der Executive School of Management, Technology & Law der Universität St.Gallen sagte im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, dass die Kraft des Mittelstands in Deutschland, Österreich und in der Schweiz (DACH-Raum) vor allem im “industriellen Mittelstand” liegt. Das unterscheidet die Region von allen anderen Regionen in der Welt. “Aber selbst VW ist ja mitunter mittelständisch geführt und als Familienunternehmen anzusehen”, so Müller.

Da der Deutsche Mittelstand regional verwurzelt ist, investieren die Unternehmen des Mittelstands vor allem in den Regionen, aus denen sie ursprünglich herkommen. Am Ende steht eine hohe Beschäftigungszahl zuhause in Verbindung mit Exporten ins Ausland. Im Jahr 2014 investierten sie 80,2 Prozent ihres Investitionsvolumens für Sachanlagen im Inland. Mehr als acht von zehn Unternehmen investieren ausschließlich in Deutschland, so der BDI.

Ein weiteres Merkmal ist, dass der Deutsche Mittelstand exportorientiert ist. Etwa 80 Prozent der Unternehmen mit mindestens 50 Millionen Euro Jahresumsatz exportierten im Jahr 2014 ihre Waren und Dienstleistungen ins Ausland.

Risikofaktoren und Chancen des Mittelstands

Müller sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, dass eine Schwarzmalerei im Zusammenhang mit dem Erfolg des Mittelstands Fehl am Platz sei. “Jetzt eine Krise zu diagnostizieren, halte ich aber nicht für zutreffend, eher von Überauslaustung zu Normalauslastung”, meint er. Die Risikofaktoren für den Deutschen Mittelstand seien hingegen der Fach- und Führungskräftemangel, der internationale Protektionismus und die Energiekosten- und versorgung.

Grundsätzlich bescheinigt er dem Deutschen Mittelstand positive Zukunftsaussichten, “denn die Unternehmer und Mitarbeiter sind kreativ, initiativ, tüchtig und erfolgreich weltweit unterwegs. Es gilt aber die genannten Risikofaktoren von oben zu beachten und rechtzeitig zu handeln.”

Der Deutsche Mittelstand zeichnet sich weltweit insbesondere durch die sogenannten “Hidden Champions” aus. “Hidden Champions erwirtschaften in der Regel einen Jahresumsatz von maximal drei Milliarden Euro und sind der allgemeinen Öffentlichkeit nicht bekannt”, so Springer-Autor Christian Hilz im Buch “Psychologie der Wirtschaft”. Hilz zufolge erzielt der Deutsche Mittelstand sein Wachstum vor allem durch “Fokussierung, Innovation, Marktbesetzung, dezentrale Entscheidungen, Autonomie, Kundennähe, Leistungsträgern unter den Mitarbeitern und Globalisierung”, berichtet Springer Professional. Entscheidend sei vor allem eine “starke” Führungsebene.

Familienunternehmen erfolgreicher als Dax-Konzerne

Und dabei sind die deutschen Familienunternehmen des Mittelstands offenbar wesentlich erfolgreicher als die Dax-Konzerne. Das geht zumindest aus einer Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hervor. Bei den größten 500 Familienunternehmen stieg die Beschäftigung in den Jahren 2007 bis 2016 um 27 Prozent auf 2,54 Millionen Menschen.

“Die 27 Dax-Unternehmen, die keine Familienunternehmen sind, konnten die Beschäftigung hingegen nur um vier Prozent auf 1,55 Millionen steigern”, heißt es in der Studie. Im Durchschnitt stieg der Umsatz der mittelständischen Familienunternehmen bei den 500 stärksten Familienunternehmen laut Studie um 3,7 Prozent pro Jahr im untersuchten Zeitraum. Bei den gegenübergestellten Dax-Unternehmen nahm er um durchschnittlich rund drei Prozent zu. Unter den Top 500 tauchen auch die Dax-notierten Familienunternehmen Merck, Beiersdorf und Henkel auf.

Nach Angaben des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn gehören etwa 3,7 Millionen Unternehmen zum Deutschen Mittelstand. Das sind 99,6 Prozent aller Unternehmen der Privatwirtschaft in Deutschland. Etwa 60 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Unternehmen des Deutschen Mittelstands. 95 Prozent der Unternehmen dieser Klasse sind einer Studie des BDI zufolge mittelständisch.

Digitalisierung des Deutschen Mittelstands

Eine große Herausforderung stellt für den Deutschen Mittelstand die Digitalisierung. Doch einer Studie der staatlichen Förderbank KfW zufolge schreitet sie allmählich voran. Der Untersuchung zufolge haben 30 Prozent der 3,76 Millionen Mittelständler zwischen 2015 und 2017 Geld in den Einsatz neuer oder verbesserter digitaler Technologien gesteckt. Im Vergleich zur vorangegangenen Befragung (2014-2016) stieg der Anteil der “Digitalisierer” den Angaben zufolge um vier Prozentpunkte auf gut 1,1 Millionen.

Rund 15 Milliarden Euro gab der Mittelstand im Jahr 2017 der Studie zufolge für Digitalisierungsvorhaben aus. Das sei eine leichte Steigerung zu den zuvor investierten 14 Milliarden Euro. Allerdings brachten die mittelständischen Unternehmen zugleich mehr als das Elffache für Neuinvestitionen unter anderem in Maschinen und Gebäude auf (169 Milliarden Euro).

Ein Drittel der kleineren und mittleren Firmen sind aus Sicht der Studienautoren “ausgesprochene Nachzügler”. Selbst grundlegende digitale Anwendungen seien bei ihnen nur unterdurchschnittlich verbreitet. Die Vorreiter machten nur knapp ein Fünftel der Mittelständler aus.

Je größer die Unternehmen sind, umso mehr stecken sie der Studie zufolge in entsprechende Projekte. Das berge die Gefahr, dass sich künftig eine Schere zwischen kleinen und großen, stark digitalisierten Unternehmen auftue, warnte die KfW.

“Die künftige Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands hängt in erheblichem Umfang davon ab, dass ihm die Digitalisierung gelingt und moderne, zukunftsfähige Geschäftsmodelle entstehen”, so KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Zwar gebe es Fortschritte, “allerdings bleiben einige Baustellen, an denen die Wirtschafts- und Bildungspolitik ansetzen muss”. Als Beispiele nannte Zeuner fehlende IT-Kenntnisse, mangelnde Qualität der Internetverbindung sowie Fragen zur Datensicherheit oder Probleme bei der Unternehmensorganisation.

Mit den Herausforderungen der technologischen Transformation beschäftigt sich auf Bundesebene der Digitalrat. Das zehnköpfige Gremium mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung soll die Regierung beim Umgang mit dem digitalen Wandel beraten.

 


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