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Geldwäsche-Berichte lassen Aktien von Deutscher Bank & Co einbrechen

Lesezeit: 2 min
21.09.2020 09:14  Aktualisiert: 21.09.2020 09:14
Medienberichte über Geldwäsche bei mehreren internationalen Großbanken setzen der Deutschen Bank zu. Die Banken sollen in den vergangenen Jahren trotz Anzeichen für Geldwäsche große Summen verdächtigen Geldes bewegt haben.
Geldwäsche-Berichte lassen Aktien von Deutscher Bank & Co einbrechen
Frankfurt/Main: Wolken ziehen über die Zentrale der Deutschen Bank. (Foto: dpa)
Foto: Arne Dedert

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Medienberichte über massive Verfehlungen im globalen Kampf gegen Geldwäsche haben die Deutsche Bank und andere große Institute in Europa und den USA unter Druck gesetzt. Die Aktien der Geldhäuser verloren am Montag deutlich an Wert. Anleger fürchten sich vor weiteren Geldbußen und einem Imageverlust für die ohnehin durch die Corona-Krise gebeutelten Banken.

Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Vorstandschef Christian Sewing habe eine Verantwortung für die Vorgänge, die ein paar Jahre zurückliegen. Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums sind alle nun veröffentlichten Fälle bei den deutschen Banken aufgearbeitet und die erforderlichen Konsequenzen bereits gezogen worden.

Ein Recherche-Netzwerk unter Führung des Online-Magazins "BuzzFeed" berichtete unter Berufung auf umfangreiche Datensätze aus dem US-Finanzministerium, Banken aus aller Welt hätten jahrelang trotz strenger Vorschriften Risikokunden aus dem kriminellen Milieu akzeptiert und für sie Überweisungen in Milliardenhöhe ausgeführt. Die Vorgänge seien zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung gemeldet worden.

Die Aktien der Deutschen Bank fielen um rund acht Prozent und gehörten zu den größten Verlierern im Dax. Die Titel von HSBC und Standard Chartered rutschten in London auf den tiefsten Stand seit über zwei Jahrzehnten. An der Wall Street gaben JPMorgan und Bank of New York Mellon je rund drei Prozent nach. Die Institute gehören zu den Banken, deren Namen häufig in den "FinCEN-Files" auftaucht.

"Der Gestank von Korruption und Geldwäsche wird noch lange Zeit über den größten Banken schweben", sagte Chefanalyst Neil Wilson vom Brokerhaus markets.com. Noch sei unklar, inwieweit die Vorwürfe neu seien und ob sie durch bereits erfolgte Strafen der Aufsichtsbehörden abgedeckt seien. Diese Berichte könnten zu einer Flut von Rechtsansprüchen gegen Banken führen, sagte der für Wirtschaftskriminalität zuständige Anwalt Sam Tate von der Kanzlei RPC. Die US-Kanzlei Labaton Sucharow kündigte bereits an, sich die Dokumente mit Bezug zur Deutschen Bank genau anzuschauen und gegebenfalls zu klagen.

"KONSTRUIERT UND FALSCH"

Die Deutsche Bank wies den Vorwurf zurück, Sewing sei für die späte Aufdeckung der in den Berichten genannten Geschäfte verantwortlich. "Diese Andeutung ist konstruiert und falsch", sagte Banksprecher Jörg Eigendorf zu Reuters TV. In seiner Zeit in der Konzernrevision, für die er vor seiner Berufung zum Chef im April 2018 jahrelang verantwortlich war, habe er die Abteilung neu aufgestellt. Die Bank habe viel Geld in den Ausbau interner Kontrollen zur Vermeidung von Geldwäsche investiert und die Zahl der Mitarbeiter seit 2013 um 1000 auf 1500 erhöht. "Wir nehmen den Kampf gegen Geldwäsche und natürlich auch gegen Kapitalflucht sehr, sehr ernst." Die gemachten Vorwürfe seien nicht neu und der Bank und den Aufsehern bekannt. Das Institut hat bereits mehrere hundert Millionen Dollar an Strafen für Verfehlungen im Kampf gegen Geldwäsche gezahlt.

Auch die Commerzbank wies die Berichte zurück. Laut "BuzzFeed News Deutschland" sind in den Dokumenten insgesamt rund zwei Milliarden Euro verdächtiger Zahlungen der Commerzbank zu finden. Die genannten Themen seien bekannt und beruhten auf Verdachtsmeldungen, die die Commerzbank überwiegend im Zeitraum 2010 bis 2016 an die Aufsichtsbehörden getätigt habe, erklärte das Frankfurter Institut. Seit 2015 sei das globale Compliance Management personell verstärkt worden und die Bank habe mehr als 800 Millionen Euro investiert.

Die in der britischen Finanzmetropole London ansässigen Banken HSBC und Standard Chartered sowie die US-Institute JP Morgan und Bank of New York Mellon erklärte, die Vorgänge seien bereits bekannt und man habe den Kampf gegen Geldwäsche intensiviert. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin und die Europäische Zentralbank (EZB) wollten sich nicht äußern.

"INTERNATIONALES VORGEHEN NOTWENDIG"

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte eine schärfere Strafverfolgung. "Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht, dass nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondern Täter-Banken im Fall von Rechtsverletzungen als Ganzes zur Rechenschaft zieht - bis hin zum Lizenzentzug", sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Notwendig sei auch ein gemeinsames Vorgehen mit anderen Ländern. "Die internationale Uneinigkeit spielt den gewissenlosen Akteuren gewiss in die Hände."

Insgesamt waren an der Recherche 110 Medien aus 88 Ländern beteiligt, aus Deutschland waren NDR, WDR, und "Süddeutsche Zeitung" dabei. Insgesamt durchforsteten die Redakteure 2100 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen aus den Jahren 2000 bis 2017 im Gesamtvolumen von über zwei Billionen Dollar.


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