Die Ölproduktion hat sich seit der teilweisen Aufhebung einer Blockade der Energieanlagen des OPEC-Mitglieds Libyen in der vergangenen Woche auf 250.000 Barrel pro Tag fast verdreifacht, berichtet Bloomberg. Die staatliche National Oil Corporation (NOC) erlaubte die Wiederaufnahme der Exporte in den Häfen von Hariga, Brega und Zueitina. Vier weitere Ölhäfen sind noch geschlossen, darunter Es Sider und Ras Lanuf - der größte und drittgrößte des Landes - und Zawiya, der Rohöl aus Libyens größtem Feld, Sharara, liefert.
Die Produktion in Libyen, der Heimat der größten Rohölreserven Afrikas, sank im Januar von 1,2 Millionen auf weniger als 100.000 Barrel pro Tag, nachdem Söldner-General Chalifa Haftar, der die östliche Region des Landes kontrolliert, die Energieinfrastruktur blockiert hatte. Goldman Sachs Group prognostiziert, dass die Produktion bis Ende des Jahres auf 550.000 Barrel pro Tag steigen wird. Analysten von Bloomberg Intelligence gehen davon aus, dass die Produktion im vierten Quartal eine Million Barrel pro Tag erreicht - was den Druck auf die Ölpreise erhöht, die bereits von der Coronavirus-Pandemie eingebrochen waren.
Die Menge an zusätzlichem Öl, die das Land exportieren kann, hängt davon ab, wie schnell Bohrlochköpfe, Pipelines und Lagertanks repariert werden können, welche während des Konflikts vernachlässigt oder beschädigt wurden.
Ölpreise sinken deutlich
Die Ölpreise hatten am Freitag erneut nachgegeben. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete gegen Mittag rund 39 US-Dollar - und damit etwa 4 Prozent weniger als am Donnerstag. Auch der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank um etwa 4 Prozent auf rund 37 Dollar. Damit hat der Trend im Vergleich zum Vorabend wieder gedreht. Die Corona-Krise lastet weiterhin auf der Nachfrage nach Rohöl. Auch gab es in den vergangenen Tagen Berichte über eine erhöhte Ölförderung im Iran – neben Libyen. Damit würde auch auf der Produktionsseite der Druck auf den Preis ansteigen.
Commerzbank-Rohstoffexperte Eugen Weinberg zeigte sich angesichts dieser Gemengelage wenig überrascht, „dass die Ölpreise im September auf Monatssicht erstmals seit April im Minus schlossen.“ Der negative Einfluss der Pandemie überwog damit die zuletzt positiven Signale vom US-Arbeitsmarkt. Auch der schwächere Dollarkurs und die im Zuge der Hoffnung auf ein zweites US-Konjunkturpaket gestiegenen Kurse am Aktienmarkt konnten die Stimmung beim Rohöl zuletzt nicht aufhellen.