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GameStop-Aktie: Kleinanleger zwingen große Hedgefonds in die Knie

Lesezeit: 3 min
28.01.2021 16:20  Aktualisiert: 28.01.2021 16:20
Was sich derzeit an den US-Börsen abspielt, sucht seinesgleichen. Horden von Kleinanlegern zwingen gemeinsam große Hedgefonds in die Knie und rufen damit sogar die Börsenaufsicht und das Weiße Haus auf den Plan.
GameStop-Aktie: Kleinanleger zwingen große Hedgefonds in die Knie
Der Schriftzug einer GameStop-Filiale ist an einem Gebäude angebracht. (Foto: dpa)

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--- Update Mittwoch 16:20 Uhr ---

GameStop-Aktien gehen an der Wall Street auf Berg und Talfahrt, nachdem die auf Kleinanleger spezialisierten Online-Handelsplattformen Robinhood und Interactive Brokers den Handel mit einigen zuletzt durch große Kurssprünge aufgefallene Titel einschränkten, darunter GameStop und Blackberry. GameStop-Papiere schwanken stark und hatten bereits mehrere Handelsunterbrechungen.

Somit können Kleinhändler die Aktien von GameStop nun nicht mehr kaufen, sondern lediglich verkaufen, was offensichtlich den Hedgefonds helfen soll, die massive Wetten gegen den Kurs der Aktie zu laufen haben. Damit stellen sich die Betreiber der Robinhood-App klar auf die Seite der Finanzeliten und gegen die eigenen Kunden.

Auf Twitter wird daher kritisiert, dass Robinhood den freien Aktienhandel behindert beziehungsweise manipuliert. Einige Kommentatoren sprechen sogar von einem kriminellen Vorgehen. Andere prophezeien das Ende von Robinhood, das eigentlich die "Demokratisierung der Finanzen für alle" versprochen hat.

--- Ende Update ---

Der Ausnahmezustand am US-Finanzmarkt hält an: Auch am Donnerstag gingen die außergewöhnlichen Kurskapriolen bei den Aktien des Videospiel-Händlers GameStop und anderer Unternehmen weiter. Börsenaufsicht und Finanzministerium sind aufgeschreckt, die Rufe nach strikterer Regulierung werden wegen der hohen Verlustrisiken lauter. Derweil wurden noch mehr Aktien von kriselnden Unternehmen, gegen die professionelle Investoren wie Hedgefonds wetten, zu Spekulationsobjekten kleinerer Anleger, die sich im Internet organisieren. Was steckt hinter dem Hype?

Niedrige Handelsgebühren, Absprachen in Online-Foren und YouTube-Tutorials haben in der Pandemie einen Börsenboom ausgelöst, bei dem eine neue Generation von Kleinanlegern Aktien angeschlagener Firmen in ungeahnte Höhen katapultiert. Dieses Phänomen war in der Vergangenheit bereits bei Unternehmen wie dem Autovermieter Hertz zu beobachten, doch erst durch das Extrembeispiel GameStop erhält es nun die ganz große Aufmerksamkeit. Die seit Tagen schon massiv schwankenden GameStop-Papiere verloren zum Handelsstart am Donnerstag 25 Prozent, nachdem sie am Mittwoch um 135 Prozent zugelegt hatten.

Der Computerspielhändler ist nicht das einzige Unternehmen, um das derzeit in extremer Weise an der Börse gezockt wird. Die Aktien der weltgrößten Kinokette AMC etwa, die kürzlich noch als Pleitekandidat galt, eröffneten 30 Prozent schwächer. Sie hatten am Vortag allerdings um mehr als 300 Prozent zugelegt. Als wichtiger Grund für die Gegenbewegung am Donnerstag gilt, dass einige Handelsplattformen wie die bei Kleinanlegern beliebte Robinhood-App die Firmen wegen der Kurskapriolen vorübergehend ausschlossen. Dies betraf auch andere Unternehmen wie den Kopfhörerhersteller Koss oder den strauchelnden Smartphone-Pionier Blackberry, die ebenfalls mit starken Kursschwankungen in den Spekulationsstrudel gerieten.

Besonders am Rummel um GameStop lässt sich gut erkennen, welche Dimension der Hype angenommen hat. Aus Sorge vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren die Aktien des Unternehmens noch 2020 bei einem Rekordtief von 2,57 Dollar zu haben gewesen. Doch seit Mitte Januar kannten die Papiere trotz teils starker Schwankungen bis zuletzt eigentlich nur noch eine Richtung - steil nach oben. Als maßgeblicher Faktor hinter der Kursrally gilt ein relativ neues Phänomen am US-Aktienmarkt, bei dem sich massenhaft Kleinanleger in Foren etwa auf den Chat-Plattformen Reddit oder Discord im Stil von Flashmobs zusammentun, um gezielt bestimmte Aktien zu kaufen.

Dank eines nicht zuletzt von der Wertpapierhandels-App Robinhood ausgelösten Preiskriegs zwischen Online-Brokern, der die Gebühren massiv hat sinken lassen, hat sich der Aktienhandel in den USA gerade bei vielen Jüngeren während der Corona-Krise zu einer Art Volkssport entwickelt. Hinzu kommt, dass auch riskantere Transaktionen etwa mit Optionen, bei denen beispielsweise nur Bruchteile des Werts eines Anteilsscheins gehandelt werden, inzwischen viel stärker der breiten Bevölkerung und nicht mehr nur Finanzprofis zugänglich sind.

So gehört etwa GameStop zu den Aktien, die jüngst stark auf der Online-Plattform Reddit diskutiert wurden. Ein Hobby der Community ist es zudem, durch konzertierte Aktionen professionelle Investoren aus dem Markt zu drängen, die auf fallende Kurse spekuliert haben. Bei GameStop kam es zuletzt zu einem regelrechten Kräftemessen mit Hedgefonds, bei dem sich die Kleinanleger zumindest vorerst durchsetzen konnten. Ganz neu ist das Phänomen indes nicht. Bereits seit Jahren gibt es Social-Trading-Plattformen, auf denen sich Nutzer austauschen, um gemeinsam Kaufideen zu entwickeln.

Die Kursturbulenzen sorgten in der Finanzwelt zur Wochenmitte für große Aufregung, das «Wall Street Journal» schrieb gar von einem «Krieg», der zwischen Hedgefonds und Amateurhändlern ausgebrochen sei. Viele Online-Broker hatten angesichts des regen Betriebs am Markt technische Probleme. Forderungen nach einem Handelsstopp wurden laut, um die Lage zu beruhigen. Die Börsenaufsicht SEC teilte mit, die Situation genau im Blick zu haben und kündigte eine Untersuchung an. Eine Sprecherin des Weißen Hauses erklärte beim Presse-Briefing, dass auch ein Team des Finanzministeriums die Lage beobachte.

Zuletzt soll auch der auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sehr präsente Tesla-Chef Elon Musk mit einem Tweet zu GameStop und einem Link zu den Reddit-Nutzern die jüngste Rally angefacht haben. Analysten warnen derweil, dass der massive Kursanstieg nichts mit der Realität zu tun habe. Experte Jens Rabe etwa meint, der Höhenflug der GameStop-Aktien schade dem Ansehen der Börse, da der Vorgang als «Zockerei» wahrgenommen werde. Er fordert ein Durchgreifen der Aufsichtsbehörden, da Aktien kleiner Firmen als Spielball missbraucht werden könnten.


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