Politik

Gaddafi: Die Flüchtlinge nach Europa sind das Resultat von Kolonialismus und Diebstahl

Lesezeit: 3 min
19.06.2021 12:00  Aktualisiert: 19.06.2021 12:00
Im Jahr 2009 hielt der damalige libysche Präsident Muammar al-Gaddafi eine Rede vor der UN. Er sagte, dass die Afrikaner nach Europa ziehen würden, weil die Europäer die Länder dieser Menschen kolonisiert und ihre Rohstoffe gestohlen hätten – „das Erdöl, Mineralien, Uranium, Gold, Diamanten, Früchte, Gemüse, Vieh und Leute“.
Gaddafi: Die Flüchtlinge nach Europa sind das Resultat von Kolonialismus und Diebstahl
Ein Portrait des ehemaligen libyschen Präsidenten Muammar al-Gaddafi. (Foto: dpa)
Foto: Mohamed Messara

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am 23. September 2009 hielt der ehemalige Präsident Libyens, Muammar al-Gaddafi, eine Rede vor der UN-Vollversammlung. Die Rede wird in Abschnitten wiedergegeben:

„Wieso gehen Afrikaner nach Europa? Wieso ziehen Asiaten nach Europa? Wieso kommen Lateinamerikaner nach Europa? Weil Europa diese Bevölkerungen kolonisiert hat und deren Rohstoffe und Arbeitskräfte gestohlen hat – das Erdöl, Mineralien, Uranium, Gold, Diamanten, Früchte, Gemüse, Vieh und Leute. Nun macht sich eine neue Generation von Afrikanern, Asiaten und Lateinamerikanern auf, um diesen verlorenen Reichtum zurückzuholen. Vor Kurzem haben wir 1000 afrikanische Emigranten festgehalten, die auf dem Weg nach Europa waren. Wir fragten sie, warum sie nach Europa gehen wollten? Sie sagten, es wäre, um ihren verlorenen Reichtum zurückzuholen – ansonsten würden sie nicht gehen. Wer kann die Reichtümer, die von uns genommen wurden, zurückgeben? Sollten diese Reichtümer wiederhergestellt werden, dann gäbe es keine Immigration mehr von den Philippinen, Lateinamerika, Mauritius und Indien. Afrika hat Anspruch auf $777 Milliarden Dollar als Kompensation der kolonisierenden Länder. Afrika wird auf diesem Betrag bestehen, und falls er ihnen nicht gegeben wird, werden Afrikaner dorthin gehen, wo diese Reichtümer hingebracht worden sind. Sie haben das Recht, diesem Reichtum zu folgen und ihn zurückzubringen.“

„Dann ging es um das ehemalige Jugoslawien. Niemand war friedsamer als Jugoslawien, nachdem es, Schritt für Schritt seit Hitlers Zerstörung, wieder aufgebaut wurde. Tito fügte dieses friedfertige Land zusammen, Stück für Stück, und dann kamen wir und haben es aus imperialistischen Gründen auseinander gerissen, gleich wie Hitler. Wie können wir dazu keine Stellung nehmen? Warum können wir nie zufrieden sein? Wird ein friedfertiges Land wie Jugoslawien einer solchen Tragödie ausgesetzt, sollte die Generalversammlung eine Untersuchung einleiten, um herauszufinden, wer vor den internationalen Gerichtshof gebracht werde sollte. Dann kommt der Krieg im Irak, das grösste aller Unheile. Die UNO sollte das auch untersuchen. Die von Mr. Treki geführte Generalversammlung sollte das auch untersuchen. Die Besetzung von Irak war auch ein Verstoss gegen das Mandat der UNO. Es wurde ohne Rechtfertigung, von UNO-Sicherheitsratsmitgliedern mit permanentem Sitz ausgeführt. Der Irak ist ein unabhängiges Land und ein Mitglied der UNO-Generalversammlung. Wie konnten diese Länder den Irak angreifen? Wie in der UNO-Verfassung festgelegt ist, hätten die UNO-Mitglieder eingreifen müssen, um den Angriff zu stoppen.“

„Es ist einfach, Charles Taylor, Bashir oder Noriega zu verurteilen, das ist schnell gemacht. Aber diejenigen, die Massenmorde gegen den Irak verübt haben? Die können nicht vor den Internationalen Gerichtshof kommen. Wenn dieses Gericht uns nicht anhören kann, dann sollten wir es nicht respektieren. Entweder ist es für alle da, oder wir sollten es nicht anerkennen. Jeder, der Kriegsverbrechen begeht, kann vor den Internationalen Gerichtshof kommen. Wir sind aber kein Vieh, dass man einfach schlachten kann. Wir haben das Recht zu leben und wir sind bereit, uns zu verteidigen. Wir haben das Recht, in Würde auf diesem Planeten zu Leben.“

„Diese Sitzung findet in einem Moment grosser Herausforderungen statt und die Welt sollte sich verbünden, um zusammen diese Herausforderungen, die unseren grössten, gemeinsamen Feind darstellen, wie Klimawandel, die internationale Krisen des Zerfalls des kapitalistischen Wirtschaftssystems, oder die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, die Verwüstung, Terrorismus, Einwanderung, Piraterie, künstliche und natürliche Epidemien und Atomproliferation, zu überwinden. Vielleicht ist die H1N1 Grippe ein ausser Kontrolle geratener Virus, der in Militärlabors ursprünglich für Kriegszwecke entwickelt wurde.“

„Wie können wir zufrieden sein mit dem Weltfrieden und der globalen Sicherheit, wenn die ganze Welt von 15 Ländern kontrolliert wird? Wir sind 192 Länder und wir sind wie Speakers’ Corner in Londons Hyde Park. Wir sprechen einfach und niemand kümmert sich darum was gesagt wird. Wir sind reine Dekoration ohne Substanz. Wir sind Redner wie im Speaker’s Corner, nicht mehr, nicht weniger. Wir halten Reden und dann verschwinden wir.“

„Die Supermächte haben komplizierte, globale Interessen und sie benutzen das Vetorecht, um diese Ziele zu verteidigen. Im Sicherheitsrat benutzen sie zum Beispiel die Macht der UNO, um die Dritte Welt einzuschüchtern, zu terrorisieren und verdammen sie zu einer Existenz unter dem Terror.

Seit seiner Gründung 1945 hat der Sicherheitsrat es nicht geschafft, Sicherheit zu gewährleisten. Im Gegenteil, er hat Terror und Sanktionen hervorgebracht. Er wird nur gegen uns benutzt. Aus diesem Grunde sehen wir uns nach dieser Rede zum vierzigsten Jahrestag nicht mehr verpflichtet, die Resolutionen des Sicherheitsrates anzuerkennen. 65 Kriege; entweder kleine Länder, die sich gegenseitig bekämpfen, oder Kriege der Supermächte, die gegen uns geführt wurden. Der Sicherheitsrat, mit eindeutigem Verstoss gegen das Mandat der UNO, hat es versäumt einzuschreiten, um diese Kriege gegen kleine Länder zu stoppen.“

„Wir werden alle Sicherheitsratsresolutionen ignorieren, weil diese Resolutionen ausschliesslich gegen uns gerichtet sind und nicht gegen die Supermächte, welche permanente Sitze und das Vetorecht haben. Diese Mächte benutzen das Vetorecht nie gegeneinander. Sie benutzen es jedoch gegen uns, und das hat die UNO in eine Travestie verwandelt, die Kriege und Verstösse gegen das Hochheitsrecht unabhängiger Staaten befürwortet. Es hat zu Kriegsverbrechen und Völkermorden geführt. All dies stellt ein Verstoss gegen das Mandat der UNO dar.“

„Die Urteile des Internationalen Gerichtshofes, die internationalen juridischen Institutionen, haben nur kleine und Dritte Welt-Länder im Visier. Mächtige Länder werden entweder vom Gerichtshof übersehen oder die Urteile werden nicht eingehalten.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsch-chinesische Beziehung: So reagiert China auf Scholz’ Besuch
16.04.2024

Die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach China hat in den vergangenen Tagen die chinesischen Medien beschäftigt. Zum Abschluss seiner...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft IWF-Wachstumsprognose 2024: Deutschland bleibt weltweites Schlusslicht
16.04.2024

Für Deutschland hat der IWF in seiner neuen Prognose keine guten Nachrichten: Sie dürfte auch 2024 unter allen Industriestaaten am...

DWN
Politik
Politik Modernste Raketenabwehrsysteme: So schützt sich Israel gegen Luftangriffe
16.04.2024

Hunderte Raketen und Kampfdrohnen hatte der Iran am Wochenende nach Israel gefeuert. Dass dieser Angriff vergleichsweise glimpflich...

DWN
Politik
Politik 365 Tage Schwarz-Rot in Berlin - weder arm noch sexy!
16.04.2024

Niemand war wohl mehr überrascht als Kai Wegner (CDU), dass er vor genau einem Jahr wie „Kai aus der Kiste" Regierender Bürgermeister...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenabbau wegen KI: Jetzt trifft es auch die Hochqualifizierten
16.04.2024

Der zunehmende Einsatz von KI verändert viele Branchen grundlegend und wird in Zukunft eine Reihe von Berufen überflüssig machen. Davon...

DWN
Politik
Politik Engpass bei Stromversorgung: Oranienburg zeigt Deutschland die Grenzen auf
16.04.2024

Noch ist es ein Einzelfall: Die Kleinstadt Oranienburg, nördlich von Berlin, kommt dem Bedarf ihrer Kunden nicht mehr umfänglich nach....

DWN
Politik
Politik Scholz in China: Deutliche Worte bei Xi zum Ukraine-Krieg und Klimaschutz
16.04.2024

Auf der letzten Etappe seiner China-Reise traf Bundeskanzler Scholz seinen Amtskollegen Präsident Xi Jinping. Bei ihrem Treffen in Peking...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenrückgang: DAX im Korrekturmodus - Was Anleger wissen müssen
16.04.2024

Der DAX hat die Woche mit einer Erholung gestartet, doch diese wurde schnell zunichte gemacht. Die Unsicherheit an den Börsen erreicht ein...