Versagen der Behörden - Glücksspielstaatsvertrag in Verzug
Wer zu später Stunde auf Spartensendern unterwegs ist, bekommt bereits die volle Dröhnung an Glücksspielwerbung. Anbieter wie Hyperino, DrückGlück oder Wunderino lassen die Walzen drehen und locken mit vielversprechenden Bonusangeboten in die virtuellen Spielbanken. Oftmals ist das mit dem Hinweis versehen, dass das Angebot nur für Spieler mit Wohnsitz in Schleswig-Holstein gilt. Doch bald ist das Geschichte, denn der deutsche Glücksspielmarkt ändert sich grundlegend.
Seit Sommer 2021 gilt der neue Glücksspielstaatsvertrag, welcher für eine bundesweite Legalisierung des Glücksspiels sorgt. Denn das bedeutet nicht nur, dass Werbung für Glücksspiel bald auch im Hauptprogramm zu sehen sein wird: Vorher waren Online-Glücksspiele in großen Teilen Deutschlands illegal, lediglich Schleswig-Holstein vergab seit 2012 Lizenzen an Online-Casinos. Trotz dessen gab es in Deutschland viele Spieler, die bei Glücksspielanbietern aus Malta, Gibraltar oder Großbritannien zockten. Nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen gab die Politik nun den deutschen Markt frei, um das Spielverhalten der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken. Am 1. Juli 2021 trat der Glücksspielstaatsvertrag in Kraft, welcher den Schwarzmarkt eindämmen und wieder Ordnung ins Chaos bringen sollen.
Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages
Der Glücksspielstaatsvertrag, auch GlüStV genannt, sorgt für eine bundeseinheitliche Regelung des Glücksspiels. Unter anderem wird es eine offizielle deutsche Lizenz geben, welche die legalen Online-Casinos kennzeichnet. Diese Lizenz können jedoch nur Glücksspielanbieter erwerben, die sich an die strengen Maßnahmen des Glücksspielstaatsvertrages halten. So gibt es rund 30 Neuregelungen, mit denen der Jugend- und Spielerschutz ausgebaut werden soll. Auch die Suchtprävention spielt dabei eine tragende Rolle. Doch selbst ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden noch keine Lizenzen vergeben.
Glücksspielaufsichtsbehörde nicht einsatzbereit
Seit Juli 2021 gilt der neue Glücksspielstaatsvertrag, doch viel passiert ist noch nicht. Die Einhaltung des Gesetzes soll eine Behörde übernehmen, die bis dato nur auf dem Papier existiert. Die sogenannte „Gemeinsame Glücksspielaufsichtsbehörde der Länder“ sollte theoretisch Anfang 2021 aktiv werden. Doch aufgrund „zeitlicher Fehleinschätzungen“ wird die Behörde voraussichtlich erst 2023 vollständig einsatzbereit sein. Bis dahin übernimmt das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) die Prüfung und Genehmigung der Lizenzen. Hinzu kommt, dass es bis zu fünf Jahre dauern kann, bis eine solche Behörde eingespielt ist und alle Prozesse reibungslos ablaufen. Daher können wir wahrscheinlich erst 2028 mit einer funktionierenden Glücksspielbehörde rechnen.
Zahlreiche Lizenzanträge – Glücksspielbehörde kommt nicht hinterher
Die Verfahrensrichtlinien und Antragsformulare für die deutsche Lizenz waren zwar schon im Mai 2021 online einsehbar. Die Anträge selbst konnten jedoch erst mit Inkrafttreten des Gesetzes eingereicht werden. Ein gutes halbes Jahr später haben mehr als 50 Glücksspielanbieter eine Lizenz für virtuelle Spielautomaten beantragt, während weitere sieben Anträge für die Veranstaltung von virtuellen Pokerrunden eingegangen sind. Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt ist dabei für die Lizenzvergabe und die Kontrolle des Marktes zuständig. Ein Großteil der Anträge ging bereits im Juli 2021 bei der Behörde ein, doch bisher hat noch kein Anbieter eine Lizenz erhalten.
Zeitliche Befristung der Konzessionen sorgt für eine zweite Antragswelle
Sollten die Glücksspielkonzessionen für Online-Automatenspiele, Online-Poker und Sportwetten erstmals genehmigt sein, gelten diese für fünf Jahre. Daraufhin erfolgt eine erneute Prüfung der Glücksspielanbieter, dass bedeutet in ein paar Jahren wird die Glücksspielaufsichtsbehörde von einer zweiten Genehmigungswelle überrollt. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Lizenzvergabe dann schneller vonstattengeht. Die zweite Genehmigung gilt dann für weitere 7 Jahre, es sei denn, ein Glücksspielanbieter ist negativ aufgefallen. In diesem Fall können auch kürzere Laufzeiten vergeben werden.
Ursachen für die langsame Umsetzung des GlüStV
Als Ursache für den zeitlichen Verzug der Glücksspielbehörde kann unter anderem ein Personalmangel verantwortlich sein. So wird bezweifelt, dass innerhalb der kurzen Zeit genügend Fachpersonal eingestellt werden konnte. Des Weiteren wurde infrage gestellt, ob die provisorische Glücksspielbehörde in Sachsen-Anhalt über das notwendige technische Equipment verfügt. Die Behörde muss etwa die Finanzströme zwischen Anbietern und Spielern nachverfolgen und illegale Aktivitäten wie Geldwäsche untersuchen können. Daher wurde schon mehrfach gefordert, mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zusammenzuarbeiten, da diese über die nötige Ausstattung verfügt.
Fazit
Während zahlreiche Online-Casinos noch auf ihre deutsche Lizenz warten, haben die illegalen Anbieter die Möglichkeit, ihre Marktanteile noch weiter auszubauen. Schließlich handelt es sich um einen riesigen Schwarzmarkt, wobei viele Verbraucher gar nicht wissen, dass es sich um illegale Angebote handelt. Da sowohl Anbieter als auch Spieler bereits über ein halbes Jahr auf eine Lizenz und somit legale Spielangebote warten, ist es nicht verwunderlich, dass einige Spieler zu den unregulierten Online-Casinos abwandern. Somit hat die lange Wartezeit schon jetzt eines der Hauptziele des Glücksspielstaatsvertrages in Gefahr gebracht. Ob die Eindämmung des Schwarzmarktes überhaupt möglich sein wird, wird die Zeit zeigen. Da im Rahmen des GlüStV jedoch viele Einschränkungen für die Spieler beschlossen wurden, ist Erfüllung des Ziels eher fraglich.
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Quelle: pexels