Finanzen

Weltgrößter Hedgefonds wettet massiv gegen europäische Unternehmen

Lesezeit: 3 min
25.06.2022 21:48  Aktualisiert: 25.06.2022 21:48
Der weltgrößte Hedgefonds Bridgewater Associates von Ray Dalio hat Wetten gegen europäische Unternehmen in zweistelliger Milliardenhöhe abgeschlossen.
Weltgrößter Hedgefonds wettet massiv gegen europäische Unternehmen
Ray Dalio, Gründer von Bridgewater Associates, beim Jahrestreffen des World Economic Forum in Davos am 22. Januar 2015. (Foto: dpa)
Foto: Laurent Gillieron

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Bridgewater Associates, der weltgrößte Hedgefonds von Milliardär Ray Dalio, hatte bereits in der letzten Woche Wetten gegen die Aktien von 18 europäische Unternehmen im Umfang von insgesamt 5,7 Milliarden Dollar abgeschlossen. Diese Woche hat der Hedgefonds, der rund 150 Milliarden Dollar verwaltet, diese massive Wette gegen europäische Unternehmen aus der Vorwoche nun fast verdoppelt.

Wie Bloomberg berichtet hat Bridgewater Associates inzwischen Leerverkäufe in Höhe von insgesamt 10,5 Milliarden Dollar gegen europäische Unternehmen abgeschlossen. Damit ist der Umfang der Wetten des Hedgefonds gegen Europa auf den höchsten Stand seit zwei Jahren gestiegen. Alle 28 europäischen Unternehmen, gegen die Bridgewater Wetten abgeschlossen hat, sind Teil des Index Euro Stoxx 50.

Leerverkäufer verkaufen geliehene Wertpapiere, um diese später wieder zurückzukaufen. Profite machen sie mit diesem Handel, wenn die Kurse in der Zwischenzeit fallen. Nachdem die US-Notenbank eine Zinswende vollzogen hat und die Europäische Zentralbank nachgezogen hat, steigen nun die Zinsen, und zudem die Inflation zuletzt weiter Fahrt aufgenommen, was die Wahrscheinlichkeit einer Rezession zusätzlich erhöht.

Möglicherweise zielt Bridgewater mit den Wetten gegen europäische Unternehmen auf reinen Profit ab. Doch es ist ebenso möglich, dass die Leerverkäufe Teil einer breiteren Absicherungsstrategie sind. Im Interview mit Bloomberg sagte letzte Woche Greg Jensen, Co-Chief Investment Officer des Hedgefonds, dass der Ausverkauf bei Aktien im Vergleich zu der Rallye der letzten zehn Jahren noch gering sei. Zu den europäischen Wetten von Bridgewater wollte er sich nicht äußern.

Ein von S&P Global ermittelter Indikator für die Wirtschaftstätigkeit im Euroraum ist im Juni auf ein 16-Monats-Tief gefallen, was auf die ausufernde Inflation, Sorgen über die Energieversorgung und steigende Kreditkosten zurückzuführen ist. Die Kosten für Energie und viele Grundnahrungsmittel sind zuletzt in die Höhe geschnellt.

Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone hat sich angesichts steigender Preise stark verlangsamt. Deutschland hat zuletzt sogar davor gewarnt, dass die hohen Gaspreise einen Zusammenbruch der Energiemärkte auslösen könnten, und zieht damit eine Parallele zur Rolle von Lehman Brothers bei der Auslösung der Finanzkrise.

Da die Energieversorger wegen der hohen Preise Verluste hinnehmen müssen, besteht für die lokalen Versorger und ihre Kunden, einschließlich der Verbraucher und Unternehmen, die Gefahr einer Ansteckung, sagte der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag, nachdem er die Gasrisikostufe auf die zweithöchste Alarmstufe angehoben hatte.

Die aktuellen Leerverkäufe von Bridgewater gegen europäische Unternehmen sind die höchsten seit dem Jahr 2020, als der Hedgefonds eine Position in Höhe von 14 Milliarden Dollar gegen europäische Unternehmen aufgebaut hatte, und davor im Jahr 2018, als der Hedgefonds eine Position in Höhe von 22 Milliarden Dollar aufgebaut hatte.

Das manager magazin hat den jeweiligen Umfang der Shortpositionen für die inzwischen 29 europäischen Unternehmen zusammengestellt, gegen die Bridgewater Associates in den letzten beiden Wochen Leerverkäufe aufgebaut hat, darunter elf Dax-Konzerne (in der Übersicht fett hervorgehoben). Das Magazin weist darauf hin, dass der Hedgefonds gegen alle Banken im Index Euro Stoxx 50 wettet, aber gegen keinen einzigen Autokonzern.

  1. ASML - 1,179 Milliarden Euro
  2. Total Energies - 780 Millionen Euro
  3. Sanofi - 642 Millionen Euro
  4. SAP - 594 Millionen Euro
  5. Allianz - 453 Millionen Euro
  6. Siemens - 432 Millionen Euro
  7. Air Liquide - 428 Millionen Euro
  8. Schneider Electric - 396 Millionen Euro
  9. Iberdrola - 379 Millionen Euro
  10. Bayer - 360 Millionen Euro
  11. BNP Paribas - 342 Millionen Euro
  12. Vinci - 316 Millionen Euro
  13. Banco Santander - 291 Millionen Euro
  14. Enel - 273 Millionen Euro
  15. Axa - 262 Millionen Euro
  16. Adyen - 251 Millionen Euro
  17. BASF - 237 Millionen Euro
  18. ING - 233 Millionen Euro
  19. Intesa Sanpaolo - 218 Millionen Euro
  20. Deutsche Post - 217 Millionen Euro
  21. Safran - 201 Millionen Euro
  22. Infineon - 193 Millionen Euro
  23. Münchener Rück - 188 Millionen Euro
  24. Deutsche Börse - 185 Millionen Euro
  25. Danone - 172 Millionen Euro
  26. Adidas - 167 Millionen Euro
  27. BBVA - 163 Millionen Euro
  28. Vonovia - 153 Millionen Euro
  29. Kone - 97 Millionen Euro

Die tatsächliche Summe, mit der Bridgewater gegen europäische Unternehmen wettet, könnte im Übrigen sogar noch höher sein. Denn Hedgefonds müssen nach den geltenden EU-Finanzmarktregeln nur jene ihrer Leerverkäufe offenlegen, die größer als 0,5 Prozent des Aktienkapitals des jeweiligen Unternehmens sind.

Der weltgrößte Hedgefonds Bridgewater Associates ist dafür berühmt, dass es ihm gelang während der Großen Finanzkrise im Jahr 2008 Geld zu verdienen, während viele kleinere Firmen und Privatanleger erhebliche Summen in ihren Portfolios verloren. Allerdings hat der Hedgefonds im Corona-Jahr 2020 - trotz seiner gut getimten Leerverkäufe - rund 12,1 Milliarden Dollar verloren.

Als erstes hat die Financial Times am 16. Juni über die Leerverkäufe von Bridgewaters berichtet. Das Blatt schrieb: "Wenn die Wette von Bridgewater Erfolg hat, wird sie zu einem bereits erfolgreichen Jahr 2022 für das Unternehmen beitragen, während viele andere Investoren schmerzhafte Verluste erleiden: Bislang hat Bridgewater in diesem Jahr einen Gewinn von 26,2 Prozent in seinem Flaggschiff-Fonds Pure Alpha erzielt."


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Erholung der deutschen Wirtschaft verzögert sich
29.03.2024

Europas größte Volkswirtschaft kommt nicht richtig in Fahrt. Die Aussichten für die nächsten Monate sind nach Experteneinschätzung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Reiseziele: So manch Überraschung im Sommerflugplan
29.03.2024

Ab Ostern tritt an den deutschen Flughäfen der neue Sommerflugplan in Kraft. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten haben für Sie als Leser...

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...