Weltwirtschaft

Ärgernis für deutschen Handel: Anhaltende Schiffs-Staus in der Nordsee

Lesezeit: 2 min
17.08.2022 17:01  Aktualisiert: 17.08.2022 17:01
Staus großer Containerschiffe dürften die deutschen Nordseehäfen noch länger in Atem halten. Die volle Auswirkung wird erst im zweiten Halbjahr spürbar sein.
Ärgernis für deutschen Handel: Anhaltende Schiffs-Staus in der Nordsee
Ein seltener Anblick: Eine Schiffsladung wird gelöscht. (Foto: dpa)
Foto: Julian Weber

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Staus großer Containerschiffe dürften die deutschen Nordseehäfen noch länger in Atem halten. Da die Zahl der Frachter aus China nach dem Ende der Corona-Lockdowns wieder steige, sei mit größeren Containermengen zu rechnen, sagte Axel Mattern, Vorstandsmitglied des Vereins Hafen Hamburg Marketing am Mittwoch. Gleichzeitig seien die Probleme in den Lieferketten nicht behoben. Das Gefüge aus Logistikunternehmen, Reedereien und Häfen, das vor Ausbruch der Pandemie vor mehr als zwei Jahren gut funktioniert habe, sei aus dem Tritt gekommen. „Dass die Schiffe da draußen liegen, ist in Hamburg nicht anders als vor den Westhäfen.“ Die Engpässe bei der Abfertigung an den Terminals und beim Weitertransport über die Schiene oder per Lastwagen seien auch nicht einfach zu beheben. „Das wird sich, wenn überhaupt, sehr sehr langsam abarbeiten“, fügte Mattern hinzu. Mit einer Verschnaufpause sei nicht zu rechnen.

In der deutschen Bucht warteten zuletzt etwa 40 Containerschiffe mit Ziel Hamburg, Bremen und Bremerhaven. Davon seien gut zwei Dutzend für Hamburg bestimmt, sagte ein Sprecher von Hafen Hamburg Marketing.

Die stark steigenden Mengen stimmen die Marketingorganisation zuversichtlich für den Containerumschlag an den Terminals. „Wir sind für das Gesamtjahr recht positiv, dass wir zumindest nicht wieder runtergehen“, sagte Mattern. Damit dürften wie im vergangenen Jahr rund 8,7 Millionen Container an den Kaimauern bewegt werden. Wann wieder mehr als neun Millionen Container umgeschlagen würden, sei nicht abzusehen. In den ersten sechs Monaten steigerte der Hamburger Hafen trotz gestörter Lieferketten, langen Schiffsstaus und Streiks der Hafenarbeiter die Zahl der Standartcontainer (TEU) um knapp ein Prozent auf 4,4 Millionen Stück. Damit hob sich die Hansestadt von ihren Konkurrenten in Rotterdam, Antwerpen, Bremen und Bremerhaven ab, deren Containerumschlag in diesem Zeitraum stagnierte beziehungsweise schrumpfte. Hamburg baute seinen Marktanteil leicht aus.

Tarifverhandlungen am Montag

Alle Häfen hatten wegen des Ukraine-Kriegs und den Corona-Lockdowns in China mit den Verwerfungen im Schiffsverkehr sowie Problemen beim Abtransport zu kämpfen. Allerdings waren die Folgen in Hamburg in der ersten Jahreshälfte weniger gravierend als befürchtet. Auch die Warnstreiks der Hafenarbeiter im Juni schlugen kaum zu Buche. Ein Sprecher verwies darauf, dass sich die Containerstaus langsam aufgebaut hätten und ihre volle Auswirkung erst im zweiten Halbjahr zeigen dürften. Die Marketingorganisation appellierte an die Gewerkschaft Verdi und die deutschen Seehafenbetriebe, möglichst bald eine Einigung in dem seit Monaten schwelenden Tarifkonflikt zu erzielen. Am Montag sollen die Gespräche zwischen den Tarifparteien in zehnter Runde in Bremen fortgesetzt werden.

Der Gesamtumschlag in Deutschlands größtem Hafen insgesamt schrumpfte in den ersten sechs Monaten um 2,7 Prozent auf 61,8 Millionen Tonnen. Grund waren vor allem die EU-Sanktionen gegen Russland. So sank der Umschlag von Massengut wie Kohle und Erz um knapp neun Prozent auf 17,6 Millionen Tonnen. Der Rückgang hielt sich in Grenzen, weil die Bezugsquellen verlagert wurden. Kohle etwa wurde den Angaben zufolge verstärkt aus anderen Regionen importiert. Aktuell profitiert der Hafen auch davon, dass Massengüter wegen des Niedrigwassers im Rhein über die Schiene transportiert werden. Die Möglichkeiten zur Verlagerung auf die Eisenbahn seien allerdings begrenzt, sagte Mattern

Bis zum Jahresende rechnet die Marketingorganisation des Hamburger Hafens wegen steigender Energiepreise und dem mauen Konsum eher mit einer Abschwächung des Seegüterumschlags. Sollten sich die Lieferketten und die wirtschaftliche Lage jedoch stabilisieren, sei ein Umschlagsergebnis von rund 130 (Vorjahr 128,7) Millionen Tonnen nicht ausgeschlossen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Boom bei Gründungen von KI-Startups in Deutschland
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, entstehen in Deutschland gerade unzählige KI-Startups. Im...

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Frauen in Tech-Berufen: Deutliches Ungleichgewicht trotz wachsender Nachfrage
24.04.2024

Der Frauenanteil in Berufen in den Bereichen Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist laut einer Studie niedrig....

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
24.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU-Lieferkettengesetz: Die neuen Regelungen und ihre Folgen
24.04.2024

Nach langem Ringen gibt es einen offensichtlich mehrheitsfähigen Kompromiss für ein abgeschwächtes europäisches Lieferkettengesetz. Das...