Politik

Macron fordert strategische Autonomie Europas, Abkehr vom US-Dollar

Lesezeit: 3 min
11.04.2023 11:00
Frankreichs Präsident hat während seines Besuchs in China Forderungen aufgestellt, die es in sich haben.
Macron fordert strategische Autonomie Europas, Abkehr vom US-Dollar
Chinas Staatschef Xi Jinping und Frankreichs Präsident Emanuel Macron. Europa brauche strategische Autonomie, so Macron. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Frankreichs Präsident Emanuel Macron hat während seines dreitägigen Besuchs in China bemerkenswerte Forderungen aufgestellt. Wie Politico berichtet, unterstrich Macron mehrfach die Notwendigkeit, dass Europa eine strategische Autonomie gegenüber den anderen großen Machtblöcken USA und China herstellen müsse. Darüber hinaus dürfe sich der Kontinent nicht in die Krisen anderer hineinziehen lassen, sagte Macron.

Macron ging in diesem Zusammenhang auch indirekt auf den Ukraine-Konflikt ein: Europa laufe Gefahr, „in Krisen zu geraten, welche nicht unsere Krisen sind und die es davon abhalten, eine strategische Autonomie zu entfalten“, zitiert Politico Macron. Europa müsse neben den USA und China zu einer eigenständigen „dritten Supermacht“ werden, soll Macron auf dem Flug von Peking in die südchinesische Wirtschaftsmetropole Guangzhou gesagt haben.

Mit Bezug auf den Taiwan-Konflikt sagte Macron: „Das Paradox stellte sich so dar, dass wir in Panik glauben, dass wir nur Amerikas Vasallen sind. Die Frage, die wir Europäer beantworten müssen … liegt es in unserem Interesse, die Taiwan-Krise zu beschleunigen? Nein. Das Schlimmste wäre zu denken, dass wir Europäer in dieser Frage Vasallen werden müssen und unsere Stichworte von der US-Agenda oder einer chinesischen Überreaktion erhalten.“

Die Abhängigkeit Europas von den USA habe zuletzt deutlich zugenommen – insbesondere in den Bereichen Energie und Waffen, so Macron. Europa müsse deshalb die eigenen Rüstungsindustrien aktiv unterstützen.

Abkehr vom Dollar

Bemerkenswert sind zudem Macrons Ausführungen zum Dollar, weil sie neben rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch geopolitische Elemente enthalten.

Frankreichs Präsident fordert, dass Europa seine Abhängigkeit von der „Exterritorialität des US-Dollars“ reduziere. Mit dem Begriff der „Exterritorialität“ verweist Macron auf die politische Instrumentalisierung der Weltleitwährung Dollar durch die US-Regierung. Denn die Nutzung des Dollars eröffnet der US-Justiz weltweit Zugriffsmöglichkeiten auf Marktteilnehmer und die Verhängung von Sanktionen gegen diese.

Lesen Sie dazu: Südost-Asiaten warnen vor Instrumentalisierung des Dollar

Offensichtlich sieht Macron die Gefahr einer Eskalation im Machtkampf zwischen Amerika und China. Mit deutlichen Worten zeichnet er das Bild eines Europas, das zwischen den Blöcken aufgerieben wird: „Wenn sich die Spannungen zwischen den beiden Supermächten aufschaukeln, werden wir weder die Zeit noch die Ressourcen haben, unsere strategische Autonomie zu finanzieren und wir werden zu Vasallen werden“, zitiert Politico Macron.

Derzeit bauen mehrere bedeutende Länder die Abhängigkeit ihrer Volkswirtschaft von der amerikanischen Weltleitwährung ab. Dem Trend, den ursprünglich Russland und China initiiert hatten, schließen sich verstärkt Länder an, die ihre Handelsgeschäfte vor möglichen Sanktionen aus den USA abschirmen wollen. Zuletzt gaben Brasilien und China bekannt, dass sie ihren bilateralen Handelsverkehr künftig in den beiden Landeswährungen - und nicht mehr in Dollar - abwickeln wollen.

Die Politik der De-Dollarisierung stellte eine direkte Reaktion auf die gegen China gerichtete Druckkampagne der Biden-Regierung dar, deren Basis der im Jahr 2018 gestartete Handelskrieg darstellt und die heute auf weitere Felder wie Diplomatie, Hochtechnologie und Militär ausgeweitet wurde.

„Wir befinden uns in einem Dschungel“

Bereits im vergangenen November warnte Macron vor einer Eskalation der zwischen den USA und China herrschenden Spannungen.

Auf dem APEC-Gipfel in Bangkok sagte er: „Wir sind in einem Dschungel und dort gibt es zwei große Elefanten, die immer nervöser werden. Wenn sie sehr nervös sind und einen Krieg beginnen, dann ist das ein Riesenproblem für den Rest des Dschungels. Wir brauchen die Zusammenarbeit vieler anderer Tiere – Tigern, Affen und so weiter.“

Macron fuhr fort: „Bist du auf der Seite der USA oder der Seite Chinas? Denn zur Zeit glauben immer mehr Menschen, dass es zwei Blöcke in dieser Welt gibt. Das ist ein großer Fehler, selbst für die USA und China. Wir brauchen eine einzige globale Ordnung.“

Paris weist Kritik zurück

Eine Sprecherin des Élyséepalasts hat Kritik an den Äußerungen zurückgewiesen. Macron habe oft gesagt, dass Frankreich nicht gleich weit von den USA und China entfernt sei, sagte sie am Dienstag. „Die USA sind unsere Verbündeten, wir teilen gemeinsame Werte.“

China hingegen sei Partner, Konkurrent und systemischer Rivale, mit dem man eine gemeinsame Agenda schaffen wolle, um Spannungen zu reduzieren und globale Fragen anzugehen, sagte die Sprecherin. Frankreich unterstütze beim Thema Taiwan zudem den Status quo. Macron habe Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping klar gesagt, dass die Taiwan-Frage durch Dialog geklärt werden müsse.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Handel warnt vor „Geisterstädten“ - tausende Geschäftsschließungen
23.04.2024

Seit Jahren sinkt die Zahl der Geschäfte in Deutschlands Innenstädten - auch weitere Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof müssen bald...