Anfang des Monats wurde in Deutschland die sogenannte Blue Card eingeführt. Sie soll es Akademikern und Menschen mit vergleichbarer Qualifikation aus Ländern außerhalb der Europäischen Union erleichtern, ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu bekommen. Mit der Blue Card dürfen hochqualifizierte Fachkräfte in Deutschland bleiben, wenn sie einen Arbeitsvertrag bei einem heimischen Arbeitgeber vorweisen können. Das Jahresgehalt muss dabei allerdings bei mindestens 44.800 Euro liegen. In Branchen in denen der Fachkräftemangel akut ist, wie etwa bei Ärzten oder Ingenieuren, reicht ein Jahresgehalt von 35.000 Euro aus, um die Blue Card zu erhalten.
Bei entsprechenden Deutsch-Kenntnissen können hochqualifizierte Fachkräfte nach 21 Arbeitsmonaten zudem eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis erhalten.
Außerdem bekommen Hochschulabsolventen aus Drittstaaten die Chance, innerhalb von 18 Monaten einen Job in Deutschland zu finden. Diese Erleichterung gilt auch für Nicht-EU-Bürger, die eine deutsche Hochschule absolviert haben.
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lobt die Neuregulierung als „Schritt in die richtige Richtung“. Fachleute sehen das ähnlich, auch wenn weiterhin an der Zuwanderungsgesetzgebung gearbeitet werden müsse: „Die Blue Card wird zwar keine unmittelbare, kurzfristige Milderung des Fachkräftemangels bringen, sich langfristig aber positiv auf die Zuwanderung von Fachkräften auswirken“, sagte Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.
Es fehlen in Deutschland neben Akademikern auch Facharbeiter, zum Beispiel in der Altenpflege, oder in Metall- und Elektroberufen. Diese Gruppen werden aber wegen des deutlich geringeren Gehalts und eines anderen Qualifikationsgrades nicht von der Blue Card profitieren.
Aber selbst wenn auch Facharbeiter aus aller Welt leichter nach Deutschland kommen könnten, wäre der Fachkräftemangel nicht behoben: „Durch den demographischen Wandel kommen Millionen von Erwerbsfähigen abhanden. Das kann alleine durch Zuwanderung nicht ausgeglichen werden“, sagt Holger Schäfer.
Daher ist aus Sicht des IW Köln eine umfassende Fachkräftestrategie nötig, die auf drei Säulen beruht. Die erste Säule ist, das Potenzial an Erwerbspersonen zu erweitern. Dies kann außer durch Zuwanderung dadurch erreicht werden, dass auch Frauen und ältere Erwerbsfähige verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden. Zum anderen müsse auch die Arbeitszeit ausgeweitet werden, erklärt Holger Schäfer. Demnach sollen mehr Teilzeitstellen in Vollzeitstellen umgewandelt werden. Die Deutschen werden sich künftig auch auf eine längere Lebensarbeitszeit einstellen müssen.
Die dritte Säule in der Fachkräftestrategie des IW Köln ist, die Arbeitszeit selbst effektiver zu nutzen. Dies soll unter anderem durch bessere Ausbildung erreicht werden.
„Die neue Regelung des Aufenthaltsrechts für hochqualifizierte Fachkräfte ist tatsächlich ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn sie fast 10 Jahre zu spät kommt“, sagt Holger Schäfer. Es gilt also, möglichst bald weitere Maßnahmen umzusetzen, um den Fachkräftemangel unter Kontrolle zu bringen. Ein entscheidender Faktor spielt dabei gegen Politik und Wirtschaft: Wegen der Bevölkerungsentwicklung und weil sich die Wirkung dieser Maßnahmen oft nicht sofort einsetzt, läuft ihnen die Zeit davon.