Politik

Frankreich lehnt Siemens ab, will Alstom selbst retten

Lesezeit: 2 min
20.06.2014 17:50
Frankreich lehnt eine komplette Übernahme seiner Industrie-Ikone Alstom ab. Sowohl Siemens und Mitsubishi als auch General Electric hätten keine ausreichenden Angebote vorgelegt, so Wirtschaftsminister Montebourg. Frankreich übernehme nun selbst 20 Prozent an Alstom. Bloomberg meldet eine mögliche Partnerschaft mit GE.
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 Im Bieterkampf um Alstom greift Frankreich überraschend selbst nach dem angeschlagenen Industriekonzern und lässt Siemens abblitzen. Die Regierung in Paris wischte am Freitag beide Angebote der Konkurrenten Siemens und General Electric vom Tisch und rief sich zum künftigen Hauptaktionär von Alstom aus. Die Regierung werde dem bisherigen Haupteigner Bouygues 20 Prozent der Anteile zum Marktpreis abkaufen, sagte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg. Während Siemens damit aus dem Rennen ist, machte der Politiker GE noch Hoffnungen auf einen Anteil am Atomkraftwerks-Geschäft von Alstom. Siemens wollte sich dazu zunächst nicht äußern, auch GE lehnte eine Stellungnahme ab.

Weder Siemens und sein japanischer Partner Mitsubishi Heavy Industries (MHI) noch General Electric hätten ausreichende Angebote vorgelegt, sagte Montebourg zur Begründung. Die Regierung werde jedoch mit GE über ein neues Angebot verhandeln. Er griff den Vorschlag der Amerikaner auf, das Nukleargeschäft von Alstom in ein Gemeinschaftsunternehmen zu überführen, an dem Alstom und GE jeweils zur Hälfte beteiligt sind. Auch das Zugeständnis der Amerikaner, dem Staat mit einer so genannten Goldenen Aktie ein Vetorecht zu gewähren, begrüßte der Minister. Für die Deutschen und ihre japanischen Partner hatte Montebourg nur tröstende Worte übrig: "Die Offerte von Siemens und MHI war ernsthaft, aber die Regierung hat ihre Entscheidung gefällt."

Der französischen Industrieikone Alstom machen seit geraumer Zeit der Rückgänge im Kraftwerksgeschäft und nachlassendes Wachstum der Zugsparte zu schaffen. Der Konzern hatte deshalb einen Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt und sich auf Partnersuche begeben. Unter anderem wurde ein Verkauf von Unternehmensteilen erwogen. Die französische Regierung hatte sich jedoch das letzte Wort gesichert. Dazu erließ sie ein Dekret, das ihr das Recht gibt, einen Kauf heimischer Firmen in strategisch wichtigen Branchen wie Energie, Wasser, Telekommunikation und Gesundheit durch Ausländer zu blockieren.

Bis zum Schluss hatten sich Siemens/MHI und GE ein Bietergefecht geliefert. Beide Seiten hatten Regierung und Gewerkschaft mit dem Versprechen umgarnt, 1000 neue Arbeitsplätzen in Frankreich zu schaffen, Siemens wollte noch 1000 Ausbildungplätze obendrauf legen. Noch am Freitag hatte das von Siemens geführte Konsortium sein Angebot aufgestockt und damit auf eine nachgebesserte Offerte von GE reagiert. Die beiden Partner erhöhten ihr erstes Angebot für Teile des französischen Technologiekonzerns um 1,2 Milliarden auf 8,2 Milliarden Euro. "Unser Angebot ist strategisch, sozial, aber auch im wirtschaftlichen Bereich noch einmal ausgebaut worden", hatte Siemens-Chef Joe Kaeser erklärt und in einem Gespräch bei Präsidenten Francois Hollande für seinen Plan geworben - letztlich erfolglos.

GE hatte zuvor seine Offerte verbessert und kam dabei Bedenken der französischen Regierung entgegen. Die Amerikaner schlugen in Absprache mit dem Alstom-Management mehrere Joint-Ventures und "Allianzen" vor - die Regierung in Paris hatte sich für ein Bündnis und gegen die bislang von den Amerikanern geplante reine Übernahme der Energietechnik ausgesprochen.


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