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Forscher entwickeln „Insektenohr“ für Hörgeschädigte

Lesezeit: 2 min
21.05.2015 14:06
Forscher haben Hörgeräte entwickelt, die wie die Ohren von Insekten funktionieren. So sollen Probleme wie störende Hintergrundgeräusche und Rückkopplung vermieden werden. Zudem soll der Träger besser wahrnehmen, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt.
Forscher entwickeln „Insektenohr“ für Hörgeschädigte

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Stark Hörgeschädigte bekommen im Regelfall ein Hörgerät, mit dem alles Hörbare verstärkt wird. So wird den Patienten ihre Kommunikationsfähigkeit zurückgegeben – der größte Teil unserer Verständigung findet akustisch statt. Experten bemängeln jedoch, dass Hörgeräte seit Jahrzehnten fast unverändert geblieben sind und noch immer dieselben Probleme bestehen.

Denn trotz Fortschritten in der Akustik haben Hörgeschädigte weiterhin das gleiche Mikrofon im Ohr, wie vor dreißig Jahren. „Zurzeit können Nutzer unterscheiden, ob das Geräusch von vorne oder von hinten kommt. Töne von oben und unten können nur schwer wahrgenommen werden und es fällt den Nutzern sehr schwer zu bestimmen, wie weit sie von der Geräuschquelle entfernt sind“, bemängelt Dr. James Windmill, Forscher der Universität Strathclyde, so Sciencedaily.

Er und weitere schottische Forscher der Universität Strathclyde und des MRC / CSO Institute for Hearing Research (IHR) entwickeln ein neues Design für Hörgeräte. Dabei soll ein sehr kleines Richtmikrofon zum Einsatz kommen. Doch derzeitige Richtmikrofone kosten viel Geld, verbrauchen viel Strom und wiegen zu viel für ein alltagstaugliches Hörgerät. Deshalb bedienen sie sich einem alternativen Design – ähnlich den Hörorganen von Insekten.

2013 wurden in einer Studie in Finnland 249 Nutzer von Hörgeräten befragt. Es stellte sich heraus, dass ein großer Teil der Befragten ihre Hörgeräte selten bis überhaupt nicht nutzt. Übliche Gründe hierfür seien „störende Hintergrundgeräusche“ und Rückkopplung.

„Das Ziel unserer Forschung ist, ein Hörgerät zu entwickeln, das ungewollte Geräusche unterdrücken oder kontrollieren kann, so dass sich das Hörgerät auf die Geräusche von vorne fokussieren kann. Dieses Problem möchten wir lösen, indem wir eine neue Art Miniatur-Richtmikrofon verwenden – Ideen dafür haben wir uns bei Insekten abgeschaut“, so Dr. Windmill.

„Wir werden Probleme lösen können, die mit der Entfernung der Geräuschquelle zusammenhängen. Zum Beispiel laute Geräusche von einem Zug in der Ferne, von einer leisen menschlichen Stimme aus nächster Nähe zu unterscheiden. Außerdem arbeiten wir an 3D-Drucktechniken um das Hörgerätedesign so zu verbessern, dass es akustisch mit dem neuen Mikrofon am besten zusammen arbeitet.“

Für ihre Arbeit erhielten die Forscher vorab 642.000 US-Dollar vom „Engineering and Physical Sciences Research Council“ des Vereinigten Königreichs.

An der Universität Strathclyde werden die neuen Mikrofone entworfen, gebaut und getestet. Am IHR sollen dann die Hörgeräte auch anhand von Studien auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft werden. Das neue Design soll dann von Nutzern einem Praxistest unterzogen werden.

Dr. Bill Whitmer, Forscher des IHR fügt hinzu: „Wir freuen uns sehr über diese Zusammenarbeit und das wir unser Wissen bezüglich Hörschädigung und Hörgeräten in diesem Projekt einbringen können. Jüngste Entwicklungen in der Technik könnten Hörgeräte und insbesondere die Mikrofone stark verbessern. Daraus könnten große Fortschritte in der Förderung Hörgeschädigter resultieren.“

Die schottischen Forscher sind nicht die einzigen, die sich ihre Ideen bezüglich Hörgeräten von Tieren holen, damit Hörgeräteträger weniger ungewollte Geräusche hören und die Geräuschquelle besser orten können. Schon im vergangenen Jahr entwickelten Forscher der Universität von Texas in Austin ein Gerät, dass Hörgeräte revolutionieren könnte. Sie ließen sich von einer Fliege inspirieren.

Die „Ormia ochracea“ ist eine Fliege, die eine Komponente ähnlich einer Wippe im Ohr hat, mit der sie die Richtung des Schalls ortet. Die Forscher an der UT bauten diese Komponente aus piezoelektrischen Materialien nach – dadurch benötigt dieser Sensor keinen Strom. Ihr Nachbau ist etwa zwei Millimeter breit und kann die Verbiegung und Rotation eines kleinen Stabs messen.

Die Entwicklung zeigt, dass Tier-Technologie uns in vielen Gebieten der Forschung weiterbringt. Dabei geht es nicht nur um neue Hörgeräte, sondern auch um andere Teilgebiete der Medizinforschung. Beispielsweise entdeckten Forscher der Universität von Kalifornien letztes Jahr, dass die Haut von Tintenfischen dabei helfen könnte, biomedizinische Geräte mit Strom zu versorgen.


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