Politik

Gegner von Assad haben Giftgas eingesetzt, Soldaten hingerichtet, Kinder ermordet

Lesezeit: 3 min
15.02.2016 17:46
Terror-Gruppen, die sich als syrische „Opposition“ bezeichnen und mit westlicher Hilfe gegen die syrische Regierung kämpfen, haben offenbar Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Das bestätigen zwei nun vorliegende unabhängige Berichte. So soll der IS Giftgas gegen kurdische Gruppen eingesetzt haben.
Gegner von Assad haben Giftgas eingesetzt, Soldaten hingerichtet, Kinder ermordet

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Dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sind in der Vergangenheit Kriegsverbrechen zur Last gelegt worden. Diese waren und sind für den Westen die offiziellen Gründe, warum Assad gestürzt werden sollte. Zu diesem Zweck haben die USA lange die zu al-Kaida gehörende al-Nusra-Front unterstützt. Die Türkei kooperiert nach russischer Einschätzung mit der Terror-Miliz IS. Die USA werfen der Türkei vor, zuwenig gegen den IS zu unternehmen.

Tatsächlich haben die Vereinten Nationen in einem Bericht festgestellt, dass die Regierung von Assad in den Gefängnissen offenbar mit großer Brutalität vorgegangen ist und dabei möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat.

Tatsächlich hat der UN-Bericht auch festgestellt, dass der IS und die vom Westen unterstützte al-Nusra-Front mit den Gefangenen und mit Zivilisten ähnlich barbarisch verfahren sind.

Die UN berichten:

Trotz bekannter Fälle der unrechtmäßigen Freiheitsberaubung, Folter und Tötungen in Gebieten, die durch bewaffneten Anti-Regierungs-Gruppen kontrolliert werden, konnte keine institutionalisierte oder einheitliche Ausübung von Masseninhaftierung, Tötung oder Folter von Zivilisten in diesen Gebieten festgestellt werden. Besagte Fälle traten hauptsächlich im Zusammenhang mit der Gefangennahme von Regierungssoldaten und gegnerischen Rebellen auf. Einige der Anti-Regierungs-Gruppen haben provisorische Haftanlagen etabliert, in denen teilweise auch Zivilisten gefangen gehalten wurden. Vereinzelt wurden auch örtliche Sharia-Gerichte eingeführt. Gefangene wurden unrechtmäßigen Gerichtsverhandlungen ausgesetzt, die teilweise auch in standrechtlichen Hinrichtungen resultierten. Kämpfer berichten über Ermordungen von Soldaten, Folter und Tod in Folge von Folter.

Tod in Haft in Einrichtungen, die von der Al-Nusra-Front kontrolliert werden

Die Al-Nusra-Front hat Gefängnisse in Idlib aufgestellt, in denen Tode in Gefangenschaft dokumentiert worden sind. Im April 2015 hielt Al-Nusra geflohene Zivilisten und Soldaten gefangen. Frauen und Kindern wurden von den Männern getrennt und in verkommenen Umständen gefangen gehalten. Sie wurden auch zum Beten gezwungen. Männer und Soldaten wurden Berichten zufolge gefoltert und hingerichtet. Al-Nusra hat ebenfalls Gerichte aufgestellt, teilweise in Zusammenarbeit mit örtlichen Anti-Regierungs-Gruppen, um ihre Vorherrschaft in den besetzten Gebieten zu verankern. Dort, wo die Gruppen zusammenarbeiten, werden ähnliche Vorgehensweisen bezüglich Gefangennahme, Gefangenschaft und Misshandlung verfolgt.

Am 9. Juli 2015 führte Al-Nusra eine Massenhinrichtung von 70 Soldaten durch und veröffentlichte später Fotos der Leichen. Die Gruppe entführte 2013 zwei Jungen zum Zwecke eines Gefangenenaustauschs mit der Regierung. Nachdem der Austausch fehlgeschlagen war, wurden die beiden Jungen ermordet und ihre Leichen verstümmelt.

Tod in Haft in Einrichtungen, die von ISIS kontrolliert werden

ISIS hat, oft in Verbindung mit ausländischen Kämpfern, Haftanstalten in mehreren, der von ihnen kontrollierten Gebiete – unter anderem Raqqa und Aleppo -, etabliert, mitunter in den Kellerräumen eines besetzten Krankenhauses. Häftlinge wurden schweren Misshandlungen, Folter und standrechtlichen Hinrichtungen ausgesetzt. Die Häftlinge bestehen zumeist aus Journalisten und ihren Mittelsmännern, Aktivisten und Zivilisten, die sich ISIS widersetzen, eine andere Auslegung des Islam unterstützen oder auch nur mit Ausländern in Kontakt waren.

Die Ermordung von Häftlingen in einer Anstalt zwischen 2014 und 2015 wurde dokumentiert. Ein Häftling wurde Zeuge, als ein junger Mann mit einer Metallstange gefoltert wurde. Als er zurück in die Zelle gebracht wurde, hatte er Schaum vor dem Mund. Als andere Häftlinge darauf hinwiesen und nach medizinischer Hilfe fragten, wurden sie mit den Worten: „Lasst ihn ersticken,“ abgewiesen. Der Häftling verstarb kurze Zeit später.

Die Hinrichtungen von Häftlingen nahmen nach Verhängungen der Todesstrafe durch unautorisierte Gerichte zu. Ein Häftling berichtet von einer Verurteilung zur Todesstrafe, nach einer nur dreiminütigen Verhandlung.

Brutalste Hinrichtungen in der Öffentlichkeit, oft durch Erschießen, Köpfen oder den Stoß von Hochhausdächern, sind in den von ISIS kontrollierten Gebieten üblich geworden. Auch von Hinrichtungen vor den Augen anderer Häftlinge gibt es Berichte. Beweisfotos und Videos werden ebenfalls veröffentlicht, auch als Mittel des Terrors und der Propaganda. ISIS hat außerdem eine Reihe von Soldaten-Hinrichtungen ausgeführt: Bei einem Massaker in Raqqa wurden 200 Soldaten nach einem Marsch durch die Wüste erschossen.

Die kontinuierliche Veränderung der Gruppen und der Kriegszustand machen es weiterhin schwierig Berichte dieser Fälle zu sammeln und die Täter zu identifizieren.

Zu diesem Vorwürfen kommt nun ein schwerer Vorwurf, den die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag gegen den IS erhebt: Labortests zufolge haben die IS-Terroristen Giftgas gegen kurdische Kämpfer im Irak eingesetzt. Ein mit dem Vorgang vertrauter Diplomat sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dies gehe aus Untersuchungen der OPCW hervor. Ein OPCW-Insider sagte, die Proben auf Senfgas seien positiv gewesen. Die Organisation will sich allerdings nicht darüber äußern, wer den international weitgehend geächteten Kampfstoff einsetzte. Anlass der Tests waren Erkrankungen von 35 kurdischen Kämpfern im August vergangenen Jahres.

Bereits im September 2015 hatte der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, von Erkenntnissen gesprochen, wonach der IS Senfgas einsetzte. Damals sagte er, der Giftstoff stamme entweder aus Beständen des früheren Machthabers Saddam Hussein, oder der IS habe nach der Einnahme der Universität von Mossul mit den dort vorhandenen Chemielaboren selbst das Gas produziert.

Die von der OPCW untersuchten Proben wurden nach Kämpfen in der Region nordwestlich von Erbil genommen, der Hauptstadt des autonomen Kurdengebietes im Irak. Die OPCW hatte bereits im Oktober bestätigt, dass bei Kämpfen im benachbarten Syrien ebenfalls Senfgas eingesetzt wurde. Die IS-Miliz kontrolliert weite Teile Iraks und Syriens und wird von einer internationalen Koalition unter der Führung der USA mit Luftangriffen bekämpft.

Die Giftgasbestände im Irak waren nach dem Ende der Saddam-Regierung weitgehend zerstört worden. Erstmals großflächig eingesetzt wurde Senfgas im Ersten Weltkrieg. Es verursacht schwere Verletzungen von Augen, Haut und Atemwegen.

Dass die gegen Assad kämpfenden Terroristen Giftgas eingesetzt haben, hatte bereits vor zwei Jahren der investigative Journalist Seymour Hersh herausgefunden. Seine Erkenntnisse ergaben, dass Assad der Einsatz von Giftgas nicht nachgewiesen werden könne.


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