Politik

Bundesverfassungs-Gericht will keinen Konflikt mit der EU

Lesezeit: 2 min
17.02.2016 02:25
Das Bundesverfassungsgericht will sich zwar mit dem umstrittenen OMT-Programm der EZB beschäftigen. Doch Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle deutet an, dass Karlsuhe keinen grundsätzlichen Konflikt mit dem EuGH austragen wird.
Bundesverfassungs-Gericht will keinen Konflikt mit der EU

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Trotz eines eindeutigen Votums des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nehmen die Verfassungsrichter in Karlsruhe erneut die Euro-Rettungspolitik der EZB unter die Lupe. Einen scharfen Bruch mit dem EuGH will das Verfassungsgericht aber offenbar vermeiden, wie Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Dienstag bei der mündlichen Verhandlung über das umstrittene Anleihekaufprogramm der EZB andeutete. Der EuGH hatte der Europäischen Zentralbank (EZB) vergangenes Jahr einen weitgehenden Freifahrtschein für die Käufe gegeben (siehe Video am Anfang des Artikels). Nun wollen die Karlsruher Richter prüfen, ob der Luxemburger Richterspruch auch mit ihren verfassungsrechtlichen Kriterien vereinbar ist. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.

Voßkuhle betonte, dass die vom Verfassungsgericht geforderten Vorgaben zur Einschränkung des OMT-Programms vom EuGH in dessen Urteil weitgehend berücksichtigt worden seien. Im Kern geht es darum, ob die EZB mit ihrem Beschluss von 2012, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Krisenländern zu erwerben, ihre Kompetenzen überschritten hat. Das "OMT" genannte Programm kam bislang nicht zum Einsatz, allein die Ankündigung hatte damals aber an den Märkten für eine Beruhigung in der Staatsschuldenkrise gesorgt. In der Verhandlung wurde deshalb auch darüber diskutiert, ob sich der Streit nicht eigentlich erledigt hat.

Die Karlsruher Richter hatten 2013 schon einmal mündlich verhandelt, dann aber überraschend den Fall Anfang 2014 zur Klärung an den EuGH verwiesen. Sie äußerten damals Bedenken, dass die EZB verbotenerweise in die Wirtschaftspolitik der einzelnen Länder eingreifen könnte. Die Luxemburger Richter gaben der EZB jedoch im Juni 2015 weitgehend grünes Licht für solche Käufe im Krisenfall. Voßkuhle sagte, der EuGH habe sich "in manchen rechtlichen Grundannahmen, nicht aber im Ergebnis" den Argumenten des deutschen Verfassungsgerichts angeschlossen.

Der Zweite Senat verhandelt über vier Verfassungsbeschwerden und eine Organklage der Linksfraktion. Geklagt haben unter anderem der CSU-Politiker Peter Gauweiler, der Verein "Mehr Demokratie" um die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sowie eine Professoren-Gruppe um den Tübinger Volkswirtschaftler Joachim Starbatty. Die Kläger, denen sich mehr als 11.000 Bürger angeschlossen haben, sehen in dem Beschluss der Zentralbank einen Verstoß gegen das Grundgesetz.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der als Experte geladen wurde, bekräftigte seine grundsätzliche Kritik an den Staatsanleihenkäufen der EZB. Das OMT-Programm für den gezielten Aufkauf von Anleihen einzelner Krisenstaaten sei aber wesentlich problematischer als das aktuell laufende EZB-Programm (QE), mit dem die Währungshüter die Konjunktur und Inflation ankurbeln wollen. Weidmann rechnet derzeit nicht mit einer Aktivierung des OMT-Programms. EZB-Direktor Yves Mersch verteidigte den OMT-Beschluss. "OMT wurde 2012 in einer besonderen Krisensituation als Antwort auf diese Krise entwickelt." Damals waren die Renditen von Ländern wie Italien und Spanien ins Fadenkreuz der Investoren geraten und in die Höhe geschossen. Allein die Ankündigung habe für Beruhigung gesorgt, sagte Mersch.

Die Kläger wiederholten in Karlsruhe ihre Argumente. Die Frage sei, ob Karlsruhe einen Konflikt mit der Demokratie oder mit der EZB eingehen möchte, sagte Gauweiler zu Reuters TV. Eigentümer der Zentralbank sei zu 27,5 Prozent das deutsche Volk. "Das drückt seinen Willen bekanntermaßen durch Wahlen und Abstimmungen aus und hat sich dafür ein Parlament in Berlin gewählt." Finanz-Staatssekretär Jens Spahn rief das Gericht hingegen auf, nicht auf Konfrontationskurs zum EuGH zu gehen. "Ich möchte Sie bitten, bei Ihrer Entscheidung dem Kooperationsverhältnis beider Gerichte Rechnung zu tragen." Dies gelte gerade in einer Zeit, in der in Europa kein Übermaß an Kooperationsbereitschaft herrsche.


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