Politik

Nobelpreisträger Stiglitz: Deutschland soll Euro verlassen

Lesezeit: 1 min
16.09.2016 00:46
Joseph Stiglitz sieht sich in seiner schon vor langem geäußerten Kritik an der Euro-Zone bestätigt: Sie erweise sich in der Krise als Fehlkonstruktion, weil sie den Banken, nicht aber den Bürgern nützt. Stiglitz schlägt eine radikale Lösung vor: Deutschland solle wegen seines Beharrens auf der Sparpolitik austreten.
Nobelpreisträger Stiglitz: Deutschland soll Euro verlassen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat die Bundesregierung für ihren Sparkurs in der Eurokrise scharf kritisiert. "Die Vorstellung, dass man durch eine strikte Sparpolitik zu Vollbeschäftigung und Wohlstand zurückkehren kann, wird von den meisten Ökonomen zurückgewiesen", sagte Stiglitz der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview. "Sie scheint aber in der Bundesregierung und insbesondere im Finanzministerium die vorherrschende Sichtweise zu sein."

Die Sparpolitik stehe im Widerspruch zu den "Reformen, die die Eurozone braucht", sagte der frühere Chefvolkswirt der Weltbank und legte Deutschland gar einen Austritt aus der EU nahe: "Der leichteste Weg wäre es, wenn Deutschland Europa verlässt."

Er würde Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gerne sein neues Buch "Europa spart sich kaputt: Warum die Krisenpolitik gescheitert ist und der Euro einen Neustart braucht" schenken, sagte Stiglitz. "Aber ich bin sicher, dass mein Buch ihn nicht überzeugen wird."

Der einstige Wirtschaftsberater des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton hat die deutsche Haltung in der Eurokrise in der Vergangenheit immer wieder kritisiert und hält die Eurozone für eine Fehlkonstruktion. Im Gespräch mit AFP machte der 73-jährige Ökonom den Euro für wirtschaftliche Stagnation, Arbeitslosigkeit und den Aufschwung radikaler Parteien in Europa verantwortlich.

Der Euro sei "für einige wenige Menschen und für Banker gut, die Geld leichter umherbewegen können". "Er ist weniger gut für die normalen Menschen in der Eurozone, die unter einer trägen Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit leiden." Von der Wirtschaftskrise wiederum würden neue rechte Parteien profitieren.

Schon die Einführung des Euro sei falsch verlaufen. "Sie haben das Pferd von hinten aufgezäumt", sagte Stiglitz. "Sie haben versucht, den Euro zu schaffen, bevor sie die Institutionen hatten." Die Einheitswährung habe es den Mitgliedstaaten dann unmöglich gemacht, über eigene Wechselkurse und Zinsen notwendige wirtschaftspolitische Anpassungen vorzunehmen.

Der Nobelpreisträger des Jahres 2001 kritisierte zudem starre Vorgaben wie den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. "Wenn die Regeln falsch sind, muss man die Regeln ändern. Wenn man falsche Regeln hat, führt das zu einer Katastrophe." Bei Vorgaben wie der Drei-Prozent-Defizitgrenze handele es sich nicht "um die Zehn Gebote, die Gott am Berg Sinai übergeben hat".


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...