Politik

Bundesregierung gründet Agentur und rechnet mit teilweisem Scheitern

Lesezeit: 2 min
29.08.2018 23:31
Die Bundesregierung gründet eine Cyber-Agentur und weiß offenbar nicht ganz genau, was diese Einrichtung liefern kann.
Bundesregierung gründet Agentur und rechnet mit teilweisem Scheitern

Mit einer Agentur für "Cybersicherheit" will die Bundesregierung Deutschland künftig besser vor "Hackerangriffen" schützen. Das Kabinett beschloss am Mittwoch die Gründung einer bundeseigenen Agentur, die innovative Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Cybersicherheit schon ab einem sehr frühen Stadium finanzieren und fördern soll. Dafür sollen in den kommenden fünf Jahren mindestens 200 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

"Deutschland soll bei der Cybersicherheit im internationalen Vergleich die Führung oder zumindest eine Spitzenposition einnehmen", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bei der Vorstellung der Agentur an der Seite von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Berlin. Derzeit laufe Deutschland in dem Bereich hinterher. Die Zahl von "Schwachstellen und offenen Sicherheitslücken von IT-Systemen" sei "nach wie vor erschreckend hoch", immer wieder würden Angriffe auf deutsche Systeme und die Netzinfrastruktur registriert.

Seehofer wie von der Leyen betonten, dass sie damit rechnen, Steuergelder in Projekte zu stecken, die nicht zum Erfolg führen. "Wir rechnen damit, dass ein Teil der Forschungsvorhaben scheitern wird, aber dass andere uns einen technologischen Vorsprung dann auch geben werden, den wir dringend brauchen", sagte von der Leyen. "Es muss mehr Risiko, mehr Mut eingebracht werden", sagte Seehofer. "Es ist kein Scheitern dieser Gesellschaft, wenn einmal drei Forschungsprojekte in der konkreten Umsetzung zu keinem Ziel führen."

In Deutschland sind Politiker grundsätzlich nicht für die Verschwendung oder Fehlallokation von Steuergeldern verantwortlich. Es ist allerdings ein Novum, dass die Bundesregierung schon im vorhinein ankündigt, dass Projekt scheitern werden.

"Der Staat muss auch in der digitalen Welt seine Schutzfunktion wahrnehmen", sagte von der Leyen. Die technologische Entwicklung im Cyberraum sei "rasant". "Wir müssen mindestens so schnell sein und mindestens auch so gut ausgerüstet sein (...) wie das die Täter sind."

Die neue Agentur soll nicht operativ tätig werden, sich also nicht direkt an der Abwehr von Cyberangriffen beteiligen. Ziel ist es vielmehr, Schlüsseltechnologien mit hohem Innovationspotenzial im Bereich der inneren wie äußeren Cybersicherheit zu fördern und zu finanzieren. Dafür soll Projekten der Grundlagenforschung mit besonderem Entwicklungspotenzial möglichst unbürokratisch Wagniskapital zur Verfügung gestellt werden. Als Vorbild dient unter anderem die US-Militärforschungsagentur Darpa.

Es ist davon auszugehen, dass die neue Agentur ihre Erkenntnisse mit den US-Behörden teilen wird. Nach wie vor gilt seit dem 11. September 2001 der Artikel 5 des Nato-Vertrages, wonach sich Deutschland an der Seite der Bündnis-Partner im Krieg gegen den Terror befindet.

Von der Leyen verwies auf weitreichende technologische Neuerungen, die auf US-Militärforschung zurückgehen. Das Internet, das Satellitennavigationssystem GPS und die Sprachkennung beim Handy seien "aus genau so einer Sprunginnovationsförderung des amerikanischen Militärs gewachsen".

Die Agentur soll bis Jahresende an den Start gehen. Sie wird zu 100 Prozent dem Bund gehören und gemeinsam von den Ministerien für Inneres und Verteidigung getragen. Zielgröße sind rund 100 Mitarbeiter, der Standort steht noch nicht fest. Die 200 Millionen Euro über die kommenden fünf Jahre für die Agentur nannte von der Leyen einen "guten Anfang". "Aber das muss auf die Dauer auch noch mehr werden."

Kritik an dem Regierungsvorhaben kam von der Linkspartei. "Die Cyberagentur markiert eine neue Dimension der Kriegsführung im digitalen Raum", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Tobias Pflüger, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Zwar sei es notwendig, sich vor Cyberangriffen technisch zu schützen. "Offensichtlich geht es bei der neuen Agentur aber nicht nur um Abwehr, sondern auch darum, selbst offensive Aktionen durchführen zu können."

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes trotzt dem Trend: Jetzt soll sogar ein Maybach-Van die Besserverdiener locken
18.04.2024

Das Interesse an Elektro-Fahrzeugen in Deutschland ist verhalten. Während VW und Tesla das bei den Zulassungszahlen bemerken, nutzen die...

DWN
Politik
Politik Warum Kürzungen in der Flüchtlingspolitik nicht hilfreich sind
18.04.2024

Immer mehr Politiker und Wirtschaftsexperten fordern eine Neuanpassung der Asylpolitik. Aktuell finden kontroverse Maßnahmen wie...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Israel-Konflikt: Führt das Krisentreffen in Israel mit Baerbock und Cameron zur Deeskalation?
17.04.2024

Bei Gesprächen mit israelischen Politikern bemühen sich Annalena Baerbock und David Cameron, einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den...

DWN
Politik
Politik Günstlingswirtschaft und Gefälligkeiten: Stephan Weil in Niedersachsen am Pranger
17.04.2024

In Berlin steht Kai Wegner (CDU) unter Verdacht, seine Geliebte mit einem Senatorenposten bedacht zu haben. Ursula von der Leyen (CDU)...

DWN
Technologie
Technologie Fluch oder Segen? – Was man aus Müll alles machen kann
17.04.2024

Die Welt ist voller Müll. In den Ländern des globalen Südens gibt es teilweise so viel davon, dass Menschen auf Abfallbergen ihr Dasein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzrekorde im März: Nachwehen der Coronahilfen
17.04.2024

Deutsche Unternehmen klagen aktuell viel über die Umstände – und die Unternehmensinsolvenzen sind auch auf Rekordniveau. Ein Grund...

DWN
Politik
Politik Vor G7-Treffen: Baerbock warnt vor Eskalationsspirale im Nahen Osten
17.04.2024

Die Grünen-Politikerin hat vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen in...

DWN
Politik
Politik Die Zukunft der EU als Wirtschaftsstandort: DIHK-Befragung zeigt Stimmungstief
17.04.2024

Wie beurteilen Unternehmen die Lage der Europäischen Union? Eine Befragung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gibt...