Politik

BDI: Deutsche Unternehmen sollen China-Geschäfte reduzieren

Lesezeit: 2 min
31.10.2018 16:00
Die deutsche Wirtschafts-Lobby rät der deutschen Industrie zu Vorsicht in China. US-Unternehmen und asiatische Konkurrenten könnten davon profitieren.
BDI: Deutsche Unternehmen sollen China-Geschäfte reduzieren

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die deutsche Industrie plädiert für eine neue Strategie im Umgang mit dem wichtigen Handelspartner und Konkurrenten China. Der Verband BDI ruft die Unternehmen dazu auf, ihre Abhängigkeit vom chinesischen Markt zu verringern. "Die Chancen des wirtschaftlichen Austausches mit China gilt es zu nutzen. Die Risiken, vor die uns China stellt, dürfen dabei aber nicht ausgeblendet werden", heißt es im Entwurf für ein Grundsatzpapier des Bundesverbands Deutsche Industrie (BDI), über welches die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Das rund 25-seitige Papier, das wahrscheinlich nicht vor Januar veröffentlicht wird, unterstreicht die zunehmende Sorge von Wirtschaft und Politik im Umgang mit China.

Ein Rückzug der deutschen Unternehmen könnte allerdings dazu führen, dass Unternehmen aus anderen Staaten in die Lücke springen. So hat Honda am Mittwoch bekanntgegeben, in China investieren zu wollen: Das Joint Venture von Honda Motor Co mit der chinesischen GAC Group wird 3,27 Milliarden Yuan (368 Millionen Pfund) in die Produktion von Fahrzeugen mit alternativer Antriebstechnik in China investieren, teilte GAC am Mittwoch mit. Der Schritt ist Teil von Honda und GACs Bemühungen, Chinas strikte grüne Autokontingente zu erfüllen. Zu den Fahrzeugen mit alternativer Antriebstechnik zählen alle Fahrzeuge mit Elektrobatterien sowie Plug-in-Hybridfahrzeuge.

Ford Motor Co und Baidu Baidu Inc. starteten am Mittwoch ein zweijähriges Projekt zur Erprobung selbstfahrender Fahrzeuge auf chinesischen Straßen im Rahmen eines weltweiten Wettlaufs von Automobilherstellern und Internetfirmen bei der Entwicklung autonomer Fahrzeugtechnologie. Bis zum Ende der Testphase wird das Projekt die so genannte Level-4-Technologie für autonome Fahrzeuge erreichen. Chinas Hauptstadt hat dem deutschen Automobilhersteller Daimler AG im Juli grünes Licht gegeben, um selbstfahrende Autos auf Straßen zu testen. Daimler ist damit der erste internationale Automobilhersteller, der in Peking eine solche Lizenz erhalten hat.

Für viele internationale Unternehmen ist vor allem das Projekt der Neuen Seidenstraße von Interesse: China will über die AIIB-Bank Milliarden für Infrastrukturprojekte einsammeln, um China mit Europa logistisch zu verbinden. Bereits die US-Regierung von Präsident Barack Obama hatte gegen das Projekt heftig opponiert.

Erst vor wenigen Tagen hatte eine anderen deutsche Wirtschaftslobby davor gewarnt, dass mögliche US-Sanktionen gegen China eine ernste Bedrohung für deutsche Unternehmen wären.

Dieser Sorge trägt offenbar auch der BDI Rechnung.

Unter dem Titel "Partner und systemischer Wettbewerber – Wie gehen wir mit Chinas staatlich gelenkter Volkswirtschaft um?" argumentiert der BDI, dass eine echte Öffnung des chinesischen Marktes wahrscheinlich nie stattfinden wird. Problematisch sei auch die Kontrolle der kommunistischen Partei über alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft. "Zwischen unserem Modell der offenen Marktwirtschaft und Chinas staatlich gelenkter Wirtschaft besteht ein Systemwettbewerb." Politik, Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland und Europa bräuchten eine breite öffentliche Debatte über diese Herausforderung.

Zum einen unterstreicht der BDI, wie wichtig China für deutsche Firmen ist. "China bleibt auf absehbare Zeit ein dynamisch wachsender Markt, Treiber in der Weltwirtschaft und für die deutsche Industrie wesentlicher Absatz- und Beschaffungsmarkt." Zum anderen unternimmt die Lobbygruppe der Industrie aber den ungewöhnlichen Schritt und fordert von den Betrieben, ihre Präsenz und ihr Engagement zu überdenken. "Trotz der starken Anziehungskraft des chinesischen Marktes wird es für Unternehmen jedoch immer wichtiger, die Risiken eines Engagements in China genau zu untersuchen." Es gehe darum, "bestehende Abhängigkeit gegebenenfalls durch eine Diversifizierung von Lieferketten, Produktionsstandorten und Absatzmärkten zu minimieren".

Der Aufruf kommt in Zeiten eines sich verschärfenden Handelskonflikts zwischen den USA und China, die zu den wichtigsten Handelspartner Deutschlands gehören. Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und China erreichte 2017 den Rekordwert von rund 188 Milliarden Euro. Vor allem die hiesigen Autohersteller Volkswagen, Daimler und BMW sind stark vom schnell wachsenden chinesischen Markt abhängig.

Das BDI-Papier fordert eine engere Abstimmung der China-Strategie innerhalb der Bundesregierung, zwischen den europäischen Staaten und zwischen der EU und gleichgesinnten Partnern, einschließlich den USA. "Den wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen durch China ist kein EU-Mitgliedstaat alleine gewachsen." Antworten könne nur ein starkes Europa geben, "das mit einer Stimme spricht". Der BDI fordert die EU zudem auf, eine ehrgeizige Industriestrategie für 2030 zu entwickeln, die dem Pekinger Plan "Made in China 2025" entspricht.


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Nach neuen Angriffen: USA und NATO erhöhen Unterstützung für Ukraine, während Russland seinen Machtanspruch verstärkt.

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...