Politik

US-Forschern gelingt erstmals die Gedankenübertragung

Lesezeit: 2 min
14.11.2013 01:25
Um Gedanken zu übertragen, brauchen Wissenschaftler nur ein paar Standard-Technologien und eine Internet-Verbindung. Patienten mit Locked-in-Syndrom könnten von der Anwendung profitieren. Aber auch das Militär hat Interesse. Denken bald alle Deutschen wie Angela Merkel oder Sigmar Gabriel?

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wissenschaftler der University of Washington in Seattle haben in einem Experiment erfolgreich einen Gedanken von einem Gehirn auf ein anderes übermittelt. Dabei bedienten sie sich dreier Technologien, die bereits seit geraumer Zeit Anwendung im Bereich der Gehirnforschung finden: der Elektroenzephalografie (EEG), der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) und einer Internetverbindung zur Übertragung der Daten.

Der Versuchsaufbau der Wissenschaftler war dabei denkbar einfach: Einer der wissenschaftlichen Leiter des Experiments, der Informatiker Rajesh Rao, befand sich vor einem Computerbildschirm. Auf dem Kopf trug er eine EEG-Kappe, die die elektrische Aktivität seines Gehirns ablas, während Rao ein Computerspiel betrachtete. Er stellte sich vor, er würde seinen rechten Zeigefinger bewegen und dadurch per Cursor einen Feuerbefehl im Spiel ausführen.

Seine Gehirnströme wurden über eine Internetverbindung an seinen Kollegen Andrea Stocco übertragen. Dieser hielt sich in einem anderen Gebäude des Campus ebenfalls vor einem Bildschirm auf und betrachtete dasselbe Computerspiel. Allerdings befand sich über Stoccos Kopf eine starke Magnetspule und kein EEG. Diese Spule ist in der Lage, starke Magnetfelder in spezifische Hirnregionen zu induzieren und diese dadurch zu stimulieren. Man spricht daher von transkranieller Magnetstimulation (TMS). Zur Decodierung des EEG-Signals diente eine speziell angefertigte Software.

Die Decodierung der Gehirnströme führte zu einer Stimulation im motorischen Cortex von Andrea Stocco. Dieser bewegte daraufhin seinen rechten Zeigefinger und führte die von Rajesh Rao gedachte Bewegung aus. Zwischen dem Gedanken und der Handlung standen dabei nur Bruchteile von Sekunden.

„Es war sowohl aufregend als auch unheimlich, eine bloße Vorstellung aus meinem Gehirn in eine tatsächliche Handlung eines anderen Gehirns verwandelt zu sehen“, sagte Rao.

Es handelte sich bei dem Versuchsaufbau jedoch nur um eine Einweg-Kommunikation. Im nächsten Schritt wollen die Forscher versuchen, einen tatsächlichen Austausch von Informationen zwischen zwei Gehirnen herzustellen.

Als mögliche Anwender kommen Patienten mit Locked-in-Syndrom (deutsch: Eingeschlossen-Sein-Syndrom) in Frage. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, bei der die Betroffenen in Folge einer Hirnverletzung die Kontrolle über weite Teile ihrer Körpers verlieren. Sie sind daraufhin unfähig, sich durch Sprache oder Bewegungen mitzuteilen und sind mitunter nur noch in der Lage, ihre Augenlider zu bewegen. Anders als bei einem Komapatienten ist das Gehirn jedoch weiterhin sehr aktiv und der Patient bei vollem Bewusstsein.

Ein weiteres Anwendungsfeld liegt in militärischen Zwecken. So wäre es zum einen denkbar, statt eines menschlichen Gehirns einen Computer am anderen Ende der Übertragung zu platzieren und so eine Drohne mit einem gedanklichen Befehl zu steuern. Zum anderen könnte ein außer Gefecht gesetzter Pilot Hilfe vom Bodenpersonal erhalten, das direkt auf sein Gehirn zugreifen und das Flugzeug so steuern könnte.

Die Arbeit von Rao und Stocco leistet ihren Beitrag zur Erforschung von Gehirn-Computer-Schnittstellen (englisch: Brain Computer Interface, BCI). Auch private Firmen interessieren sich zunehmend für diesen Bereich und planen zum Beispiel Computerspiele, die per Gedankenkraft bedient werden können.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gewinngrößen verstehen: Auf welches Ergebnis kommt es in der Analyse wirklich an?
20.04.2024

Für Investoren ist es wichtig, die verschiedenen Kennzahlen rund um das Ergebnis eines Unternehmens zu verstehen. Jede dieser Kennzahlen...

DWN
Politik
Politik ​​​​​​​„Russland kann weder bezwungen noch eingeschüchtert werden.“
20.04.2024

Sergej J. Netschajew, Botschfter der Russischen Föderation in Deutschland, äußert sich im Gespräch mit den Deutschen...

DWN
Politik
Politik EU-Austritt für Deutschland? Der Wissenschaftliche Dienst gibt Aufschluss!
20.04.2024

Seit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gibt es auch in Deutschland Diskussionen um einen möglichen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Öl- und Gasförderer am Tiefpunkt – jetzt soll Geothermie die Branche retten
20.04.2024

Die Öl- und Gasförderung in Deutschland sinkt immer weiter – ohne Fracking wird sich daran wohl auch nichts ändern. Die Bohr-Industrie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Interview: Absicherung von Unternehmen – worauf kommt es an?
20.04.2024

Kleine und mittelständische Unternehmen sind sich ihrer Risiken oft nicht bewusst. Der Studienautor und Versicherungsexperte Daniel Dewiki...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...