Finanzen

Draghi: Geldschwemme angekündigt, Euro stürzt ab

Lesezeit: 2 min
21.11.2014 12:15
Die EZB will ihre Bilanz um rund eine Billion aufblähen. Um dies zu erreichen, könnten die Notenbanker demnächst Unternehmensanleihen und Staatsanleihen aufkaufen. Letzteres ist in Deutschland heftig umstritten, ebenso im EZB-Rat. Mit seiner Ankündigung schickte Draghi den Euro auf Talfahrt.
Draghi: Geldschwemme angekündigt, Euro stürzt ab

Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die EZB kommt dem Einsatz noch massiverer Geschütze gegen die drohende Deflation immer näher. EZB-Präsident Mario Draghi erklärte am Freitag auf einem Bankenkongress in Frankfurt, er werde die schwache Teuerung wenn nötig mit allen Mitteln anheizen, um die Konjunktur in der Euro-Zone zu beleben. „Wir werden das tun, was wir tun müssen, um die Inflation und die Inflationserwartungen so schnell wie möglich zu erhöhen, wie es unser Auftrag verlangt.“ Dafür sei die EZB unter seiner Führung bereit, bei Bedarf noch stärker an den Finanzmärkten zu intervenieren und über Wertpapierkäufe - auch den umstrittenen Kauf von Staatspapieren - mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen – „ohne unnötige Verzögerung“.

Die Inflation in der Euro-Zone liegt derzeit bei durchschnittlich 0,4 Prozent, die Zielmarke der EZB liegt bei knapp zwei Prozent. Der EZB-Rat entscheidet das nächste Mal Anfang Dezember über den geldpolitischen Kurs der Zentralbank. Viele Fachleute rechnen in diesem Jahr aber nicht mehr mit dem Einsatz weiterer Maßnahmen, weil zahlreiche der jüngsten EZB-Beschlüsse noch nicht vollständig umgesetzt sind. Dennoch halten sich die Spekulationen auf breit angelegte Staatsanleihenkäufe der EZB, die damit anderen Notenbanken nacheifern würde. Draghi selbst hatte zuletzt wiederholt diese Möglichkeit - im Fachjargon der Währungshüter Quantitative Easing (QE) genannt - angedeutet.

Mit seinen klaren Worten schickte Draghi den Euro am Devisenmarkt deshalb massiv auf Talfahrt. Der Wert der Gemeinschaftswährung fiel binnen weniger Minuten auf 1,2450 Dollar. Die EZB hat zuletzt mit dem massenhaften Aufkauf von Pfandbriefen und Kreditverbriefungen begonnen und pumpt in den nächsten zwei Jahren zudem viele Milliarden in das Finanzsystem. Sie will ihre Bilanz um rund eine Billion aufblähen. Um dies zu erreichen, könnten die Notenbanker demnächst auch Unternehmensanleihen und Staatsanleihen aufkaufen. Letzteres ist in Deutschland heftig umstritten, ebenso im EZB-Rat.

Draghi machte in seiner Rede eindeutig klar, dass er sich alle Optionen offen halten möchte: „Sollte sich unsere gegenwärtige Geldpolitik als nicht effektiv genug erweisen, um das zu erreichen, oder wenn die zusätzlichen Risiken für die Teuerung eintreten, würden wir den Druck erhöhen und die Kanäle, über die wir intervenieren, verbreitern.“ Dies könne durch eine entsprechende Veränderung des Umfangs, der Geschwindigkeit und der Zusammensetzung der Wertpapierkäufe geschehen", sagte der Italiener vor mehreren hundert Bankern in der Frankfurter Alten Oper.

Große Sorgen bereiten Draghi nach seinen eigenen Worten die Inflationserwartungen von Finanzmarktakteuren, Ökonomen und in der breiten Bevölkerung. Darin drückt sich das Vertrauen in die Fähigkeit der Notenbank aus, die Teuerung und damit den Wert der Währung stabil zu halten. Diese Inflationserwartungen, gemessen in Umfragen und Finanzmarktfutures, schwankten zuletzt sehr stark. „Auf kürzere Sicht sind diese Indikatoren auf Niveaus gefallen, die ich als außerordentlich niedrig bezeichnen würde“, sagte Draghi.

Klarer als zuletzt zeichnete Draghi zudem das Bild einer schwachen und fragilen Wirtschaft in den 18 Euro-Ländern. Jüngste Erhebungen - etwa die Umfragen bei Einkaufsmanagern - legten den Schluss nahe, dass in den kommenden Monaten nicht mit einer substanziellen Belebung der Wirtschaft zu rechnen sei. Die Euro-Zone steht nach Ansicht zahlreicher Ökonomen derzeit an der Schwelle einer gefährlichen Abwärtsspirale fallender Preise und nachlassender Investitionstätigkeit der Unternehmen. Wegen der Kreditklemme in vielen Krisenländern und der mauen Konjunktur selbst in den größten Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich, ist derzeit kaum Besserung in Sicht.



Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Politik
Politik Chinesische Spionage: Verfassungsschutz mahnt Unternehmen zu mehr Vorsicht
24.04.2024

Der Verfassungsschutz warnt vor Wirtschaftsspionage und Einflussnahme aus China. Vor allem für deutsche Unternehmen wäre eine naive...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...