Politik

Banken-Stresstest eine Farce: Ausnahme-Regelung für schwache Italiener

Der Banken-Stresstest der EZB entwickelt sich immer mehr zu einer Farce: Massiv gefährdete Banken wie die italienische Monte dei Paschi di Siena werden nicht nach ihrer wirklichen Lage bewertet, sondern nach ihrer Prognose - die naturgemäß stets rosig dargestellt werden kann.
10.02.2014 23:12
Lesezeit: 1 min

Für wackelnde Banken wie die italienische Monte dei Paschi di Siena (MPS) soll es beim anstehenden europaweiten Stresstest offenbar Ausnahmen geben. Banken, für die von der Europäischen Union gebilligte Sanierungspläne vorlägen, würden nicht anhand ihrer Bilanzen von 2013 geprüft, sagten Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums in Rom und der italienischen Notenbank der Nachrichtenagentur Reuters. Für sie seien die Messlatte vielmehr die Bilanz-Projektionen für die Jahre 2014 bis 2016, wie aus einer Handreichung der EU-Bankenaufsicht EBA von Ende Januar hervorgehe.

Damit wird der Stresstest zu einer reinen Alibi-Veranstaltung. Denn was in den Prognosen steht, ist der Bank weitgehend selbst überlassen. Sie kann aber vor allem später stets behaupten, dass außergewöhnliche Entwicklungen wie eine unerwartete Krise zu einer überraschenden Verschlechterung geführt hätten.

Der Italiener Mario Draghi hat natürlich gerade im Fall der MPS ein gesteigertes Interesse an guten Werten für die älteste Bank der Welt: Er war als Aufseher in Italien zuständig für die MPS, als diese wegen merkwürdiger Geschäfte den Grundstein für das aktuelle Fiasko gelegt hatte (mehr hier). Draghis Goldman-Kollege Mario Monti hatte die Bank wenig später mit Steuer-Mitteln gerettet (mehr zu diesen Goldman-Machenschaften - hier).

Nun redet man sich die Lage bei der EZB einfach schön.

"Es ist klar, dass es dabei auf die zu erwartende Lage der Bank ankommt, mit einem Ergebnis, das logischerweise besser ausfallen wird", sagte einer der Beamten. Die Bilanzdaten aus der Vergangenheit zu verwenden, wäre auch nicht sinnvoll für Banken wie Monte dei Paschi, da sich deren gesamte Struktur in den vom Stresstest erfassten drei Jahren umfassend ändern werde, argumentieren die italienischen Regulierer. Die mit 4,1 Milliarden Euro von der EU gestützte Monte de Paschi soll ihre Bilanzrisiken bis 2017 auf 81 Milliarden von 93 Milliarden Euro zurückfahren. Die Ausnahmeregelungen gälten aber für Banken in ganz Europa, hieß es in den Kreisen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) überprüft in den nächsten Monaten die Bilanzen von 128 Banken in 18 EU-Staaten. EZB und EBA zusammen unterziehen 124 Banken in der gesamten EU danach einem sogenannten Stresstest.

Dieser verdient den Namen nicht, wenn nun willkürliche Ausnahmen gemacht werden und die fundamentalsten Regeln von solider Bewertung mit Füssen getreten werden.

Die Camouflage zeigt: Die EZB ist keine unabhängige Zentralbank, sondern eine knallharte Lobby-Bank der Banken, die als kritischer Aufseher für die Banken schlicht ungeeignet ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...

DWN
Politik
Politik Bas überzeugt, Klingbeil verliert Ansehen: SPD-Parteitag bestimmt neues Führungsduo
27.06.2025

Auf dem SPD-Parteitag wurde nicht nur gewählt, sondern auch abgerechnet. Während Bärbel Bas glänzt, kämpft Lars Klingbeil mit einem...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Neobroker Trade Republic: Wie ein Berliner Fintech den Kapitalmarkt für alle geöffnet hat
27.06.2025

Büroräume in Berlin-Kreuzberg, drei Gründer mit einer Vision und eine App, die Europas Sparer an die Börse gebracht hat: Trade Republic...

DWN
Politik
Politik Bundestag stellt Weichen neu: Familiennachzug vorerst gestoppt
27.06.2025

Der Bundestag hat den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt – ein umstrittener Schritt in der deutschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Occidental Petroleum-Aktie: Warren Buffett setzt auf US-Ölgiganten – Risiko oder Chance?
27.06.2025

Warren Buffett stockt seine Beteiligung an der Occidental Petroleum-Aktie weiter auf – während grüne Fonds schließen. DWN zeigt, was...