Die anhaltende Rezession in vielen europäischen Ländern und das geringe weltweite Wirtschaftswachstum haben zu einer Veränderung der Wahrnehmung des Kapitalismus geführt. Vor allem in Spanien und Italien ist die Zustimmung zum freien Markt deutlich gesunken. In Deutschland allerdings sieht die Entwicklung etwas anders aus. Die Mehrheit der Deutschen denken, dass die meisten Menschen vom freien Markt profitieren, so eine Untersuchung von Pew Research. Noch 2007 zu Beginn der Finanzkrise sprachen sich nur 65 Prozent positiv für den freien Markt aus. 2013 sind es trotz anhaltender Krise aber bereits 73 Prozent.
Anders in Spanien und Italien: Hier sank zwischen 2007 und 2014 die Zustimmung um 22 und 16 Prozentpunkte, wie eine weitere Untersuchung von Pew Research zeigt. In den USA ist man hingegen gegenüber dem Kapitalismus skeptischer geworden als in Deutschland. Sprachen sich 2009 noch 76 Prozent der US-Bürger für den Kapitalismus aus, waren es 2010 nur noch 68 Prozent und 2012 67 Prozent.
Am größten ist der Glaube an den freien Markt derzeit jedoch in den Entwicklungsländern wie etwa Bangladesch (80%), Ghana (75%) und Kenia (74%). In allen der neun in der Studie berücksichtigten Entwicklungsländer glaubt die Bevölkerung, dass die meisten Menschen vom Kapitalismus profitieren würden. Bei den Schwellenländern sieht man den Kapitalismus bereits skeptischer. Während die Zustimmung in Vietnam bei 95 Prozent liegt und in China bei 76 Prozent, ist die Zustimmung in Ländern wie Kolumbien(49%), Argentinien (33%) und Ägypten deutlich geringer.
Die positive Einstellung gegenüber dem freien Markt zeigt sich in Deutschland auch an anderer Stelle. So sehen nur etwa 39 Prozent der deutschen Bevölkerung die Kluft zwischen arm und reich als eine sehr große Herausforderung an. Selbst in den USA sehen mehr Menschen die Gefahr einer auseinanderdriftenden Gesellschaft.
Wenn es jedoch darum geht, die wachsende Ungleichheit zu bekämpfen, so ist Deutschland das Land mit dem deutlichsten Ruf nach Steuererhöhungen. 61 Prozent sagen, dass dies ein probates Mittel zur Bekämpfung der Ungleichheit sei. Etwas mehr als die Hälfte der Spanier (54 %), Südkoreaner (53%), Briten und US-Bürger (50%) teilen diesen Ansatz zumindest. Insgesamt sind es jedoch nur 13 der 44 betrachteten Länder, in denen die Befragten auf höhere Steuern setzen würden. Italiener (68%), Franzosen (61%) und Griechen (50%) denken, niedrigere Steuern würden sich positiv auswirken.